Keiner wollte der erste sein. Aber nachdem sich mit Generali und Zurich gleich zwei große und vor allem börsennotierte Lebensversicherer aus klassischen Lebensversicherungsgeschäft verabschiedet haben, zieht nun auch die Axa Deutschland nach. Mir kommt es wie ein Dammbruch vor.
Zwar sind es nur 20 Prozent des Gesamtbestandes. Dennoch: Die Botschaft ist auch hier eindeutig. Das Geschäft mit den klassischen Lebensversicherungen und die Verwaltung der Verträge lohnt nicht mehr. Die Kosten für die Verwaltung und die Kapitalanlage scheinen auch bei der Axa derart hoch zu sein, dass die Gesellschaft das DBV-Winterthur Portfolio von rund 900.000 Verträgen und einer Deckungssumme von immerhin rund 14 Milliarden Euro verkauft – inklusive der dazugehörigen Kunden.
Zwar argumentiert der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), dass der Bestandsverkauf – der streng von der BaFin überwacht wird – Vorteile für alle Beteiligten haben kann. Aber die ganze Argumentation des GDV ist im Konjunktiv geschrieben. Und ähnlich hatte sich das Sprachrohr der Versicherungswirtschaft auch zum Verkauf des Zurich-Klassik-LV-Bestandes geäußert.
„Eine spezialisierte Plattform kann Synergien nutzen, wenn mehrere kleine Bestände zu einem großen zusammengeführt werden. Abgebende Unternehmen erhalten mehr Spielraum für ihren künftigen Auftritt am Markt. Und die Kundinnen und Kunden können von niedrigeren Kosten profitieren„, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Asmussen denn auch hier. Und er sagt weiter, dass die Lebensversicherer zu ihren Verpflichtungen stehen. „Die geschlossenen Verträge werden erfüllt. Die garantierten Leistungen werden erbracht“, betont der Lobbyverband der Versicherungswirtschaft.
Aber eben nicht mehr von den Gesellschaften, deren Vertriebspartnerinnen oder Vertriebspartner vor Jahrzehnten die Kunden im Beratungsgespräch davon überzeugt hatten, einen „Bund fürs Leben“ beim Thema Altersvorsorge mit der DBV-Winterthur einzugehen. Aus unternehmerischer wie bilanzieller Sicht mögen derartige Verkäufe notwendig oder sogar geboten sein.
Letztlich dürften sich der ein oder andere Kunde von den Gesellschaften verraten fühlen. Denn hat der Kunde einen Vertrag mit Athora oder Viridium abgeschlossen? Nein! Sondern mit Generali, DBV-Winterthur oder Zurich Deutschland. Ob Kunden den Vertrag mit einer Gesellschaft wie Athora oder Viridium abgeschlossen hätten, ist spekulativ.
Aber auch hier bleibt es im Zweifel Aufgabe der Versicherungsmaklerin, des Vermittlers oder der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Stammorganisation, die Managemententscheidung zu erklären. Denn sie werden die Anlaufstelle für enttäuschte, frustrierte Kundinnen und Kunden sein. Und müssen erklären, was die nicht verstehen. Für mich ist der Abschied aus der Klassik inzwischen ein Konzert mit Dissonanzen.