Welche weitere Entwicklung bezüglich der Baufinanzierung, vor allem auch bezogen auf 2023 erwarten Sie?
Kirschner: Entscheidend wird sein, wie sich die Nachrichtenlage in den nächsten Monaten gestalten wird. Es gibt derzeit sehr viele Konflikte gleichzeitig, und ich kann mich nicht erinnern, so eine Marktlage finanziell oder auch politisch jemals gesehen zu haben. Viel wird davon abhängen, ob sich der eine oder andere Konflikt beruhigt oder die Märkte sich regulieren. Ich glaube jedoch nicht, dass man 2023 gar keine Finanzierung mehr macht. Das ist unwahrscheinlich. Natürlich werden wir Finanzierungen machen, und wenn die Märkte sich beruhigen, dann wird die Nachfrage auch wieder steigen. Dann wird auch der Nachholeffekt kommen.
Hintermair: Schauen wir uns die Kursentwicklung von Hypoport an. Sie lag bei 600 und ist jetzt bei 90, weil der Vorstand gesagt hat: „Ich kann euch nicht sagen, wo es hingeht, ich weiß gar nichts.“ Und das als Aussage von einem Vorstand eines solchen Konzerns. Er hat mit dieser Aussage diese Aktie noch mal gesechstelt. Für mich sagt das alles, nämlich dass wir überhaupt gar nichts darüber sagen können, wie es im nächsten Jahr laufen wird. Es gibt so viele Faktoren, die eine seriöse Prognose schlichtweg nicht erlauben.
de Bruijn: Auch ich muss eine Planung machen, und das nicht nur für ein Jahr, sondern für drei Jahre. Natürlich haben wir uns mit unserem Volkswirt Carsten Brzeski ausgetauscht. Das Ergebnis: Im kommenden Jahr geht der Markt runter, aber wie viel, das weiß niemand. 2024 wird er wieder steigen, aber wie viel, das weiß niemand. Jeder wartet zunächst ab, aber auch ich denke nicht, dass der Markt komplett eingebrochen ist, insbesondere, wenn etwas an der Preisfront passiert.
Konrad: Das ist der entscheidende Punkt. 2023 könnte ein gutes Jahr sein, um zu bauen oder zu kaufen, weil die Preise sinken. Das merkt man schon jetzt, da jeder nachverhandelt, sobald er oder sie den Preis genannt bekommt und das oft mit Erfolg. Die Zinsen sind ungefähr um drei Prozent gestiegen und wenn sich die Preise um 20 bis 25 Prozent erholen würden, dann ließe sich dieser Zinsanstieg bei einer Zinsbindung von 10 Jahren gut kompensieren. Dann stellt sich nur die Frage: Wie schaut es mit der monatlichen Annuität aus? Kann ich mir die dann noch leisten? Oder ist es aus Bankensicht leistbar? Aber ich glaube, dass die Preise zurückgehen werden, und auch die Handwerker werden nächstes Jahr günstiger werden, wenn sich die Rohstoffpreise wieder normalisieren. Wichtig ist dann, dass auch die KfW zurückkommt. Sie setzt im Moment in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte kaum Anreize, um zu modernisieren oder in einem besonders hohen Energiestandard neu zu bauen. Da ist auf jeden Fall die Politik gefordert.
„Die letzten fünf bis acht Jahre hatten wir einen starken Nachfragermarkt.“
Hein: Ich glaube ganz einfach, dass der Wettbewerb im nächsten Jahr stärker wird, sowohl unter den Banken als auch unter den Vermittlern. Darauf werden wir uns einstellen müssen, verbunden mit den Fragen: Was braucht der Kunde, vor allen Dingen bezogen auf das Produkt? Wie schnell muss eine Genehmigung sein, auch dann hinsichtlich des Zinsangebotes? Da muss man wettbewerbsfähig sein. Und das wird an Intensität zunehmen. Ich glaube aber auch, dass wir als Banken mit entsprechenden Produkten Nachfrage schaffen können, insbesondere beim Thema Sanierung und Modernisierung, weil die Kunden jetzt merken, wie hoch ihre Ausgaben tatsächlich sind. Wenn diese Produkte gut und intelligent gemacht sind, dann wird die Nachfrage danach steigen. Derjenige, der diese Produkte dann bieten kann, wird klare Vorteile haben. Ob gleich der Sprung von Energieklasse F auf A gelingen muss, ist nicht so entscheidend, es ist ausreichend, wenn es in mehreren Schritten geht, aber die Richtung und die Flexibilität müssen stimmen. Und dann wird der Kunde oder die Kundin bei einer Prolongation sicher auch bereit sein, das Darlehen bei einer anderen Bank abzulösen.