Der Kunde erwartet im Regelfall eine Abgrenzung oder Gegenüberstellung der vorgeschlagenen erlaubnisfreien Anlageprodukte mit anderen, aber erlaubnispflichtigen Anlageprodukten, wie zum Beispiel Aktien oder Anleihen. Gegebenenfalls kann sich bei der Beratung auch die Empfehlung ergeben, derartige beim Kunden vorhandene Produkte ganz oder teilweise abzubauen und stattdessen in andere Produkte zu investieren. Dabei ist grundsätzlich auch eine negative beziehungsweise abgrenzende Empfehlung, wenn sie sich auf bestimmte Finanzinstrumente bezieht, erlaubnispflichtig.
Wenn der Kunde einen Rat dazu erbittet, welche konkreten Aktien er denn am besten veräußern solle, muss der Anlageberater ohne KWG-Erlaubnis von Rechts wegen eigentlich die Antwort verweigern. Dies ist oft unrealistisch. Ein Grund, warum die unter einem Haftungsdach gebundenen Vermittler in letzter Zeit wieder stark zugenommen haben. Es ist für alle Beteiligten ohne eigene KWG-Erlaubnis der sicherere Weg, die Sonderregelungen für gebundene Vermittler in Anspruch zu nehmen.
Neben der Anlageberatung, Anlage- und Abschlussvermittlung sowie dem Platzierungsgeschäft dürfen allerdings keine Bankgeschäfte durchgeführt werden. Auch die erlaubten Tätigkeiten müssen inzwischen ausschließlich für Rechnung und unter Haftung eines einzigen Einlagenkreditinstitutes oder Wertpapierhandelsunternehmens stattfinden. Die besondere Versicherungspflicht für die gebundenen Vermittler bei derartigen Instituten ist wieder weggefallen. Da sich die Aufsicht der BaFin über die Haftungsdächer selbst auch auf die für sie tätigen gebundenen Vermittler bezieht, berücksichtigt die BaFin die mit gebundenen Vermittlern verbundenen zusätzlichen Haftungsrisiken bei den Eigenkapitalanforderungen.
Im Übrigen müssen die Institute die unter ihr Haftungsdach genommenen gebundenen Vermittler sorgfältig auswählen und laufend überwachen, was der BaFin im Falle einer Überprüfung gegebenenfalls nachzuweisen ist. Schließlich ist eine förmliche Anzeige des Haftungsdaches über die von ihm gebundenen Vermittler erforderlich. Hierbei führt die BaFin über die ihr angezeigten vertraglich gebundenen Vermittler ein öffentliches Register im Internet. Die haftenden Unternehmen können inzwischen selbst im sogenannten „schreibenden Zugriff“ ihre Angaben in das internetgebundene Register einstellen.
Praktische Umsetzung erleichtert
Dies ist durchaus eine spürbare Vereinfachung in der praktischen Umsetzung. Die vom KWG nicht unmittelbar geregelten zivilrechtlichen Haftungsfragen können im Einzelfall jedoch weiterhin schwierig bleiben.
Zwar wird aufsichtsrechtlich grundsätzlich eine umfassende Haftung für den gebundenen Vermittler gefordert; zugleich ist aber im KWG eindeutig geregelt, dass auch ein Haftungsdach nur die gesetzlich eng definierten Ausnahmefälle abdecken kann. Setzt sich der gebundene Vermittler über diese Grenzen hinweg, handelt er rechtswidrig. Hier liegt nun die Argumentation der Haftungsdächer nahe, dass ein derartiges Handeln außerhalb der Befugnisse auch von der zivilrechtlichen Haftung nicht mehr gedeckt sein kann.
Dennoch kann dies eigentlich kaum dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung entsprechen, die gerade eine möglichst umfängliche Einstandspflicht des haftenden Institutes statuieren soll. Wenn dieses für den gebundenen Vermittler „wie für eigenes Verschulden“ haften soll, müssen auch solches Verhalten „out of area“ mit umfasst sein. Im Außenverhältnis ist daher von einer entsprechenden Haftung auszugehen.
Die Bedeutung der Haftungsdächer ist damit wieder gewachsen – die Sensibilität im Umgang mit ihnen bei allen Beteiligten sollte dem folgen.
Professor Dr. jur. Thomas Zacher ist Partner in der Kanzlei Zacher & Partner Rechtsanwälte, Professor an der FHDW Bergisch Gladbach und Vorstandsmitglied im Rechtsforum Finanzdienstleistung e.V.