Beispiele für Mehrwert durch Engagement bei Kreditinvestitionen

Foto: Schroders
Saida Eggerstedt, Schroders

Saida Eggerstedt, Head of Sustainable Credit bei Schroders, gibt anhand von vier Fallstudien Einblick, wie eine aktive Arbeit mit Unternehmen den Unternehmenswert steigern kann – und wie das dazu beiträgt, dass wir Fortschritte auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Welt erzielen.

Die Welt ist im Wandel und wir alle erleben weitreichende Veränderungen bei der Dekarbonisierung, der Deglobalisierung und in der Demografie. Die damit verbundenen Herausforderungen belegen die Bedeutung von ESG-Analysen bei Investitionsentscheidungen. Diese Analysen allein reichen jedoch nicht aus.

Um alle benötigten Informationen zu erhalten, müssen Investoren mit Unternehmen interagieren, deren Geschäftsmodelle verstehen und Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren. Im besten Fall führt dieses Engagement zu einem besseren Verhalten der Unternehmen, das wiederum Investoren überzeugen kann und damit möglicherweise erhöhte Investitionen nach sich zieht.

Das richtige Engagement kann auch als nützliches Due-Diligence-Instrument dienen bei der Betrachtung von Unternehmen, die bereits im Portfolio eines Investors sind. So kann sich der Investor, wenn das investierte Unternehmen trotz wiederholter Aufforderung keine Verbesserungen zeigt, es aus dem Portfolio ausschließen.

Engagement ist auch ein besonders hilfreiches Instrument bei der Identifizierung von Unternehmen, die Alpha liefern können, also Renditen oberhalb der Benchmark. Dabei handelt es sich in der Regel um unterbewertete Unternehmen mit Wachstumspotenzial. Um diese Unternehmen zu identifizieren, müssen Investoren sie von anderen Unternehmen unterscheiden können, die nicht in der Lage oder bereit sind, innovativ zu handeln oder ihre Geschäftsmodelle anderweitig für zukünftige Herausforderungen zu wappnen.

Fallstudie 1: Engagement als Unterstützung für bessere Investitionsresultate

Vor kurzem haben wir bei Schroders ein Unternehmen in unser Portfolio aufgenommen, das nach mehrfacher Interaktion bemerkenswerte Verbesserungen zeigte. Das deutsche Pharmaunternehmen Cheplapharm Arzneimittel hat sich auf den Vertrieb preiswerterer, etablierter Arzneimittel spezialisiert. Mit seiner internationalen „Buy-and-Build“-Strategie erwirbt es die Rechte an Medikamenten, von denen sich größere Wettbewerber aus wirtschaftlichen oder strategischen Gründen trennen.

Dem Unternehmen fehlte jedoch eine klar umrissene Darstellung seiner Ziele und der Auswirkung auf Kunden und Gesellschaft. Unser Engagement bei Cheplapharm Arzneimittel konzentrierte sich auf die Unterstützung bei der Formulierung einer soliden Impact Investing-Strategie. Dafür formulierten wir konkrete Fragen, die dem Unternehmen klar vor Augen führten, welchen Wert die Dienstleistungen und Produkte für seine Kunden und die Gesellschaft haben. Darüber hinaus holten wir wichtige Informationen zu verschiedenen Impact- und Nachhaltigkeitsaspekten ein, um die Förderfähigkeit von Investitionen zu untersuchen, eine bessere Umwelt-, Soziales- und Unternehmensführungs-Berichterstattung (ESG) anzustoßen und so letztlich die Investorenbasis des Unternehmens zu erweitern.

Die schnellen und detaillierten Antworten von Cheplapharm Arzneimittel, einschließlich einer objektiven Impact-Analyse externer Experten, demonstrierten den Willen des Unternehmens, als nachhaltiger Emittent wirkungsvoller Hersteller wahrgenommen zu werden. Das Unternehmen gab auch verschiedene Produkt- und Verfahrensbeispiele an, um sein Angebot an kostengünstigeren Produkten mit niedrigeren Preisen zu veranschaulichen und dass es in der Lage ist, Medikamente für seltene Krankheiten bereitzustellen, die von größeren Pharmaunternehmen möglicherweise nicht mehr angeboten werden. Darüber hinaus hat das Unternehmen seine ESG-Berichterstattung überarbeitet und seine Standards durch eine strukturiertere und detailliertere Erläuterung seiner ökologischen und betrieblichen ESG-Ziele angehoben.

Fallstudie 2: Portfoliounternehmen im Auge behalten

Erfolgreiches Engagement ist auch Teil der laufenden Due-Diligence-Prüfung innerhalb des Kreditportfolios. Dies belegen unsere Erfahrungen bei unserem Portfoliounternehmen, Lenovo, dem chinesischen Technologieriesen.

Lenovo konnte bereits führende ESG-Referenzen sowohl im asiatischen als auch im globalen Kontext vorweisen. Wir wollten jedoch mehr über den Ansatz des Unternehmens wissen in Bezug auf verantwortungsbewussten Konsum, Initiativen zur Materialbeschaffung sowie über den Nutzen seiner Produkte für seine vielfältigen Kunden. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Hongkong kam unserem Wunsch nach und organisierte eine Videokonferenz mit Nachhaltigkeits- und Finanzverantwortlichen aus verschiedenen globalen Standorten. Dabei wurden unsere Fragen zu Themen wie Kreislaufwirtschaft und verantwortungsvollem Konsum beantwortet und unsere Anregungen aufgenommen. Lenovo stellte uns im Anschluss eine Reihe von Materialien und Informationen zur Verfügung, die beispielsweise seine Bemühungen um eine Dekarbonisierung der gesamten Wertschöpfungskette sowie die Benutzerfreundlichkeit seiner Produkte für ein breiteres Publikum erläutern.

Fallstudie 3: Fehlende Informationen haben negative Auswirkungen

Doch selbst Unternehmen mit überdurchschnittlich guten ESG-Ratings sind nicht immer an einem Dialog interessiert.

Am Beispiel eines Technologieunternehmens aus der Automobilbranche lässt sich gut erläutern, wie mangelndes Engagement von Seiten des Unternehmens zu einer Desinvestition führen kann – die ultima ratio aus dem Handbuch eines Investors. Um fehlende Informationen für eine Due-Diligence-Prüfung zu erhalten, kontaktierten wir das Unternehmen. In seinem Nachhaltigkeitsbericht hatte das Unternehmen erklärt, es wolle die Verbraucher zur Nutzung von Elektrofahrzeugen ermutigen. Zu diesem Zweck bietet es nach eigenen Angaben fortschrittliche elektronische Systeme an, die ein schnelles Aufladen ermöglichen und kleiner und leichter konzipiert sind, so dass sie sich einfacher herstellen lassen. Das Unternehmen machte jedoch keine detaillierten Angaben zu verschiedenen Themen, etwa dazu, ob Hersteller von Elektrofahrzeugen oder Verbrennungsmotoren die Endnutzer seiner Produkte sind. Auch zu den Plänen des Unternehmens, in Zukunft hauptsächlich Elektrofahrzeughersteller zu bedienen, gab es keine weiteren Anhaltspunkte. Trotz mehrerer Nachfragen wollte der Automobilzulieferer keine Informationen darüber herausgeben, wie groß der Anteil der Verkäufe an Hersteller von Elektrofahrzeugen ist. Das aber ist eine Voraussetzung für die Aufnahme eines Unternehmens in einen Impact Fonds.

Gleichwohl hat das Unternehmen in Bezug auf ESG-Kriterien gut abgeschnitten. Zum Beispiel beschäftigt es im Branchenvergleich einen großen Anteil an Frauen – für uns eine Kennzahl für mehr Gleichberechtigung. Daher motivieren wir das Unternehmen weiter zur Offenlegung der fehlenden Informationen, damit wir unsere Entscheidung, das Unternehmen nicht in unser Portfolio zu nehmen, womöglich ändern können.

Fallstudie 4: Verbesserungsbedarf bleibt bestehen

Ein weiteres Beispiel für einen Fall, in dem wir uns gegen ein Investment entschieden haben, ist ein in den USA ansässiges Abfallwirtschaftsunternehmen, das Altöl und Abfälle recycelt. Nach umfangreichen Recherchen und Interaktion zum besseren Verständnis der Geschäftspraktiken des Unternehmens entschieden wir uns für eine Veräußerung unserer Position, weil ein Investment in das Unternehmen nicht mit dem ESG-Prinzip „Keinen wesentlichen Schaden verursachen“ zu vereinbaren ist. Wir arbeiten weiter mit dem Unternehmen zusammen und hoffen, dass sich im Laufe der Zeit Verbesserungen ergeben, die es uns ermöglichen, unsere derzeitige Haltung neu zu bewerten.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments