Bei Merrill Lynch wird wieder gehebelt

Die ehemalige US-Investmentbank Merrill Lynch macht das Finanzkasino für deutsche Anleger wieder auf: Das vor Jahresfrist unter kräftigem Mitwirken der US-Regierung krisenbedingt von der Bank of America (BoA) übernommene Geldhaus emittiert ab sofort wieder strukturierte Produkte und meldet sich zurück auf dem deutschen Zertifikatemarkt.

BoA: Garantieträger mit eigenen Problemen

Die Entscheidung, einen neuen Anlauf mit Hebelpapieren zu starten, zeigt, dass das Vertrauen in den zurückkehrenden Risikoappetit auf den Finanzmärkten groß ist. Obwohl das Ansehen von Zertifikaten hierzulande im Zuge von Finanzkrise und Lehman-Totalverlusten schwer gelitten hat, wähnen die Produktentwickler der BoA den Markt offenbar schon wieder bereit für spekulative Vehikel.

Der neue Unternehmensname „Bank of America Merrill Lynch“ kombiniert dabei das Label eines der Protagonisten, die sinnbildlich für den Beinahe-Kollaps der Finanz- und Bankenwelt im vergangenen Jahr stehen, mit dem einer der weltgrößten Geschäftsbanken. Diese hatte sich mit der Übernahme des ehemaligen Investmenthauses allerdings selbst in Schieflage gebracht. Die BoA musste nach der Fusion vom Staat gestützt werden und steht im Zusammenhang mit der Transaktion weiterhin in der Kritik.

Rentenfonds klagen, SEC und Kongress ermitteln

So haben unter anderem fünf Rentenfonds Sammelklage bei einem New Yorker Gericht eingereicht. Sie beschuldigen die BoA, die rapide ansteigenden Verluste von MerrillLynch und die Zahlung von Boni in Milliardenhöhe in betrügerischer Absicht verschleiert zu haben. Die US-Börsenaufsicht SEC wirft dem Institut Fehlinformationen und Irreführung der Aktionäre im Zusammenhang mit Bonuszahlungen vor. Ein New Yorker Bundesrichter hat einen Vergleich in dem Fall abgelehnt. Auch der Kongress prüftdie Fusion.

BoA-Chef Ken Lewis setzte seine Mitarbeiter kürzlich, unter anderem mit den Worten: „Die nächsten zwei Quartale werden schwierig werden“, davon in Kenntnis, dass er sich zum Jahresende in den Ruhestand zurückziehen wird. Wie das „Wall Street Journal“ berichtet, sucht das Geldhaus nun nach einer personellen Notfall-Lösung, die einspringen soll, falls Lewis aufgrund staatsanwaltlicher Ermittlungen gezwungen wäre, vorzeitig abzutreten. Randnotizen auf dem Weg zurück zum Business as usual.

Geschäft mit Hebelprodukten soll ausgebaut werden

Die BoA verweist angesichts des zunehmend ins öffentliche Interesse gerückten Emittentenrisikos auf ihre Kundeneinlagen in Höhe von 970 Milliarden US-Dollar sowie 2.200 Milliarden US-Dollar Vermögenswerte. Zudem hat das Unternehmen Ende September seine Staatshilfen in Höhe von 425 Millionen US-Dollar zurückgezahlt.

Mittelfristig soll die Produktpalette ausgebaut, das Geschäft mit Optionsscheinen und Hebelprodukten erweitert und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Als erstes Zeichnungsprodukt geht eine drei Prozent Optizins Floater Anleihe mit viereinhalb Jahren Laufzeit an den Start. (hb)

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