BGH-Urteile zur Kostenverteilung: mehr Spielraum für Eigentümergemeinschaften

Tim Wistokat
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Tim Wistokat, LL.M., Rechtsanwalt und Head of Legal Department bei von Poll Immobilien

Die Verteilung von Kosten bei Eigentümergemeinschaften ist häufig ein Zankapfel. Der BGH hat jetzt zwei Urteile gefällt, die die Situation entspannen könnten und für mehr Flexibilität sorgen.

In Eigentümergemeinschaften sind zahlreiche Entscheidungen zu treffen, insbesondere wenn es um die Verteilung von Kosten für Instandhaltungsmaßnahmen geht. Um diese Lasten gerecht und transparent zu verteilen, kommen Verteilungsschlüssel zum Einsatz, die an die spezifischen Bedürfnisse und Gegebenheiten der Gemeinschaft angepasst werden können. Solche Verteilungsschlüssel basieren häufig auf Kriterien wie Miteigentumsanteilen, Wohnfläche oder dem individuellen Nutzen der Maßnahmen. Trotz klarer Regelungen führen Diskussionen über die angemessene Kostenverteilung jedoch häufig zu Spannungen innerhalb einer Eigentümergemeinschaft. In diesem Zusammenhang bringen zwei Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 22. März 2024 bedeutende Neuerungen. Der BGH hat in zwei Fällen entschieden, dass Eigentümergemeinschaften künftig noch mehr Spielraum bei der Verteilung der Kosten für Erhaltungsmaßnahmen haben. Das ermöglicht den Gemeinschaften, finanzielle Lasten flexibler und individueller zu gestalten, insbesondere können spezifische Kosten nun gerechter auf die einzelnen Eigentümer verteilt werden.


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Dr. Tim Wistokat, LL.M., Rechtsanwalt und Head of Legal Department bei von Poll Immobilien gibt wieder, was der BGH dazu unter dem Aktenzeichen V ZR 81/23 ausführt: „Der Paragraph 16 Absatz 2 Satz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes begründet die Kompetenz der Wohnungseigentümer, für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine von dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung zu beschließen. Auch wenn sich dadurch der Kreis der Kostenschuldner verändert, indem Wohnungseigentümer von der Kostenübertragung gänzlich befreit oder umgekehrt erstmals mit Kosten belastet werden. Dabei dürfen sie jeden Maßstab wählen, der angemessen ist und den Einzelnen nicht benachteiligt. Beispielsweise kann eine objektbezogene Kostenverteilung sinnvoll sein, wenn einzelne Kosten ausschließlich von bestimmten Wohnungseigentümern zu tragen sind, die aus der Kostentrennung einen besonderen Nutzen ziehen“. Und er ergänzt: „Für Betroffene kann das erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben.“

In dem konkreten Fall gehörten dem Kläger, Mitglied der beklagten Gemeinschaft für Wohnungseigentümer (GdWE), vier von 20 Kfz-Doppelparkeranlagen (kurz: Doppelparker) in einer Tiefgarage. Nach der Teilungserklärung waren die Kosten der Instandhaltung grundsätzlich von sämtlichen Wohnungs- und Teilungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Aufgrund eines Defekts in der hydraulischen Hebeanlage der Doppelparker konnte der Kläger jeweils nur ein Fahrzeug abstellen. In einer Eigentümerversammlung wurde daraufhin beschlossen, den Verteilungsschlüssel dahingehend zu ändern, dass die Kosten für Sanierungs-, Reparatur-, Unterhaltungs- und Modernisierungsarbeiten an den Doppelparkern allein deren Teileigentümer zu tragen haben. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage wurde abgewiesen, die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Die dagegen gerichtete Revision vor dem BGH hat der BGH nun ebenfalls abgewiesen.

„Der BGH führt aus, die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer Kosten der GdWE abweichend von Gesetz oder einer Vereinbarung zu beschließen, ergebe sich aus Paragraph 16 Absatz 2 Satz 2 WEG. Der beklagten GdWE stehe bei Änderung des Umlageschlüssels ein Gestaltungsspielraum zu. Die Regelung sei nicht willkürlich, sondern entspreche dem Verursachungs- und Nutzungsprinzip“, erläutert Dr. Tim Wistokat von von Poll Immobilien. Und weiter: „Im Fall der Doppelparker werden nur diejenigen Eigentümer belastet, die im Gegensatz zu den übrigen Wohnungseigentümern auch einen wirtschaftlichen Vorteil und Nutzen aus der Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ziehen können.“

Der fünfte Zivilsenat des BGH hat sich auch in einem weiteren Verfahren mit der Thematik befasst (Az. V ZR 87/23). Dort war der Kläger ein Eigentümer einer Dachgeschosswohnung. In einer Eigentümerversammlung beschloss die Wohnungseigentümergemeinschaft, die defekten Dachflächenfenster im Bereich des Sondereigentums des Klägers durch eine Fachfirma auszutauschen. Allerdings sollten die Kosten der Arbeiten durch den Eigentümer der Dachgeschosswohnung allein getragen werden. Der Kläger verlor die Klage gegen die beschlossene Kostenverteilung beim Amtsgericht und schließlich ging in Revision, die zurückgewiesen wurde.

„Die Beschlusskompetenz für die Verteilung der Kosten für die Instandsetzung der Dachflächenfenster basiert ebenso auf Paragraph 16 Absatz 2 Satz 2 WEG und folgt der Entscheidung zum Doppelparker-Beschluss. Daran gemessen ist die beschlossene Änderung der Kostenverteilung für den Austausch der Fenster, die sich allein im Bereich des Sondereigentums des Klägers befinden, nicht zu beanstanden. Denn die Wohnungseigentümer haben damit auf die Gebrauchsmöglichkeit des Klägers Rücksicht genommen. Der Gestaltungsspielraum sei nicht überschritten, so der BGH“, lässt Rechtsanwalt Wistokat von von Poll Immobilien wissen. Und weiter: „Wichtig ist aber auch: Ob und in welcher Weise, die für eine einzelne Instandsetzungsmaßnahme zuvor beschlossene Änderung der Kostenverteilung bei späteren Entscheidungen zu berücksichtigen ist, kann jedoch nicht hypothetisch für künftige Fälle beurteilt werden, sondern nur für eine konkrete Maßnahme beziehungsweise eine bereits getroffene konkrete Entscheidung beurteilt werden.“

Fazit

Beschließen die Wohnungseigentümer eine Änderung der bisherigen Kostenverteilung für einzelne Kosten oder bestimmte Kostenarten der GdWE, können sie jeden Verteilungsmaßstab wählen, der sowohl den Interessen der Gemeinschaft als auch der einzelnen Eigentümer gerecht wird. Wichtig ist dabei, dass niemand ungerechtfertigt benachteiligt wird. Die Anforderungen an die Auswahl eines angemessenen Verteilungsschlüssels dürfen nicht zu streng sein, da jede Anpassung der Verteilung zwangsläufig die Kostenbelastung einzelner Eigentümer beeinflusst.

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