Wohin gehen die Bauzinsen und Immobilienpreise 2024?

Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Baufinanzierers Dr. Klein
Foto: Florian Sonntag
Michael Neumann, Vorstandvorsitzender Dr. Klein: "Immobilien aus den Energieeffizienzklassen G und H verlieren überproportional an Wert. Diese Entwicklung erwarte ich auch für die ersten Monate 2024."

Der drastische Zinsanstieg hat den Immobilienmarkt 2023 vor einige Herausforderungen gestellt. Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des zur Hypoport-Gruppe gehörenden Baufinanzierers Dr. Klein wagt nun eine Prognose für 2024.

„Bis Mitte des Jahres 2023 gab es deutschlandweit und bezogen auf alle Arten von Wohnimmobilien merkliche Rückgänge in den Preisen“, fasst Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Finanzdienstleisters Dr. Klein, seine Beobachtungen zusammen.

Dieser Rückgang habe sich im zweiten Halbjahr 2023 verlangsamt und sei zum Jahresende in eine Seitwärtsbewegung übergegangen, so der Vorstandsvorsitzende weiter. Insgesamt sei der Immobilienerwerb für viele Menschen leistbarer geworden – wenn man den Zeitraum seit dem Zinssprung 2022 betrachtet. Denn: Die Bauzinsen veränderten sich in diesem Jahr kaum, die Immobilienpreise sanken, die Inflation ging seit Oktober 2022 zurück und die Einkommen hätten sich eher positiv entwickelt – und das teilweise beachtlich. 

Bauzinsprognose für das nächste Halbjahr: Seitwärtsbewegung

Nach einem 12-Jahreshoch im Oktober und einem spürbaren Rückgang in den darauffolgenden Wochen blieben die Baufinanzierungszinsen auf einem ähnlichen Niveau. „Die Haupttreiber dafür sind die Inflation und deren erwartete Entwicklung sowie das konjunkturelle Umfeld“, resümiert Neumann.

In den kommenden sechs Monaten rechnet der Zinsexperte mit einer Fortsetzung der volatilen Entwicklung: „Ich gehe davon aus, dass wir im ersten Halbjahr 2024 eine Seitwärtsbewegung bei den Bauzinsen haben werden. Auch wenn Ausschläge vorkommen, werden wir diese um maximal einen halben Prozentpunkt nach oben und nach unten um die derzeitigen 3,5 Prozent für eine 10-jährige Zinsfestschreibung sehen. Wir bewegen uns vermutlich in einer Spanne zwischen drei und vier Prozent in den nächsten sechs Monaten.“

2024 wird das Jahr der Leitzinssenkungen 

Nach September 2023 hat die Europäische Zentralbank (EZB) eine Zinspause eingelegt und damit die Leitzinsen nicht weiter erhöht. „Ich gehe davon aus, dass die EZB das aktuelle Niveau erst einmal hält. Wir werden im Laufe des kommenden Jahres vermehrt die Diskussion führen, wann ein erster Zinsschritt nach unten passieren wird und 2024 nicht über Zinserhöhungen, sondern über Zinssenkungen durch die EZB sprechen“, sagt Neumann. 

Rückkehr von der inversen zur normalen Zinskurve?

2023 trat das Phänomen der inversen Zinskurve auf. In deren Folge machte es für Darlehensnehmer kaum einen Unterschied, ob sie sich die Zinsen für ihre Baufinanzierung über 15 oder fünf Jahre sicherten. In der Vergangenheit waren 15-jährige Zinsfestschreibungen häufig mehr als 0,5 Prozentpunkte teurer als fünfjährige.

Die Erklärung: Die Märkte erwarteten langfristig ein niedrigeres Zinsniveau und kürzere Sollzinsbindungen orientieren sich stärker an Kurzfristzinsen wie dem EZB-Leitzins, der bis ins dritte Quartal des Jahres 2023 angehoben wurde. Da Neumanns Prognose für 2024 eher eine Stagnation der Bauzinsen und eine Senkung des EZB-Niveaus vorsieht, gilt es für Darlehensnehmer, ihre Situation genau zu prüfen: Kürzere Zinsbindungen unter zehn Jahren könnten dann wieder deutlich günstiger werden als längere, so eine Schlussfolgerung von Dr. Klein.

Immobilienpreise 2024: Auf die Energieeffizienzklasse kommt es an

Neumann bringt seine Erwartung für die Immobilienpreisentwicklung auf den Punkt: „Wenn wir auf das gesamte Bundesgebiet schauen, werden wir im ersten Halbjahr 2024 eher eine Seitwärtsbewegung sehen. Es wird aber durchaus eine große Differenzierung geben – diese knüpft an die Entwicklung von 2023 an.“ Vor allem energieeffiziente Objekte seien seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine und der damit einhergehenden Energieverknappung deutlich wertstabiler.

Kam es früher vor allem darauf an, wo sich die Immobilie befindet, werde nun ihr Zustand immer relevanter. „Immobilien aus den Energieeffizienzklassen G und H verlieren überproportional an Wert. Diese Entwicklung erwarte ich auch für die ersten Monate 2024“, so Neumann weiter.

Gleichwohl ist laut der Analyse von Dr. Klein die auch die Lage der Immobilie weiter wichtig: So werden die Preise in strukturschwächeren Regionen eher überdurchschnittlich nachgeben, die in gefragten Stadtteilen von Metropolen nicht.

Interessenten können demnach bei älteren Immobilien auf Schnäppchen hoffen. Diese benötigen dann jedoch oft umfangreiche Sanierungen. Ob sich diese lohnen, müsse immer individuell betrachtet werden. „Ich rate Menschen dazu, grob mit 500 Euro je Quadratmeter Wohnfläche zu kalkulieren“, sagt der Spezialist für Baufinanzierung. Diese anfallenden Kosten können die Käufer nutzen, um in Verhandlungen zu gehen, um den Kaufpreis zu reduzieren.

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