Ausblick 2024: Moderat positives Jahr mit einigen Fragezeichen

Marko Behring, Fürst Fugger Privatbank
Foto: Fürst Fugger Privatbank
Marko Behring, Fürst Fugger Privatbank: "Wir sehen eine gestiegene Wahrscheinlichkeit einer zweiten Inflationswelle."

Nach einem Jahresendspurt bei Aktien und Anleihen stellen sich viele Anleger die Frage nach den Aussichten für 2024. Laufen die Aktienmärkte weiter? Werden die Zinsen gesenkt? Wie geht es weiter im Kampf gegen die Inflation? Ausblick von Marko Behring, Leiter Asset Management der Fürst Fugger Privatbank.

Erster Punkt: die Konjunktur

Auf beiden Seiten des Atlantiks sehen wir nach wie vor einen recht starken Dienstleistungssektor und einen schwächelnden Industriesektor. Eine zentrale Frage für 2024 wird daher sein, ob der Dienstleistungssektor so stark bleibt. Verschlechtert sich etwa das Konsumklima, könnte dies zu einer Abschwächung im Dienstleistungssegment führen. Es lohnt sich also ein Blick auf die Entwicklung der US-Arbeitslosenrate: da sahen die Daten im Dezember gar nicht schlecht aus.

Aktuell sehen wir jedoch Druck auf dem US-Arbeitsmarkt, der sich im ersten Quartal weiter negativ auswirken könnte. In letzter Konsequenz könnte dies zu einem Rückgang des wichtigen ISM Service Einkaufsmanagerindex führen. Und das wiederum wäre für uns ein deutliches Anzeichen, dass sich 2024 die Konjunktur eintrüben könnte. Ein Hard Landing dürfte es zunächst dennoch nicht geben, denn aktuell hält sich der Dienstleistungssektor stabil. 

Politik der Zentralbanken 

Die Rede des US-Zentralbankchefs Jerome Powell Mitte Dezember hatte einiges zu bieten: Statt der erwarteten klaren Positionierung im Kampf gegen die Inflation gab er zu verstehen, dass angesichts der mittlerweile niedrigen Kerninflation der Kampf gegen die Inflation fast gewonnen sei und ab 2024 erste Zinssenkungen erlaube.

Die Rentenmärkte reagierten sofort und nahmen mit steigenden Kursen die bevorstehenden Zinssenkungen vorweg. Zunächst eine folgerichtige Reaktion, da sinkende Zinsen steigende Kurse bei Anleihen bedeuten. Mittlerweile preist der Zinsmarkt gar sechs Zinssenkungen der Fed für 2024 ein.

Grund zur Freude also? Jein. Durch die Kursentwicklung der letzten Wochen wurde auch etwas Fallhöhe aufgebaut. Zwar dürfte die Aussicht auf sinkende Zinsen nochmals kurzfristig Auftrieb geben, aber erste Zinssenkungen in den USA erwarten wir erst im März. Sollte bis dahin ein schwächelnder Arbeitsmarkt auf das Konsumklima drücken, könnte das für zwischenzeitliche Rücksetzer sorgen. Eine harte Landung dürfte es auch unter Zinsentwicklungsaspekten trotzdem nicht werden. Dafür war Powells Positionierung Mitte Dezember zu eindeutig. Das wiederum stimmt uns moderat optimistisch für die Aktienmarktentwicklung im Jahr 2024. Allerdings nur moderat! 

Dritter Punkt: die Inflationserwartung

Hier sehen wir eine gestiegene Wahrscheinlichkeit einer zweiten Inflationswelle. Mit Blick auf die Vermeidung eines Hard Landings war die Positionierung der Fed im Dezember klar und hilfreich. Angesichts dieses Schwenks der US-Zentralbank sind jedoch die Chancen für eine zweite Inflationswelle gestiegen.

Die rückläufigen Zinsen bei den US-Staatsanleihen wirken sich direkt auf die Hypothekenzinsen in den USA aus. Diese vom Markt vorweggenommene Entspannung könnte die Konjunktur wieder in Richtung einer zweiten Inflationswelle drücken. Die Konsequenz wäre, dass die US-Zentralbank irgendwann ihre Haltung korrigieren und die Zinspolitik wieder straffer gestalten müsste.

Bezieht man dies in die Betrachtung ein, dann wirkte Powells Pressekonferenz wie ein Stolperer auf der Zielgeraden und der Schwenk der Fed kam vielleicht einen Tick zu früh. Durch die Positionierung der US-Zentralbank für Zinssenkungen hat sich jedenfalls die Wahrscheinlichkeit für eine zweite Inflationswelle unserer Ansicht nach erhöht.

Quintessenz 

Als Aktienmarktanleger kann man durchaus gedämpft optimistisch in das neue Jahr blicken. Der Schwenk der US-Zentralbank Richtung Zinssenkungen dürfte sich moderat positiv auf die Aktienmärkte auswirken. Dabei ist jedoch nicht zu vergessen, dass die Zinsen ja immer noch hoch sind und die ersten Zinssenkungen vermutlich erst im März kommen werden. In dieser Zeit kann sich die Konjunktur etwas abkühlen und es müssen zwischenzeitliche Irritationen an den Kapitalmärkten eingeplant werden.

Für Anleger bedeutet dies, Durchhaltevermögen zu zeigen und investiert zu bleiben – auch im Falle von sinkenden Kursen. Denn: Der Schwenk der US-Zentralbank könnte das Thema Inflation wieder anheizen. Für diesen Fall ist man am besten aufgestellt, wenn man in Sachwerte investiert ist. Das gilt im Wesentlichen auch für Europa. Auch wenn sich EZB-Chefin Christine Lagarde zu Zinssenkungen noch bewusst bedeckt hält, dürfen wir davon ausgehen, dass sich die EZB nicht wesentlich und nachhaltig von der Zentralbankpolitik ihrer US-Kollegen abkoppeln wird.

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