Berechnungsfehler bei Provisionen: „Wir können nicht einfach so zum Status Quo zurückkehren“

Foto: Martina van Kann
Votum-Chef Martin Klein

Das von der Europäischen Kommission beauftragte Kantar-Institut musste in ihrer Kleinanlegerstudie einen Fehler bei der Berechnung von Kostenquoten einräumen. Cash. befragte Votum-Chef Martin Klein zu möglichen Folgen dieses Berechnungsfehlers.

Ursprünglich kam das Kantar-Institut zu dem Ergebnis, dass die Kosten für durch Provisionsberatung vertriebene Finanzprodukte 35 Prozent höher sind als für Produkte ohne Provisionsvergütung. Jetzt gibt die Kommission an, dass diese Zahl auf 24 bis 26 Prozent nach unten korrigiert werden musste. Ist eigentlich bekannt, wie es zu dem Berechnungsfehler kommen konnte?

Klein: Wie es zu dem eklatanten Berechnungsfehler kommen konnte, möchte die Kommission bisher nicht öffentlich mitteilen. Die Rohdaten werden weiterhin unter Verschluss gehalten, was an sich schon mehr als fragwürdig erscheint angesichts der Bedeutung, die die Kommission diesen Zahlen im Rahmen der Provisionsdebatte selbst beimisst. Am Ende trägt die Kommission gemeinsam mit dem Kantar-Institut die Verantwortung für die Richtigkeit der Inhalte. Wenn die zuständige Kommissarin Mairead McGuinness in der breiten Öffentlichkeit die falschen Zahlen verbreitet, sollte sie in der breiten Öffentlichkeit auch ihren Fehler eingestehen. Das ist bis heute leider nicht passiert.

Was bedeutet der Berechnungsfehler für das drohende EU-weite Provisionsverbot?

Klein: Die Kantar-Studie diente der Kommissarin und den Verbraucherschützern bisher als Daten- und Argumentationsgrundlage für die Debatte um ein mögliches europaweites Provisionsverbot für Anlageberatung. Durch die signifikante Fehlerhaftigkeit muss die Lage nun neu bewertet werden. Auf Basis falscher Daten können wir nicht über ein so elementar wichtiges Thema wie die europaweiten Vergütungsstrukturen diskutieren.

In Ihrer Pressemitteilung fordern Sie, dass die zuständige EU-Kommissarin Mairead McGuinness zu ihrem Fehler stehen und die entsprechenden Konsequenzen daraus ziehen sollte. Welche Konsequenzen sollten das sein?

Klein: Die Kommissarin sollte eine öffentliche Klarstellung vornehmen und einräumen, dass ihre bisherige Argumentationsgrundlage falsch war. Darüber hinaus fordern wir, dass die geplante Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy) neu bewertet wird. Wir können nicht einfach so zum Status Quo zurückkehren. Dazu sind die Fehler in der Datengrundlage zu gravierend. Und einen regulativen Schnellschuss können wir uns in dieser Sache einfach nicht erlauben – schließlich geht es um die Sicherstellung des Zugangs von Millionen von Kleinanlegern zu qualifizierter und professioneller Finanzberatung.

Die Fragen stellte Kim Brodtmann, Cash.

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