Seit 2007 stehen Banken vor einer Situation, die praktisch noch nie dagewesen ist.
Marktkommentar von Ökonom Pierre Ciret, Edmond de Rothschild Asset Management
Nachdem sie im vorangegangenen Zyklus viel zu viele Risiken übernommen hatten, haben zahlreiche Finanzinstitute in den letzten Jahren mit sehr schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, angespannten Finanzkreisläufen und massiven operativen Beschränkungen zu kämpfen gehabt.
Nach dem Finanzschock von 2008/2009 machten sich die Regulierungsbehörden daran, die Arbeitsweise von Banken zu reformieren. Die Staatsschuldenkrise in Europa machte dies umso dringender. Gleichzeitig wird sich der Bankensektor neuen Gegebenheiten anpassen müssen und seine Möglichkeiten, sein Wirtschaftsmodell und seine interne Organisation einer ernsten strategischen Analyse unterziehen müssen. Die künftige Ausgestaltung der Regulierungsbehörden wird ebenfalls diskutiert – vor allem in Europa, wo die notwendige Verbesserung der Koordination zwischen den nationalen Regulierern im November 2010 zur Schaffung der Europäischen Bankenaufsicht EBA führte.
Die Krise und ihre Folgen: Eine erste Einschätzung
USA
Nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers, der Einführung des TARP-Rettungsfonds und der Teilverstaatlichung der Citigroup nahmen US-Banken die Sanierung ihrer Bilanzen in Angriff. Dieser Prozess neigt sich jetzt dem Ende zu, worauf der aktuelle Rückstellungsrückgang zumindest schließen lässt. Der Leverage wurde deutlich reduziert, sodass, was die Qualität der Bankaktiva betrifft, momentan nur noch das Hypothekengeschäft Probleme bereitet. Es stimmt zwar, dass dieses Problem nach wie vor erheblich ist. Inzwischen erholen sich aber der Wohnimmobilienmarkt und die Finanzlage der privaten Haushalte langsam. Dies zeigt die sinkende Zahl von Zahlungsausfällen, sodass die Banken dieses Problem erst im Laufe der Zeit bewältigen müssen. Da sie im ersten Quartal 2012 so hohe Erträge erwirtschaftet haben wie seit 2007 nicht mehr, dürften sie keine Schwierigkeiten damit haben. Bis 2013 sollte das Ende der Krise am US-Immobilienmarkt dann in greifbare Nähe gerückt sein.
Europa
Dank der Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) stabilisiert sich die Lage langsam, allerdings sind die systemische Solvenz und Liquidität alles andere als sicher. Durch die Durchführung von zwei langfristigen Refinanzierungsgeschäften – eines im Dezember und das zweite im Februar 2012 – hat die EZB es den Geschäftsbanken ermöglicht, auf jeweils 36 Monate zu sehr günstigen Konditionen Liquidität aufzunehmen.
Das wahre Problem ist aber nach wie vor die schwache bilanzielle Verfassung der Banken, da das Finanzsystem trotz der Aufhellung der Lage seit Ende 2011 weiterhin sehr angespannt bleibt. Der Bankensektor ist jedoch nicht durchweg marode: Einige Institute haben die Probleme vorausgesehen und entsprechende Anpassungen vorgenommen, während andere deutlich stärker unter Druck gerieten, es aber trotzdem geschafft haben sich zu erholen.
Bis auf Dänemark sind alle skandinavischen Banken stabil aus der Krise hervorgegangen. In Spanien haben dagegen viele Sparkasseninstitute mit besonders schwierigen Bedingungen zu kämpfen, einige von ihnen mussten deshalb schon verstaatlicht werden.
Seite zwei: Konsequenzen für Japan und die Schwellenländer