Das Jahr 2025 stellt die deutsche Wirtschaft vor immense Herausforderungen. Hohe Steuer-, Lohn- und Energiekosten dämpfen die Wettbewerbsfähigkeit, während neue US-Importzölle zusätzlich die Exporte gefährden. Zugleich steigen die Unternehmensinsolvenzen weiter an – besonders große Unternehmen geraten zunehmend in Schieflage.
„Deutschland hat nach wie vor eine starke Wirtschaftskraft. Allerdings sehen sich Unternehmen zunehmend staatlichen Regulierungen, fehlender Digitalisierung, Fachkräftemangel sowie internationalen Krisen ausgesetzt“, erklärt Dietmar Gerke, Senior Manager Special Risk Management (SRM) beim internationalen Kreditversicherer Atradius.
Kostenbelastung auf Rekordniveau
In zentralen wirtschaftlichen Parametern gehört Deutschland mittlerweile zu den Spitzenreitern – jedoch nicht im positiven Sinne. Die Körperschaftssteuer liegt rund 40 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Auch bei den Arbeitskosten zahlt die Industrie kräftig drauf: Mit durchschnittlich 41,3 Euro pro Stunde liegt Deutschland etwa ein Drittel über dem EU-Mittel. Bei den Energiekosten liegt nur Italien noch vor der Bundesrepublik – der Abstand zu den USA ist mit doppelt so hohen Kosten besonders gravierend.
„Die strukturellen Probleme belasten die deutsche Wirtschaft massiv und haben zur Folge, dass das Risiko unerwarteter Zahlungsausfälle zunimmt“, sagt Gerke. Das für 2025 prognostizierte Wirtschaftswachstum von lediglich 0,4 Prozent illustriert die angespannte Lage – mögliche Auswirkungen der neuen US-Zölle sind darin noch nicht berücksichtigt.
Mehr Insolvenzen – besonders bei Großunternehmen
Schon 2024 wurde mit rund 22.000 Unternehmenspleiten das Vor-Corona-Niveau klar überschritten. Besonders auffällig: Immer häufiger sind Firmen mit Umsätzen über 20 Millionen Euro betroffen. Die Tendenz ist weiter steigend. „Alarmierend ist auch der Anstieg der Forderungsausfälle. Summierten sich diese 2022 noch auf etwa 15 Milliarden Euro, so lagen sie 2024 bereits bei mehr als 50 Milliarden Euro“, so Gerke. Zudem geht der Anteil an Eigenverwaltungen spürbar zurück – ein Indikator für zunehmende wirtschaftliche Not.
Drei Schlüsselbranchen unter Druck
Besonders betroffen sind Maschinen- und Anlagenbau, Bauwirtschaft sowie die Automobilindustrie. Zwei Drittel der Maschinenbauer erwarten angesichts sinkender Umsätze eine weitere Eintrübung ihrer Geschäftslage. „Der hohe Wettbewerbsdruck aus dem Ausland und die Zurückhaltung von Investitionen wirken sich belastend auf diesen Sektor aus“, erläutert Gerke.
Auch die Bauindustrie verzeichnete 2024 einen Rückgang der Investitionen um 3,3 Prozent, begleitet von einem Umsatzminus von 1,5 Prozent. Für 2025 rechnen Experten mit weiteren Einbußen. Die Automobilbranche leidet unter einem deutlichen Produktionsrückgang – wurden 2011 noch 5,9 Millionen Fahrzeuge in Deutschland gebaut, waren es 2024 nur noch etwa 4,1 Millionen. Viele Werke arbeiten deutlich unter ihrer Kapazitätsgrenze.
Importzölle der USA verschärfen die Lage
Zusätzlich belastet ein verschärfter Handelskonflikt mit den USA die Konjunktur. Die US-Regierung hat die Zölle auf EU-Importe auf 20 Prozent angehoben. Besonders exportorientierte Branchen wie der Maschinenbau, die Automobilindustrie und die Elektronikproduktion geraten dadurch unter Druck. „Der verschärfte Handelskonflikt mit den USA führt zu erheblichen wirtschaftlichen Unsicherheiten und könnte den Rückgang der deutschen Exporte beschleunigen“, warnt Gerke. Die Folge: Weitere Insolvenzen könnten bevorstehen.
Politische Reformen als Hoffnungsschimmer
Einen Lichtblick bieten wirtschaftspolitische Reformen und staatliche Investitionsprogramme. Durch eine parteiübergreifend im Bundestag beschlossene Lockerung der Schuldenbremse sollen bis 2027 etwa 1,5 Billionen Euro als Wachstumstreiber mobilisiert werden. Ein schneller Mittelabfluss könnte das Bruttoinlandsprodukt bereits 2025 um 0,6 Prozent anheben, in den Folgejahren um bis zu 1,0 Prozent.
Zudem sollen die Mittelschicht entlastet, das Steuerrecht modernisiert und planbare Energiekosten garantiert werden. „Diese Maßnahmen könnten die Konjunktur ab 2026 potenziell stabilisieren. Allerdings fehlen bei einigen Maßnahmen noch die konkreten Vorschläge seitens der Politik“, gibt Gerke zu bedenken. Kurzfristig bleiben die Unsicherheiten daher bestehen.
Atradius rät zu proaktivem Risikomanagement
Zur Bewältigung der Herausforderungen empfiehlt Atradius Unternehmen ein engmaschiges Risiko-Monitoring, insbesondere in hochriskanten Branchen. Dazu gehören kontinuierliche Bonitätsprüfungen, Frühwarnsysteme sowie flexible Deckungs- und Factoring-Konzepte. „Durch staatliche Investitionen und Reformen können sich für Unternehmen aber mittelfristig Chancen ergeben“, betont Gerke. „Unternehmen, die proaktiv handeln, ihre Risiken managen und sich strategisch aufstellen, können daher gestärkt aus der Krise hervorgehen.“