BGH-Urteil: Vertrieb haftet bei Faulheit des Kunden

Die obersten Richter haben also eigentlich zu Gunsten des Finanzdienstleisters entschieden. Doch die Gründe und Grundsätze des BGH sind schwere Kost.

Wie in dem viel beachteten Urteil zur rechtzeitigen und korrekt dokumentierten Prospektübergabe, das der BGH vor drei Wochen veröffentlicht hat, geht es auch in diesem Fall unter anderem darum, dass ein Anlageberater den Kunden über alle wichtigen Aspekte der Anlage informieren muss. Dafür kann ein (richtiger und vollständiger) Prospekt ausreichen – aber nur dann, wenn der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde ihn „gelesen und verstanden“ hat.

Das ist unzweifelhaft nicht der Fall, wenn der Kunde den Prospekt gar nicht erst entgegengenommen hat. Insofern mag die Sichtweise des BGH in Hinblick auf seine Rechtsgrundsätze durchaus eine gewisse Stringenz haben, für das echte Leben hingegen ist sie eine ziemliche Zumutung.

Thema heute entschärft

Trotzdem dürften die praktischen Auswirkungen des Urteils für die Branche überschaubar bleiben. Eine solche Situation wie in dem Fall wird auch früher selten gewesen sein und heutzutage wird das Thema schon durch die vorgeschriebenen Dreiseiter „wesentliche Anlegerinformationen“ (wAI) bzw. Vermögensanlageninformationsblatt (VIB), in denen die wesentlichen Risiken enthalten sein müssen, sowie die Beratungsdokumentation entschärft.

Allein darauf sollte der Vertrieb sich zwar nicht verlassen, das Urteil dürfte aber allenfalls für frühere Fälle relevant sein.

Das betrifft auch den zweiten Punkt, zu dem der BGH entschieden hat: Die genaue Berechnung der Grenze von 15 Prozent Provision bezogen auf das vom Anleger investierte Kapital, ab der ein Finanzdienstleister den Kunden ungefragt darüber informieren muss.

Seite 3: Agionachlass individuell einzubeziehen

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