In China bleibt die konjunkturelle Entwicklung weiterhin positiv. Von einer Abkühlung sind lediglich zyklische Branchen wie die Stahl- und Metallindustrie, Bau und Baumaterial sowie der Papiersektor betroffen. Das zeigt der jüngste Länderbericht des Kreditversicherers Atradius.
„Die lockere Kreditvergabe Ende 2008/09 hatte einen Investitionsboom im Infrastruktur- und Immobilienbereich ausgelöst. Hier zeichnet sich nun eine Trendwende ab. Diese könnte durchaus auch zu schärferen Korrekturen führen“, kommentiert Dr. Thomas Langen, Senior Regional Direktor Deutschland, Mittel- und Osteuropa die derzeitige Entwicklung im Reich der Mitte.
Massive Überkapazitäten beim Stahl
Umso härter treffen das Reich der Mitte die seit geraumer Zeit bestehenden massiven Überkapazitäten auf dem Weltmarkt. Zudem kämpft das Land nach Einschätzung der Atradius-Experten zum einen mit einer sich drastisch abkühlenden Baukonjunktur, zum anderen verderben hohe Lagerbestände die Preise und damit auch die Gewinnmargen.
Hoher Fremdkapitalanteil
Bedenklich sei zudem der hohe Fremdkapitalanteil in der chinesischen Wirtschaft: Die sogenannte TSF (Totale Kapitalaufnahme der Gesellschaft) stieg im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt von 127 Prozent im Jahre 2008 auf 207 Prozent zu Beginn dieses Jahres. Dieser Anstieg ist laut den Konjunkturexperten von Atradius auf eine unwirtschaftliche Ressourcennutzung zurückzuführen und könnte in Verbindung mit steigenden Kreditausfällen im Immobiliensektor auch zu Schwierigkeiten im Bankensektor führen.
Stabile Exporterwartungen
Positiver beurteilt der Atradius Länderbericht die Lage in der Elektronik- und Informations- und Kommunikationstechnik-Branche: Hier verzeichneten die chinesischen Anbieter nach wie vor stabile Umsatzzuwächse, die einerseits aus dem guten Exportgeschäft und zum anderen aus der günstigen Nachfragesituation auf dem Binnenmarkt resultierten. Dies gilt auch für die chinesische Textilindustrie.
Solide Haushalts- und Inflationslage
Chinas Haushaltsbilanz weist im laufenden Jahr ein Budgetdefizit in Höhe von drei Prozent aus, welches sich 2015 auf 2,9 Prozent verringern soll. „Mit einer Inflationsrate von nur noch 2,1 Prozent in diesem Jahr setzt China seinen Stabilisierungskurs im Hinblick auf die Preisentwicklung fort. Auch für 2015 rechnen wir mit einer Teuerung von lediglich 2,3 Prozent“, erklärt Langen.
Positive Gesamtentwicklung erwartet
Zwar zeigt der Länderbericht, dass die Entwicklung in einigen Branchen mit Vorsicht zu genießen ist und Zahlungsverzögerungen zunehmen werden, doch insgesamt schätzen die Atradius-Experten die wirtschaftliche Lage in China weiterhin positiv ein. Für das kommende Jahr erwarten sie ein Wirtschaftswachstum von ca. sieben Prozent bei fortgesetztem Exportwachstum.
Die chinesische Regierung sei zudem bemüht, konjunkturelle Risiken wie die Lage am Kreditmarkt zu neutralisieren und ein organisches Wachstum der Volkswirtschaft zu generieren.
Foto: Shutterstock