Ausblick 2020: Aktien, Anleihen, Immobilien – Was Anleger wissen sollten

Auch 2020 dürften Aktienanleger wieder Grund zur Freude haben: Da die Zinsen sehr niedrig bleiben sollten, strömt wohl weiterhin viel Geld an die weltweiten Börsen. Ein weiteres Bullenjahr wie 2019 aber erscheint unwahrscheinlich. Ein Überblick über die verschiedenen Anlageklassen.

Ein weiteres Bullenjahr wie 2019 erscheint unwahrscheinlich – schließlich sind die internationalen Handelskonflikte noch nicht gelöst, zudem droht weiteres politisches Hickhack, wenn nun das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien in aller Schnelle verhandelt werden muss. Angesichts der damit zu erwartenden Kursturbulenzen lohnt sich also auch ein Blick auf den Anleihen- oder Immobilienmarkt.

Aktien: Nach dem starken Lauf an Europas Aktienmärkten im Jahr 2019 ist die Luft an den Börsen diesseits des Atlantik dünner geworden. Aber im Zweifelsfall dürften die Notenbanken mit Billiggeld parat stehen, um der Wirtschaft zu helfen. Im Jahresverlauf könnten gleichwohl Wolken über den Börsen auftauchen. Ein großer Unsicherheitsfaktor ist etwa die US-Präsidentschaftswahl. Dennoch stehen an der Wall Street die Chancen für eine Fortsetzung des fast elf Jahre alten Aufschwungs nicht schlecht. „Ein Aufwärtszyklus stirbt nicht, nur weil er alt ist“, sagt Stratege Mislav Matejka von der Bank JP Morgan mit Blick auf die US-Konjunktur, die dem Aktienmarkt seit Jahren Rückenwind verleiht. Asiens Börsen dürften insbesondere das hohe Wirtschaftswachstum vieler Länder und die Geldflut der Zentralbanken Kursgewinne bescheren. Doch so riesig der Kontinent ist, so unterschiedlich sind regional die Chancen und Risiken. Dabei ist die große Unbekannte im Hintergrund die Handelspolitik des US-Präsidenten.

Staatsanleihen: In einem Umfeld steigender Aktienkurse tun sich als sicher geltende Staatsanleihen oft schwer. Die niedrigen Renditen machten diese Papiere als „Portfolioballast“ weniger interessant, kommentieren die Anlageexperten des Vermögensverwalters Blackrock. Gleichwohl bevorzugen die Experten die noch relativ renditestarken US-Staatsanleihen gegenüber den Papieren anderer Staaten. Zur Absicherung des Portfolios sind den Fachleuten zufolge auch spezielle Anleihen mit Inflationsschutz oder solche mit kurzen Laufzeiten einen Blick wert – für den Fall, dass sich die Vorzeichen an den Märkten ändern.

Unternehmensanleihen: Auch die Experten der Privatbank Berenberg raten zu eher kurzfristigen Engagements am Anleihenmarkt. „Wer mit Anleihen positive Erträge erwirtschaften will, sollte sich im Jahr 2020 an Risikoaufschlägen orientieren, anstatt auf lange Laufzeiten zu setzen.“ Zumindest zu Beginn des Jahres böten sich daher Beimischungen in nachrangigen und hochverzinslichen Unternehmensanleihen an. Darüber hinaus blieben Schwellenländer ein attraktives Segment, wobei es wichtiger als zuletzt sein werde, genau hinzusehen und strikt zwischen vertretbaren und zu meidenden Risiken zu differenzieren.

Immobilien: Für Analyst Sebastian Schnejdar von der Landesbank BayernLB überwiegt insgesamt der positive Effekt des lange anhaltenden Niedrigzinsniveaus die negativen Auswirkungen der sich eintrübenden Konjunktur auf den deutschen Wohn- und Gewerbeimmobilienmarkt: „Die Preis-Rally am Immobilienmarkt ist noch nicht vorbei und wird auch im Jahr 2020 weitergehen.“ Besonders die Nachfrage nach Wohnimmobilien in den deutschen Metropolen bleibe unverändert hoch. Risiken bestünden überwiegend bei Bauträgern und Projektentwicklern wegen stark gestiegener Bauland- und Baupreise sowie einer zunehmenden und kaum abschätzbaren Regulierung von Wohnunternehmen, wie der Mietendeckel und die Enteignungsdebatte in Berlin und anderen Metropolregionen zeigen.

Immobilienfonds: Die Wertentwicklung offener Immobilienfonds in Deutschland werde zwar durch die weitere Aufwertung von Immobilienobjekten getragen, urteilt Analyst Stefan Mitropoulos von der Landesbank Helaba. Diese könnten allerdings 2020 wegen der erreichten Preisniveaus und der jüngsten konjunkturellen Schwäche etwas niedriger ausfallen. Die Nichtverzinsung liquider Mittel werde wohl wie im Vorjahr die Renditen drücken.

Devisen: Mit dem klaren Sieg von Boris Johnson bei den britischen Parlamentswahlen scheint der Gordische Knoten beim Brexit erst einmal durchschlagen zu sein, und in Europa läuft der Konjunkturmotor insgesamt recht rund. Nach Meinung von Experten könnte der Euro damit 2020 gegenüber dem US-Dollar etwas Boden gutmachen. „Das Wachstumsgefälle zugunsten der USA wird zwar weiter bestehen bleiben, dürfte aber mit Blick nach vorne eher kleiner werden“, sagt der Chef-Anlagestratege der Commerzbank, Chris-Oliver Schickentanz. Denn Europa scheine das Tal der Tränen durchschritten zu haben und dürfte 2020 wieder stärker wachsen, während die US-Wirtschaft – von deutlich höherer Basis – etwas an Fahrt einbüße. Ähnliches gelte für den Zinsvorteil, der durch die drei Zinssenkungen der US-Notenbank deutlich geschrumpft sei.

Rohstoffe: Vor allem wegen der extrem niedrigen Zinsen hat Gold nach Meinung von Experten das Potenzial für weitere Wertsteigerungen 2020. „Die anhaltende Niedrigzinswelt bleibt ein guter Nährboden für anhaltend hohe Goldpreise“, versichert Dora Borbely, Rohstoffanalystin der Dekabank. Edelmetallhändler Alexander Zumpfe vom Hanauer Handelshaus Heraeus verweist darüber hinaus auf die Unsicherheit wegen der weiteren konjunkturellen Entwicklung, die Sorge über die Folgen des Brexit und die Angst vor Handelskonflikten. „Das Umfeld für Gold bleibt positiv.“ Jens Ehrhardt, Chef des Vermögensverwalters DJE Kapital AG, ist allerdings etwas vorsichtiger: Die Aussichten für Edelmetalle, insbesondere Gold und Palladium, erschienen zwar längerfristig weiter positiv, auch wenn zuletzt eine überkaufte Situation mit zu viel Optimismus herrschte. Bedingt durch die stark gesunkenen Goldkäufe in China und dem Haupt-Goldkäufer Indien könnte sich die Goldpreiserholung aber hinziehen. (dpa-AFX)

Foto: Shutterstock

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