Baufinanzierung: Deutsche werden risikofreudiger

Die Bundesbürger sehen sich seit Jahren mit rasant steigenden Wohnungspreisen konfrontiert. Das lässt sie bei der Immobilienfinanzierung immer größere Risiken eingehen, wie aktuelle Daten der Kreditplattform Europace zeigen.

Die wachsende Risikofreude der deutschen Immobilienkäufer und Bauherren sorgt mittlerweile auch Immobilien-Ökonomen.

Für seinen jüngsten Immobilienkompass hat das Wirtschaftsmagazin Capital die Daten der größten deutschen Transaktionsplattform für Immobilienkredite ausgewertet. Der Plattform sind etwa 300 Banken angeschlossen.

Demzufolge sei der Darlehensanteil an einem Bau oder Immobilienkauf im Juli auf im Schnitt knapp 82 Prozent gestiegen – das sei der höchste Wert seit Beginn des Immobilienbooms im Jahr 2009 und rund fünf Prozentpunkte mehr als Anfang 2017.

Die durchschnittlichen Tilgungsraten seien dagegen auf zuletzt knapp 2,8 Prozent gesunken. Im Sommer 2016 habe die Tilgungsrate im Schnitt noch bei rund 3,2 Prozent gelegen.

Eigenanteile und Tilgungen stagnieren

Laut Capital sorgt diese Entwicklung nun auch erste Immobilien-Ökonomen: „Allem Gerede von der reichen Erben-Generation zum Trotz stagnieren die Eigenmittel beim Kauf, und auch der Anteil der 100-Prozent-Finanzierungen steigt seit 2013 wieder leicht an“, warnt beispielsweise DZ-Bank-Ökonom Thorsten Lange.

Hinter historisch noch akzeptablen Durchschnittswerten verbergen sich seiner Meinung nach viele sehr optimistische Modelle. „Die Hälfte der Kreditnehmer bringt maximal 20 Prozent Eigenmittel auf, und rund zwei Drittel tilgt mit nicht mehr als zwei Prozent.“

Bei der aktuellen Zinslage habe ein Kreditnehmer bei anfänglich zwei Prozent Tilgung eines Annuitäten-Darlehens zum Ende der Zinsfestschreibung erst ein Fünftel der Restschuld abgetragen.

Zinsen für Baugeld sinken nicht mehr

Der landläufigen Meinung der meisten Experten, nach der die Deutschen ihre Immobilien trotz steigender Preise ausgesprochen solide finanzieren und viel Eigenkapital für den Wohnungskauf oder –bau mitbringen, widersprechen die aktuellen Europace-Daten.

Zugleich wirft der Trend zu höheren Krediten und geringeren Tilgungen Capital zufolge ein Schlaglicht auf das Dilemma vieler Immobilien-Suchenden: Jahrelang konnten die sinkenden Zinsen für Baugeld die Preisanstiege für Immobilien abpuffern.

Dieser Effekt falle nun weg, seit rund zwei Jahren pendeln die Zinsen für Baugeld mit zehnjähriger Zinsfestschreibung zwischen 1,2 und 1,5 Prozent, während die Immobilienpreise gerade in Metropolen weiter steigen, wie auch aus dem „Capital-Immobilienkompass“ hervor gehe. (bm)

Foto: Shutterstock

 

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