Wie sehr sich die Bankenwelt wandelt, zeigen die aktuellen Meldungen. Während die Deutsche Bank ihren Gewinn atomisiert (ein Minus von 98 Prozent) meldet das Fintech Wirecard zum gleichen Zeitpunkt 30 Prozent Zuwachs bei Umsatz und Ertrag. Die Haff-Kolumne
Die „neue Welt“ jubiliert, die „alte Welt“ muss einstecken? Auf den ersten Blick. Zwar befindet sich die Finanzwelt im Wandel, es gewinnt dabei aber nicht immer das Neue, das „Disruptive“.
Während vielen neuen Unternehmen noch alle Richtungen offen stehen, hat der Fintech-Pionier Fidor-Bank eine klare Entscheidung getroffen. Das von einer französischen Großbank ausgesprochene Kaufangebot wurde angenommen. Es soll neuen Handlungsspielraum bieten. Was das bedeutet, wird die Zukunft mit dem neuen Eigentümer aus der „alten Welt“ zeigen.
Kleinigkeiten deuten auf Veränderungen hin
Manchmal sind es die Kleinigkeiten, die auf die Veränderungen hindeuten. Dass number26 nun N26 heißt, ist so eine Kleinigkeit. Vor kurzem war das Unternehmen noch ein Start-Up, das mit seinem Handy-App-Girokonto Furore machte. Im Hintergrund vollzieht sich jetzt der Wandel zur Vollbank: das Angebot wird erweitert. Geldanlage per Robo-Advisor, Kredite, Versicherungen, eigene Vollbanklizenz – Pressemeldungen und Homepage zeigen den Weg in die Zukunft.
Die Entwicklung von N26 zeigt wie schnell Disruption ein Ende finden kann. Der Wunsch der Kunden nach Bargeld zwang zur Anpassung des Kontoangebots. Die Kosten der „alten“ Bezahlform hatten zugeschlagen und zwangen das junge Unternehmen zu Kontokündigungen und einer neuen Fair-Use-Regelung. Das ist nicht ungewöhnlich.
Potenzial für weitere Veränderungen besteht
Viele Fintechs spezialisieren sich auf Teilbereiche der Wertschöpfung. Sie sind darauf angewiesen, möglichst schnell viele Kunden zu gewinnen. Mit der Massenansprache stossen die neuen Angebote schnell auf Kunden mit „alten“ Gewohnheiten. Das bedeutet hohe Kosten statt elektronischer Effizienz. Paypal hat gezeigt, wie schnell und stark ein innovativer Ansatz den Markt verändern kann. Die elektronische Geldbörse ist zu einer ernstzunehmenden Kontokonkurrenz geworden. Sie hat die etablierten Banken zum Handeln gezwungen.
Potenzial für weitere Veränderungen besteht. Geldanlage per Robo-Advisor, Kreditvergabe unter Privatpersonen als P2P-Lending oder Finanzierungen durch die Crowd. All das könnte den Markt verändern. Trotz allem bleibt die Gefahr, dass die Innovation zwischen Regulierung und Kundengewohnheiten auf der Strecke bleibt.
Tobias Haff ist COO des B2B-Insurtech-Unternehmens massUp. Davor hat er Procheck24, den B2B-Bereich des Vergleichsportals Check24, aufgebaut. Bereits seit 1997 entwickelt er Internetprojekte mit dem Fokus auf Finanzdienstleistungen. Er hat den Markt für unabhängige Ratenkreditvermittlung in Deutschland maßgeblich mitgeprägt, Produktinnovationen zur Einkommensabsicherung und Online-Vertriebstools für Finanzvermittler erfolgreich am Markt eingeführt.
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