BaFin: „Auf längerfristig höhere Inflationsraten einstellen“

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Frank Grund, Exekutivdirektor der Versicherungsaufsicht

Die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und die pandemiebedingt immer noch gestörten Lieferketten haben entscheidend dazu beigetragen, dass die Inflation in den vergangenen Monaten lange ungekannte Höhen erreicht hat. Versicherer spüren den Kostendruck, das zeigt der Blick auf unterschiedliche Versicherungszweige sehr deutlich. Aus Aufsichtsperspektive kommt es jetzt darauf an, dass sie daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Ein Kommentar von Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, BaFin.

„In der Schaden- und Unfallversicherung werden wir bereits in den Jahresabschlüssen der Versicherer für 2022 deutliche Auswirkungen der gestiegenen Teuerungsrate sehen. Durch die höhere Inflation steigen die Schadenaufwendungen signifikant, insbesondere dort, wo Reparaturleistungen anfallen oder Neuwertersatz vereinbart ist. Das führt zu höheren versicherungstechnischen Rückstellungen in den betroffenen Zweigen. Bei der Reservierung der Schäden nach den Vorgaben des Handelsgesetzbuchs gilt ein klarer Grundsatz: Die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen ist sicherzustellen. Wegen der hohen Teuerung müssen Unternehmen gegebenenfalls bestehende Rückstellungen bereits in diesem Jahr erhöhen. Aus Sicht der Aufsicht wäre es nicht akzeptabel, darauf zu wetten, dass sich die hohen Inflationsraten normalisieren, und in der Zwischenzeit bestehende Puffer in den Reserven restlos aufzubrauchen. Auch die Schadenrückstellungen nach Solvency II müssen Versicherer anpassen, wenn sie die Inflationserwartungen zu niedrig geschätzt haben. In der Regel wird das der Fall sein.

Natürlich müssen die Versicherer die Schadenentwicklung auch im Hinblick auf künftige Schadenerwartungen bei ihrer Tarifierung berücksichtigen. Es ist daher im Grunde unvermeidlich, dass die gestiegene Inflation im Jahr 2023 höhere Beiträge in der Schaden- und Unfallversicherung nach sich zieht. Und zwar sowohl im Neugeschäft als auch im Bestand. Aus Aufsichtsperspektive ist klar: Angesichts der hohen Inflation sollten Versicherer bei der Prämienqualität keine Abstriche machen.

Bei den Krankenversicherern sieht die Lage etwas anders aus. Hier sehen wir zurzeit noch keine besondere medizinische Inflation. Das kann sich aber schnell ändern, nämlich dann, wenn die steigenden Kosten der Leistungserbringer und die höheren Produktionskosten für Sachmittel, Medikamente etc. zu höheren Aufwendungen führen. Die Branche wird dies sicherlich durch Beitragsanpassungen an ihre Kunden weitergeben können beziehungsweise müssen, aber erst mit der üblichen Zeitverzögerung.

Wie geht es mit der Inflation weiter? Kurz bis mittelfristig dürfte sich wenig ändern. Die Bundesbank erwartet auch im kommenden Jahr eher eine Sieben vorm Komma als eine Sechs. Und das heißt ganz klar: Versicherer müssen sich auf längerfristig höhere Inflationsraten einstellen. Daran führt kein Weg vorbei.“

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