Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher von Dr. Klein, sagt, wie sich der Lübecker Finanzvertrieb abseits des Hauptgeschäftsfelds Baufinanzierung im Versicherungsmarkt etablieren möchte.
Cash.: Dr. Klein verbindet man vor allem mit Angeboten in der Baufinanzierung. Wie wollen Sie sich im Versicherungsbereich aufstellen?
Gawarecki: Es ist richtig, dass wir historisch betrachtet aus der Baufinanzierung kommen, doch auch im Versicherungsbereich sind wir in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Zwischen 2009 und 2012 haben wir pro Jahr ein durchschnittliches Bestandswachstum von 53 Prozent erzielt. Ende 2013 haben wir erstmals die 100-Millionen-Grenze im Versicherungsbestand überschritten. Insofern sind wir sicherlich kein so kleiner Player im Markt.
Ziel ist, das Know-how aus der Baufinanzierung systematisch auf den Versicherungsbereich zu übertragen und in diesem schwierigen Markt weiter zu wachsen.
Im Nachfrageverhalten dürfte es bei den Themen Baufinanzierung und Versicherungen allerdings Unterscheide geben. Wie gehen Sie damit um?
Das Nachfrageverhalten ist in der Tat sehr unterschiedlich. Der Kunde, der nach einer Baufinanzierung fragt, hat ein konkretes Anliegen, das er lösen will – leider ist das bei der Altersvorsorge nicht unbedingt so. Gleichwohl gibt es bei den Versicherten ein gesteigertes Interesse nach ganzheitlicher Beratung.
Unsere Strategie im Bereich Versicherungen zielt darauf ab, dass der Kunde eine zweite Meinung zu seinen vorhandenen Verträgen einholt und ihm dadurch die Unsicherheit genommen wird. Das Markumfeld in der Versicherungsbranche ist bekanntlich sehr stark vom Neugeschäft getrieben. Daher hinterfragen viele Kunde die Verträge, die sie damals abgeschlossen haben. Sie wollen wissen, ob ihr persönliches Absicherungsziel noch gegeben ist.
Eine Kündigung bestehender Verträge und ein späterer Neuabschluss sind für die Versicherten allerdings mit Kosten verbunden. Machen die Kunden da mit?
Die Überprüfung durch unsere Berater muss ja nicht zwingend zum Neuabschluss einer Versicherung führen. Im besten Fall lautet das Fazit der Analyse: Es ist alles in Ordnung. Uns geht es auch nicht um schnelle Erträge durch kurzfristiges Neugeschäft, das unter Umständen hoch stornobelastet ist. Wir sind an der Verwaltung des Bestandes interessiert.
Dahinter steckt natürlich ein monetäres Interesse, aber nur die Kunden, die gut versichert sind, bleiben dem Bestand auf lange Sicht erhalten. Wir wollen somit den Paradigmenwechsel begleiten, wonach die Bedeutung des Neugeschäfts hinter die Bestandsverwaltung zurücktritt. Das ist die nachhaltigere Perspektive.
Müsste man dann nicht die Provisionsstrukturen dahingehend ändern, dass die laufende Vergütung gestärkt wird?
Durchaus. Im Sachversicherungsbereich gibt es schon heute eine jährlich wiederkehrende Betreuungsprovision. Die mit Sicherheit bevorstehende Deckelung der Provisionen in der Lebensversicherung wird zwangsläufig dazu führen, dass Provisionen in der Altersversorgung einen anderen Vergütungszeitraum erhalten.
Eine Lebensversicherung, für die es 20 oder 30 Promille gibt, kann ein Versicherer bei einer derzeit diskutierten Stornohaftzeit von zehn Jahren gar nicht guten Gewissens sofort auszahlen.
Interview: Lorenz Klein
Foto: Dr. Klein