Software ist für Berater kostenlos, Gummibärchen und Büromaterial dagegen nicht. Das hat heute der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden. Inwieweit das Urteil Auswirkungen für die gesamte Branche hat, ist indes noch nicht abzusehen, denn die Richter beschränkten sich auf den vorliegenden Fall.
Dem Urteil (Az. VIII ZR 10/10 und VIII ZR 10/11) war ein Streit zwischen dem Hannoveraner Finanzvertriebs AWD und zwei ehemaligen Beratern vorausgegangen. Die Auseinandersetzung zog sich bereits schon durch sämtliche Vorinstanzen.
Es ging darum, ob Kundenzeitschriften, Süßigkeiten wie Gummibärchen, Vertriebssoftware, Büromaterial und interne Schulungen für die Arbeit eines Handelsvertreters „erforderlich“ sind und sie deshalb vom Unternehmen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden müssen.
Die Berater beriefen sich auf den Paragrafen 86a Handelsgesetzbuch (HGB), wonach ein Unternehmen einem Vertreter “die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen” zur Verfügung stellen muss.
Der BGH hat entschieden, dass Handelsvertreter nur einen Anspruch auf eine kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln haben, wenn diese dazu dienen der Vermittlungspflicht beziehungsweise dem Abschluss von Geschäften nachzukommen.
Im vorliegenden Fall bejahten die Richter die Vertriebssoftware. Grund: Ohne die Software hätten die Kläger kein Geschäft abschließen können.
Büroausstatttung muss der Handelsvertreter zahlen
Für alles andere habe der Handelsvertreter indes die Kosten selbst zu tragen. Hierzu gehören insbesondere die Büroausstattung, aber auch Werbegeschenke sowie die von AWD herausgegebene Kundenzeitschrift „Finanzplaner“. Diese sahen die Richter nicht als Produktbroschüre.
Auch Schulungen müssten nicht kostenlos weitergegeben werden, denn es handele sich dabei nicht um die Vermittlung von Produktinformationen, sondern um den Erwerb zusätzlicher Qualifikationen, so der BGH.
Der Finanzvertrieb AWD begrüßte das Urteil, „da nunmehr durch den BGH für alle Parteien eine Klarstellung in diesem Bereich geschaffen wurde.“
Erstmalig sei dabei auf Ebene des höchsten deutschen Gerichtes über die im Handelsvertreterrecht in Deutschland umstrittene Frage entschieden, welche erforderlichen Materialien und Unterlagen nach Paragraf 86a HGB einem Handelsvertreter für die Ausübung seiner Tätigkeit kostenfrei überlassen werden müssen. (ks)
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