Erwerbsunfähigkeitsversicherungen: Zu Unrecht auf dem Abstellgleis

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Pascal Schiffels, Geschäftsführer von Morgen & Morgen

Warum kommt die Erwerbungsunfähigkeitsversicherung in der Beratung kaum vor? Ein Kommentar von Morgen & Morgen-Geschäftsführer Pascal Schiffels.

„Kommt eine Kundin zum Vermittler und schließt eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung ab“.
Was wie ein schlechter Witz klingt, kommt leider in der Vermittlung von Tarifen zur Arbeitskraftabsicherung viel zu selten vor. Schade eigentlich, denn die Erwerbsunfähigkeit ist die einzige echte alternative Arbeitskraftabsicherung zur Berufsunfähigkeit, die in Kombination mit der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente eine bedarfsgerechte Rente zu günstigeren Beiträgen ergibt.

Sie trifft oft genau dann den Bedarf, wenn eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu teuer ist und die Absicherung des Erwerbseinkommens das Ziel ist. Wer hier gleich die aktuell beliebte Grundfähigkeit zückt, ist sich meist nicht bewusst, dass er damit nicht die beste Alternative für seine Kunden wählt.

Boomt ohne guten Grund

Auch wenn sich der Markt der Grundfähigkeitsversicherung als preiswertere Alternative zur BU aktuell enorm entwickelt, hat sie eine große Schwäche: Sie sichert nicht die Arbeitskraft ab, sondern Fähigkeiten. Nur im „Idealfall“ leistet sie genau dann, wenn der Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann. Nämlich, wenn die Berufsunfähigkeit durch den Verlust einer versicherten Fähigkeit verursacht wird. Dass man damit seinem Kunden keinen Gefallen tut, wenn er seine Arbeitskraft absichern möchte, liegt auf der Hand.

Ich möchte nicht verschweigen, dass es tatsächlich vereinzelte Szenarien gibt, bei denen eine GF eine echte Arbeitskraftabsicherung bieten kann. Zum einen in Form einer temporären Leistung, wenn eine Arbeitsunfähigkeitsklausel mitversichert ist. Zum anderen können bestimmte Berufsbilder als Fähigkeit versichert werden. Beispielsweise das Fahren von LKWs oder Bussen, dann darf aber kein Berufswechsel stattfinden, sonst bleiben auch hier nur die versicherten Fähigkeiten.

Zu Unrecht auf dem Abstellgleis

Warum nun die Erwerbsunfähigkeit als einzige umfassende Alternative zur Arbeitskraftabsicherung neben der BU aufs Abstellgleis geraten ist, erschließt sich mir nicht. Schließlich sichert sie tatsächlich die Möglichkeit ab, ein Erwerbseinkommen zu erzielen, auch wenn im Vergleich zur BU auf den gesamten Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, selbst wenn ein anderer Beruf noch gar nicht ausgeübt wird. Gegenüber einer nicht bedarfsgerecht gewählten BU-Rentenhöhe, um den Beitrag gering zu halten, stellt die Verweisung in der EU den Versicherten auch nicht schlechter.

Denn im Falle einer zu geringen BU-Rente wird der Versicherte indirekt gezwungen, einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Bei der EU ist eine Umschulung verpflichtend, damit die Erwerbsfähigkeit so lange wie möglich aufrechterhalten bleibt. Und das muss nichts Schlechtes sein, denn dafür fällt der Beitrag, den man zahlt, auch geringer aus. Ist eine Umschulung letztendlich nicht mehr möglich, wird die EU-Rente auch geleistet.

Nicht nur, dass eine EU für körperlich tätige Berufe dabei deutlich günstiger ist, zudem muss in der Regel gar nicht die gleiche Rente wie in der BU versichert werden. Was oft vergessen wird, wenn es um die Berechnung der Rentenhöhe geht, ist die Erwerbsminderungsrente, auf die ein Großteil der Abzusichernden aus der gesetzlichen Rentenversicherung einen Anspruch hat. Da es sich um den gleichen Leistungsauslöser handelt, nämlich die Erwerbsunfähigkeit, können beide Rentenansprüche zusammen betrachtet werden. Die EU kann damit eine echte und bedarfsgerechte Arbeitskraftabsicherung bieten.

Schließen möchte ich mit einer Frage in der Hoffnung, damit nochmals eine notwendige Diskussion anregen zu können: Warum steht die EU in der Beratung meist auf dem Abstellgleis?

Autor Pascal Schiffels ist Geschäftsführer von Morgen und Morgen.

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