Das Landgericht Ravensburg hat entschieden, dass ein Darlehensvertrag aufgrund einer unwirksamen Aufrechnungsklausel widerrufen werden darf. Nach Einschätzung der Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner könnte dieses Urteil Widerrufsmöglichkeiten für tausende Verträge eröffnen.
Das Landgericht Ravensburg bestätigte in einer noch weithin unbekannten Entscheidung vom 21. September 2018 die Wirksamkeit des Widerrufs eines Immobilienkredits, weil die finanzierende Bank eine unwirksame Aufrechnungsklausel im Vertrag verwandt hatte (Az. 2 O 21/18). Dieses Urteil könnte nach Ansicht der Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte aus Nürnberg bahnbrechend sein.
Urteil fußt auf BGH-Entscheidung
„Unsere Kanzlei hatte schon im April 2018 nach dem Urteil des BGH (Az. XI ZR 309/16) diese Rechtsansicht als Konsequenz der BGH-Entscheidung vertreten. Das LG Ravensburg sieht dies nun genauso und eröffnet damit weitere Widerrufsmöglichkeiten für tausende Verträge“, so Dr. Marcus Hoffmann und Mirko Göpfert, Partner der im Bank- und Verbraucherschutzrecht tätigen Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte.
Der Bundesgerichtshof hatte mit seinem Urteil vom 20 März 2018 festgestellt, dass eine Klausel in den AGB-Banken, welche die gesetzlichen Aufrechnungsmöglichkeiten zu Lasten von Bankkunden einschränkt, unwirksam ist (Az. XI ZR 309/16).
„Der BGH stellte dabei ausdrücklich klar, dass eine solche Beschränkung den Verbraucher unangemessen benachteiligt und insbesondere die Ausübung des Widerrufsrechts unzulässig erschwert“, erklärt Hoffmann.
Klausel ist weit verbreitet
In nahezu allen Allgemeinen Geschäftsbedingungen deutscher Banken und Sparkassen finde sich regelmäßig folgende oder eine sinngemäße Bestimmung: „Der Kunde kann gegen Forderungen der Bank nur aufrechnen, wenn seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.“ Durch diese Regelung werde die Aufrechnungsbefugnis eines Kunden stark eingeschränkt.
Gerade dann, wenn – wie sehr häufig – zwischen Bank und Kunde die Wirksamkeit eines Widerrufs in Streit stehe, werde hierdurch auch die Ausübung des Widerrufs erschwert, da der Kunde faktisch eine weitere Finanzierung des vollen Darlehensbetrages zuzüglich aller bisher angefallenen Zinsen benötige, um seine Verpflichtungen nach einem Widerruf zu erfüllen.
Das Landgericht Ravensburg habe diesen Gedanken aufgegriffen und festgestellt, dass eine solch unzulässige Aufrechnungsklausel geeignet ist, den Darlehensnehmer vom Widerruf abzuhalten. „Wegen des von den Banken zu beachtenden Deutlichkeitsgebots bei der Belehrung über das Widerrufsrecht und dem gesetzlichen Verbot, zum Nachteil des Verbrauchers von den gesetzlichen Vorgaben zum Widerrufsrecht abzuweichen, ist im Ergebnis die Widerrufsinformation insgesamt nicht ordnungsgemäß“, erklärt Göpfert.
Das Urteil des Landgerichts Ravenburg bezieht sich auf einen Verbraucherkredit. Experten gehen jedoch davon aus, dass sich die Entscheidung auch auf Immobiliendarlehen anwenden lässt.