BGH-Urteil: Vertrieb haftet bei Faulheit des Kunden

Hierzu hat der BGH schon 2017 entschieden, dass das Agio in die Berechnung einzubeziehen ist. Nun stellt er klar: Individuell gewährte Abschläge vom Agio müssen dabei auch individuell berücksichtigt werden. Das versteht sich eigentlich von selbst, ist dem BGH aber einen Leitsatz wert.

Grund dafür ist ein absurder Rechen- beziehungsweise Denkfehler des OLG Celle. Dieses hatte einen Agionachlass von 2,5 Prozent (375 Euro), der dem Kläger bei einem der strittigen Fonds gewährt worden war, nicht als Reduktion der individuellen Provision verstanden. Vielmehr hatte es die 375 Euro ins Verhältnis zu den gesamten Kosten der Eigenkapitalbeschaffung des Fonds von 2,5 Millionen Euro gesetzt.

Dadurch sank die vom OLG errechnete Provision durch den Nachlass nur marginal und lag weiterhin über der kritischen Grenze. Diese Art der Berechnung wie der BGH als „nicht gerechtfertigt“ zu bezeichnen, ist eine ziemliche Verharmlosung – und immerhin war sie ein wesentlicher Grund dafür, dass das OLG den Berater zum Schadenersatz verurteilt hat.

Unfassbares Ausmaß an Unkenntnis 

Die 15-Prozent-Grenze ist für aktuelle Vermittlungen schon deshalb nicht mehr relevant, weil die Finanzdienstleister heute nach dem Aufsichtsrecht ohnehin verpflichtet sind, den Anleger über die Höhe der Provision zu informieren. Auch sind 15 Prozent kaum mehr üblich, jedenfalls nicht im leidlich seriösen Teil des Marktes.

Für ältere, noch offene Fälle – gerade in Zusammenhang mit Schiffsbeteiligungen – kann die exakte Berechnung der Provisionshöhe aber durchaus von einiger Bedeutung sein.

Der Fall belegt zudem erneut, mit welchem unfassbaren Ausmaß an Unkenntnis sich die Betroffenen in den unteren Instanzen zum Teil herumschlagen müssen. Immerhin das rückt der BGH mit dem Urteil gerade.

Stefan Löwer ist Geschäftsführer der G.U.B. Analyse Finanzresearch GmbH und betreut das Cash.-Ressort Sachwertanlagen. G.U.B. Analyse gehört wie Cash. zu der Cash.Medien AG.

Foto: Florian Sonntag

 

 

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