Der BGH schafft Klarheit für das Phoenix-Insolvenzverfahren: Großanleger genießen bei der Verteilung der Gelder aus der Insolvenzmasse keine Aussonderungsrechte, werden also nicht vorrangig bedient. Eine gute Nachricht für die vielen geschädigten Kleinanleger.
Im Rechtsstreit zwischen Insolvenzverwaltung und Großgläubigern der Pleite-Firma Phoenix-Kapitaldienst hat der Bundesgerichtshof (BGH) gestern gegen einen Hedgefonds-Treuhänder entschieden. Die Richter urteilten, dass kein Aussonderungsrecht für institutionelle Anleger besteht, sie also nicht vorrangig aus der etwa 230 Millionen Euro schweren Insolvenzmasse bedient werden (Az. IX ZR 49/10).
Seit Jahren hält die vor allem vom irischen Investor Citco Global Custody, der rund neun Millionen Euro vom Insolvenzverwalter fordert, angestrengte Auseinandersetzung das Insolvenz- und damit auch die Entschädigungsverfahren auf – vor allem zum Leidwesen vieler der fast 30.000 anderen Anleger.
Entsprechend erleichtert zeigte sich Insolvenzverwalter Frank Schmitt nach dem Urteil: „Mit dieser Entscheidung ist ein großes Hindernis aus dem Weg geräumt worden. Ich bin froh, dass in diesem Punkt nun endlich Rechtssicherheit herrscht und damit wieder Ruhe in das Verfahren kommt.“
Maßgeblich für die Entscheidung des BGH war nach Ansicht von Schmitt die Tatsache, dass es auf Grund zahlreicher Kontobewegungen im Nachhinein nicht mehr möglich ist, die gesicherten Kontoguthaben eindeutig einzelnen Anlegern zuzuordnen.
Auch nach Auffassung der PIA Protect Invest Alliance, dem Zusammenschluss der beiden Anlegerschutzkanzleien Nieding + Barth und Tilp Rechtsanwälte, sind die Hindernisse für einen vorläufigen Insolvenzplan, die einer ersten Abschlagszahlung aus der Insolvenzmasse an alle Gläubiger bislang im Wege gestanden haben, nun beseitigt.
Ebenso gebe es jetzt für die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) keinen Grund mehr, Zahlungen zurückzuhalten. Die PIA vertritt inzwischen laut eigenen Angaben rund 4.000 geschädigte Anleger und sitzt mit zwei Mitgliedern im fünfköpfigen Gläubigerausschuss.
Nach Darstellung der Anwälte hat der BGH in der gestrigen mündlichen Verhandlung unmissverständlich deutlich gemacht, dass er die „ein Aussonderungsrecht bejahende Ansicht“ der beiden Vorinstanzen nicht teilt. Der BGH vertrat demnach die Ansicht, dass eine Vorzugsbehandlung nur zu rechtfertigen sei, wenn der Treuhänder die Treuhandbindung einhält und die Treuhandgelder nicht mit eigenen Geldern vermischt.
„Beides ist aus Sicht des BGH im Falle Phoenix nicht erfüllt“, so Rechtsanwalt Klaus Nieding. „Aus Sicht des BGH ist unstreitig, dass Phoenix die Gelder zumindest ab 1997 vertragswidrig verwendet hat, nämlich zur Aufrechterhaltung eines Schneeballsystems durch Auszahlung von Scheingewinnen an Anleger, die ihre Anlage gekündigt hatten, und durch Zahlung von Scheinprovisionen an die Vermittler“, erläutert Nieding.
Insolvenzverwalter Schmitt schildert die Verhandlung fast identisch: Im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung habe der Vorsitzende Richter Godehard Kayser festgestellt, dass „die Konten zum Werkzeug des Schneeballsystems mutiert waren“ und „das Vermögen des Treuhänders im aktuellen Fall mit eigenem Vermögen vermengt worden ist.“
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