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Automatisierung im Vertrieb: So stärken Makler die Kundenbindung

Geschäftsmann arbeitet an Laptop, Geschäftskonzept
Foto: PantherMedia / RA2Studio
Makler-Kunden-Bindung: Die Digitalisierung bietet nun die Möglichkeit, die Effizienz deutlich zu steigern.

Immer weniger Makler betreuen immer mehr Kunden – das führt zu weniger Kontakten und verpassten Geschäftschancen. Mit dem richtigen System können Makler ihre Kunden aktiv und personalisiert ansprechen und gleichzeitig ihre Effizienz steigern. Wie das geschickte Zusammenspiel von digitaler und persönlicher Betreuung für langfristige Kundenbindungen sorgt. Von Arne Lothar Iwers

Klassische Versicherungsmakler stehen heute vor mehreren Herausforderungen: Zum einen locken Wettbewerber weniger intensiv betreute Kunden mit digitalen Angeboten, einem niedrigschwelligen Einstieg und einfach zu bedienendem Selfservice. Zum anderen nimmt die Zahl der Vertriebsmitarbeitenden aufgrund des demografischen Wandels ab. Immer weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen deshalb immer mehr Kunden betreuen. Das hat zu einer abnehmenden Betreuungsintensität geführt, bei der nicht mehr alle Kunden systematisch und proaktiv mit individuellen Hinweisen angesprochen werden.

Studien zeigen, dass Makler bereits heute das Cross- und Upselling-Potenzial in ihren Portfolios nicht voll ausschöpfen. Will die Branche die Herausforderungen meistern, müssen Makler eine Balance zwischen traditioneller und digitaler Ansprache finden. Technische Lösungen zur Sales Automation spielen dabei eine zentrale Rolle, denn sie helfen dabei, eine effiziente Betreuung sicherzustellen. Durch Automatisierung anhand vordefinierter Customer Journeys kann eine individuelle Reihe von Interaktionen ausgelöst werden. Niedrigschwellig per Klick durch Mitarbeitende bedienbar und mit der Möglichkeit, jederzeit in den persönlichen Kontakt zu wechseln.

Geringere Vertriebskapazitäten zwingen Makler zur Priorisierung

An Kontaktmöglichkeiten mangelt es im Kundenzyklus nicht. Die Bandbreite reicht von dem Adress- oder Berufswechsel, der Geburt eines Kindes, dem Erwerb einer Immobilie über Hinweise auf Nachversicherungsgarantien, Zuzahlungsoptionen und gesetzliche Änderungen bis hin zur Sensibilisierung für Versorgungslücken und mögliche Anbieter- und Tarifwechsel, um nur einige Beispiele zu nennen.


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Die knappen Vertriebskapazitäten zwingen die Makler jedoch, Prioritäten zu setzen. In der Kundenansprache konzentrieren sie sich daher auf die erfolgversprechendsten Anlässe und Kunden. Mit steigendem Priorisierungsbedarf bleiben jedoch zunehmend profitable Ansprachemöglichkeiten ungenutzt. Zudem gefährdet dieses Vorgehen die langfristige Kundenbindung. Zahlreiche Studien belegen, dass die Mehrheit der Kunden eher treu bleibt und Cross- beziehungsweise Upselling-Angebote annimmt, wenn ein regelmäßiger Kontakt besteht.

Die Digitalisierung bietet nun Möglichkeiten, die Effizienz deutlich zu steigern, um mehr Geschäftschancen zu nutzen. Zum Beispiel indem Makler eine End-to-End-Lösung für digitale Customer Journeys nutzen. End-to-End bedeutet, dass der gesamte Prozess nahtlos automatisiert ablaufen kann. Er beginnt mit dem Erkennen von Anlässen. Im nächsten Schritt startet dann eine Customer Journey, bei der eine individuelle Reihe von Interaktionen abläuft. Und er endet mit der Ergebnismessung, die notwendig ist, um die Anlasserkennung und die Customer Journey kontinuierlich zu verbessern. In der ganzen Zeit haben Vertriebsmitarbeitende Transparenz bezüglich jedes einzelnen Schritts sowie die Möglichkeit, den Prozess zu steuern.

Wurde beispielsweise ein Kunde, der eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit Nachversicherungsgarantie bei Gehaltssteigerungen abgeschlossen hat, befördert, ist es naheliegend, ihn auf diese Erhöhungsmöglichkeit hinzuweisen. Das System ermittelt zunächst diese Konstellation und schlägt eine Kontaktaufnahme vor. Dadurch entfällt das manuelle Selektieren oder Durchforsten der Kundendatei und der Mitarbeiter spart Zeit. Für den Fall, dass es zunächst keine Gelegenheit zur persönlichen Kontaktaufnahme gibt, kann mit einem Klick die automatische Ansprache aktiviert werden und das System versendet eine personalisierte E-Mail.

In ihr hat der Kunde die Möglichkeit, weitere Informationen anzufordern, einen Termin zu vereinbaren oder auf die Mail zu antworten. Je nach Reaktion des Kunden kann das System auch die Folgeschritte übernehmen. Reagiert der Kunde beispielsweise gar nicht, versendet das System automatisch eine Nachfass-Mail. Die Technik ermöglicht es, für jede Journey beliebig viele Folgeschritte über die verschiedensten Kanäle zu definieren – bis hin zur Weiterleitung zu einer Abschlussstrecke oder dem Online-Vergleichsrechner des Maklers.

Hybride Kunden im Fokus

Aus Sicht eines Vertriebsmitarbeiters ist es dabei wichtig, dass der Prozess einfach per Knopfdruck gestartet werden kann und jederzeit Transparenz bezüglich des Ablaufs herrscht. Darüber hinaus muss er immer die Möglichkeit haben, einzugreifen, um den automatisierten Prozess zu stoppen und die weitere Betreuung persönlich zu übernehmen. Ein solches Eingreifen ist insbesondere bei sogenannten hybriden Kunden wichtig, die sowohl digitale Kanäle nutzen als auch eine persönliche Betreuung wünschen. Das System bietet daher zahlreiche Steuerungsmöglichkeiten für den Wechsel zwischen „digital“ und „persönlich“.

So kann beispielsweise eingestellt werden, dass der Vertriebsmitarbeiter einen Hinweis erhält, wenn er die Betreuung persönlich übernehmen soll. Hat der Kunde nach der Kontaktaufnahme weiteres Informationsmaterial angefordert, kann das System den Mitarbeiter daran erinnern, noch einmal persönlich anzurufen. Sollte der Vermittler in dem Moment keine Zeit haben, würde das System automatisch nachfassen, damit kein Geschäft verloren geht. Eine intelligente Gestaltung der Journey sorgt dafür, dass der Kunde das Gefühl hat, persönlich betreut zu werden – auch wenn ein Teil der Betreuung automatisiert abläuft.

Ein Vorteil für den Makler ist, dass er solche Automatisierungen für viele verschiedene Anlässe nutzen kann. Sogenannte Journey Builder ermöglichen das ohne Programmieraufwand allein durch das „Zusammenklicken“ von Abläufen und Inhalten. So können mit relativ geringem Aufwand zahlreiche Kunden zu vielen verschiedenen Anlässen angesprochen werden. Im Ergebnis werden Anlässe systematisch so genutzt, dass auch hybride Kunden durch das geschickte Zusammenspiel von digitaler und persönlicher Betreuung zufriedengestellt werden.

Nicht für jeden Makler ist die Einführung eines solchen Systems wirtschaftlich sinnvoll. Für Pools, aber auch für Versicherer liegt es daher nahe, das System als Service für die angeschlossenen Makler anzubieten. Bei der konkreten Ausgestaltung sind jedoch insbesondere für Versicherer Besonderheiten zu beachten, um den Anforderungen des Datenschutzes und den Usancen des Maklermarktes gerecht zu werden.

Sinnvolles Zusammenspiel

Kein Vermittlerunternehmen wird mittelfristig um eine automatisierte Kundenansprache herumkommen, wenn eine große Anzahl von Kunden umfassend betreut werden soll. Dabei ist der rein digitale Kontakt nur bei einem Teil der Kunden sinnvoll. Ein weitaus größerer Teil kann dagegen durch hybride Kommunikation abgedeckt werden, also ein sinnvolles Zusammenspiel von automatisierter und persönlicher Betreuung.

Arne Lothar Iwers, Sopra Steria

Um möglichst viele Kunden auf diese Weise regelmäßig zu kontaktieren und damit langfristig zu binden, sollte das System auf eine Vielzahl von Anlässen in der Ansprache ausgelegt und jederzeit erweiterbar sein.

Autor Arne Lothar Iwers ist Manager bei Sopra Steria. Sein Schwerpunkt liegt auf der Konzeption, der Implementierung und Etablierung von Technologien für bessere Vertriebs-, Marketing- und Serviceprozesse.

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