Unsicherheit greift um sich, die Prognosen der Kapitalmarkt-Experten könnten kaum widersprüchlicher sein. Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank und regelmäßiger Cash.-Kolumnist, klärt auf.
Cash.: An den Kapitalmärkten weicht die Euphorie der Panik. Wie kommt’s?
Halver: Die sich bessernde Auftragslage der vergangenen Monate war zu großen Teilen dem Auffüllen der Lager und den staatlichen Konjunkturmaßnahmen geschuldet. Viele befürchten nun, dass dieser Elan wieder erlahmt und ein sich selbst tragender Aufschwung noch nicht da ist.
Cash.: Droht ein erneuter Abschwung?
Halver: Ich bin leicht optimistisch, dass es zu einer nachhaltigen Erholung ohne massiven Einbruch kommt. Die Zentralbanken werden ihre großzügige Geldversorgung beibehalten, womit sich jedes konjunkturelle Problem glatt-bügeln lässt. Einen Double Dip werden sie nicht zulassen, weil die Gefahr einer Deflation viel zu groß ist. Der Aufschwung wird weitergehen, aber sicherlich nicht so opulent wie in früheren Fällen. Und er wird differenzierter sein, ein Land wie Deutschland wird wesentlich stärker profitieren als andere. Der Konjunkturkuchen insgesamt wird zwar kleiner, dafür bekommen wir ein größeres Stück, da viele Aufträge nicht mehr in die Knoblauchzone, sondern zu uns wandern. Weil die Auftraggeber wissen, dass wir unsere Aufträge erfüllen, egal was noch passieren wird.
Cash.: Die Sparpakete bringen Sie auch nicht um den Schlaf?
Halver: Nein, das sind doch nur homöopathische Maßnahmen für die Bevölkerung. Tenor: „Wir tun etwas, um langfristig Stabilität zurückzubekommen!“ Die zusätzlichen Schulden, die wir jedes Jahr neu aufnehmen, sind nach wie vor immens und sprechen eine andere Sprache. Und sollte es tatsächlich nicht gut laufen, wird jeder Politiker, um den sozialen Frieden zu retten, auch noch einige Schippen, sprich Konjunkturprogramme, oben drauf legen. Wir haben nur einen einzigen Schuss frei, die Konjunktur zu stabilisieren – der muss sitzen. Eine Deflation, einen Double Dip, können wir uns nicht leisten. Der wäre fatal, weil wir dann noch viel mehr Geld aufwenden müssten, um die Wirtschaft am Laufen zu halten.