Neben den finanziellen Mitteln zählen auch die Eigenleistungen zum Eigenkapital: Wer selbst mit anpackt und vielleicht noch Familienmitglieder und Freunde mobilisiert, kann durch die Kosteneinsparung indirekt Kapital bilden und damit seine Finanzierungssituation verbessern.
Keine Baufinanzierung ohne Eigenkapital – diese Faustregel wird in der aktuellen Situation am Immobilien- und Kreditmarkt immer aktueller. „Zumindest die beim Immobilienerwerb anfallenden Nebenkosten sollten Käuferinnen und Käufer aus eigenen Mitteln finanzieren können“, rät Interhyp-Vorständin Mirjam Mohr. Wer diese Anforderung erfülle, könne beim Vergleich der in Frage kommenden Finanzierungsgeber auf eine größere Auswahl zurückgreifen als diejenigen, die auch einen Teil der Nebenkosten über das Darlehen finanzieren müssten. Nur vereinzelt finanzieren Kreditgeber heute noch einen Darlehensbetrag über dem Netto-Kaufpreis.
Zinsvergünstigung bei zusätzlichem Eigenkapital
Wer über die Kaufnebenkosten hinaus weiteres Eigenkapital in die Finanzierung einbringt, kann je nach Verhältnis von Eigenkapital zum Kaufpreis mit Zinsvergünstigungen rechnen. Im Vergleich zur Finanzierung des kompletten Netto-Kaufpreises sind die Zinsen oft deutlich günstiger, wenn die Eigenkapitalquote bei zehn Prozent oder noch höher liegt. „Die meisten Banken staffeln ihre Konditionen so, dass mit zunehmender Eigenkapitalquote die Zinsen günstiger werden“, erläutert Mirjam Mohr. Damit sparen Finanzierungsnehmerinnen und -nehmer gleich doppelt, weil mehr Eigenkapital nicht nur die Kreditsumme reduziert, sondern auch den Zinssatz vergünstigt. Je nach Anbieter kann die Zinsvergünstigung im Vergleich zur 100-Prozent-Finanzierung bereits bei einer Eigenkapitalquote von 10 Prozent etwa 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte betragen.
Rechenbeispiel: Wer aktuell in Dortmund eine Immobilie um 500.000 Euro kauft, erhält bei einer fünfzehnjährigen Zinsbindung, 2 Prozent Anfangstilgung und einer Darlehenssumme von 500.000 Euro, einen Nominalzins von realistisch 4 Prozent. Das bedeutet eine Rate für die kommenden zehn Jahre von 2.500 Euro. Wer nun zusätzlich zu den Nebenkosten noch ein Eigenkapital von 10 Prozent vom Kaufpreis einbringt und somit nur noch einen Darlehensbetrag von 450.000 Euro benötigt, kann mit einem Zinssatz um die 3,5 Prozent rechnen, was einer Rate von circa 2.000 Euro entspricht. Bei weiteren 10 Prozent an Eigenmitteln könnte die Rate auf rund 1.800 Euro sinken.
Hohe Immobilienpreise: Willkommene Hilfe bei Eigenkapitalbildung
Allerdings erschweren hohe Immobilienpreise die Bildung einer Eigenkapitalquote, die über die Mindestanforderungen hinausgeht. Wer beispielsweise 100.000 Euro angespart hat, muss davon bei einem Kaufpreis von 400.000 Euro und 10 Prozent Nebenkostenanteil für die Nebenkosten 40.000 Euro einplanen und verfügt für die Finanzierung des Netto-Kaufpreises noch über 15 Prozent Eigenkapital. Beträgt der Kaufpreis hingegen 500.000 Euro, werden bei gleichem Kostenanteil 50.000 Euro für die Nebenkosten fällig und die verbleibende Eigenkapitalquote reduziert sich um ein Drittel auf nur noch 10 Prozent.
Gerade beim Immobilienerwerb in hochpreisigen Regionen ist es für Käuferinnen und Käufer schwierig, aus eigener Kraft ausreichend Eigenkapital anzusparen. In solchen Fällen macht oft erst die generationenübergreifende Unterstützung das Eigenheimprojekt realisierbar. „Unsere Beraterinnen und Berater beobachten häufig vor allem bei jüngeren Käuferinnen und Käufern, dass die Eltern mit einer Schenkung das Eigenkapital aufstocken oder Erbschaften mit zum Einsatz kommen“, berichtet Interhyp-Vorständin Mohr. Generell empfiehlt Interhyp jüngeren Kaufwilligen, schon frühzeitig die Eltern zu fragen, ob sie zur finanziellen Unterstützung bereit sind – etwa durch vorzeitige Auszahlung eines Erbanteils oder auch durch Beleihung der eigenen schuldenfreien Immobilie, was durch die zusätzliche Kreditsicherheit den Zinssatz reduziert. Gut ein Viertel der Finanzierungswilligen sieht laut einer Interhyp-Studie die familiäre Finanzhilfe in Form von Schenkung oder Erbschaft als Voraussetzung für die Realisierung des Traums vom Eigenheim.
Zurückhaltung beim Eigenkapital wird seltener
Als die Bauzinsen noch auf Rekord-Niedrigniveau waren, hielten Immobilienkäuferinnen und -käufer des Öfteren einen Teil des Eigenkapitals zurück, weil sie sich insbesondere von Wertpapieranlagen erhofften, dass deren Rendite mittelfristig über dem festgeschriebenen Darlehenszins von oft weniger als einem Prozent liegt. „Wir empfehlen unseren Kundinnen und Kunden, diesen Renditegedanken auch im Sinne der Leistbarkeit im heutigen Zinsniveau noch einmal zu prüfen“, sagt Mirjam Mohr. Überdies seien seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs die Aktienmärkte unruhiger geworden, so dass die allermeisten Immobilienkäuferinnen und -käufer ihr Finanzierungsrisiko minimieren, indem sie die verfügbaren Vermögenswerte als Eigenkapital einsetzen. Entsprechend hat sich bei Interhyp-Finanzierungen das durchschnittliche Eigenkapital von 132.000 Euro im Jahr 2021 auf rund 150.000 Euro im ersten Quartal 2022 erhöht.
Eigenleistungen bleiben gefragt
Ungebrochener Beliebtheit erfreuen sich die im Volksmund als „Muskelhypothek“ bezeichneten Eigenleistungen. Sowohl beim Neubau als auch bei der Sanierung einer gebrauchten Immobilie können Bauleute selbst mit anpacken und dadurch Kosten sparen. „In gewisser Hinsicht zählt dies auch zum Eigenkapital, weil durch die eigene Arbeitskraft Werte geschaffen werden“, erläutert Mirjam Mohr. Allerdings funktioniere dies nur, wenn Bauleute ihre Leistung realistisch einschätzen, die Arbeiten fachgerecht durchführen und die Materialkosten nicht außer Acht lassen. Im Regelfall sei es sinnvoll, Eigenleistungen in der Ausbauphase der Immobilien zu erbringen, etwa bei Malerarbeiten oder dem Verlegen von Bodenbelägen.