Wann liegt eine Berufsunfähigkeit beim Versicherungsnehmer vor? Mit dieser Frage müssen sich immer mehr Versicherungsvermittler und deren Kunden auseinandersetzen. Was es dabei zu beachten gilt, erklärt Björn Thorben M. Jöhnke von der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in seinem Gastbeitrag.
Es stellt sich die Frage, ob mit Eintritt der Berufsunfähigkeit auch die entsprechenden Versicherungsbedingungen erfüllt sind und somit überhaupt erst ein Leistungsantrag bei dem Berufsunfähigkeitsversicherer gestellt werden kann.
Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann (Paragraf 172 Abs. 2 VVG).
Gesamtsituation des Versicherungsnehmers entscheidend
Sind vorgenannte Tatbestandsmerkmale erfüllt, so ist „bei der Berufsunfähigkeitsversicherung der Versicherer verpflichtet, für eine nach Beginn der Versicherung eingetretene Berufsunfähigkeit die vereinbarten Leistungen zu erbringen“ (Paragraf 172 Abs. 1 VVG).
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Diese Definition der Berufsunfähigkeit bedarf im Einzelfall jedoch stets der Auslegung und auch einer medizinischen Einschätzung des „Berufsunfähigen“. Nicht jedes vorgenannte Tatbestandsmerkmal kann mit Sicherheit immer sofort bejaht werden. Es kommt eher auf die Gesamtsituation des Versicherungsnehmers hinsichtlich seines gesundheitlichen Zustandes an, nämlich ob im Ergebnis eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliegt.
Maßstab ist der zuletzt konkret ausgeübte Beruf
Dabei ist der Prüfungsmaßstab nicht zwingend der ursprünglich erlernte Beruf des Versicherungsnehmers. Auch der im Versicherungsantrag angegebene Beruf ist nicht per se maßgeblich. Selbst ein zwischenzeitlich aufgegebener Beruf ist nicht immer ausschlaggebend. Allein der zuletzt konkret ausgeübte Beruf zählt als Maßstab (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10. November 2010, Az. I-20 U 64/10).
Seite zwei: Versicherungsnehmer muss „minutiösen Stundenplan“ vorlegen