Bilanz 2022: Gothaer lässt Federn im Krisenjahr

Foto: Gothaer
Oliver Schoeller, Vorstandsvorsitzender des Gothaer Konzerns.

Ukraine-Kriege, hohe Inflationsraten und Rezessionsängste. Die Gothaer musste in dem durch Krieg und Krisen geprägten Jahr einen Dämpfer hinnehmen. Einem starken Geschäft in der Kompositversicherung und einem leichten Plus in privaten Krankenversicherung stehen deutliche Einbußen in der Lebensversicherung gegenüber. Einen wichtigen Fokus sieht der Versicherer in der Begleitung des Mittelstands in nachhaltigen Transformation des Mittelstands.

„Das vergangene Jahr war geprägt vom Ukraine-Krieg, der Inflation und Rezessionsängsten. Trotz dieser schwierigen Gemengelage haben wir ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Unser Kompositversicherer, die Gothaer Allgemeine, sowie die Gothaer Krankenversicherung wachsen deutlich. Ganz besonders freue ich mich über das starke Wachstum im Unternehmerkundensegment mit einem Plus von 9,1 Prozent, das auch auf unserer Nachhaltigkeitsstrategie für den Mittelstand basiert“, so Konzernchef Oliver Schoeller.

Für das Jahr 2022 kann der Gothaer Konzern nach Angaben von Schoeller Beitragseinnahmen in Höhe von 4,6 Milliarden Euro verzeichnen, 2,3 Prozent weniger als im sehr starken Jahr 2021. Die Komposit- und Krankenversicherung erzielten ein Wachstum von 6,5 beziehungsweise 0,9 Prozent. In der Lebensversicherer waren die Beitragseinnahmen wie in der gesamten Branche rückläufig und sanken um 18,4 Prozent.

Trotz Inflation und Rezessionssorgen konnte die Konzerneigenkapitalbasis 2022 weiter gestärkt werden: Zum Jahresende 2022 wurde ein Wert von 1,5 Milliarden Euro erreicht, ein Plus von 5,7 Prozent. Der Konzern-Jahresüberschuss stieg um 1,3 Prozent auf 83 Millionen Euro. Die exzellente Aufstellung und die Finanzkraft der Gothaer bestätigte auch die Rating-Agentur S&P Global Ratings im Finanzstärkerating mit einem „A“ und dem Ausblick „stable“ für alle drei Kerngesellschaften.

Gothaer Leben: Weiterhin starkes Firmenkundengeschäft

Die Gothaer Lebensversicherung AG erzielte im Jahr 2022 Bruttobeiträge im Gesamtvolumen von 1.050 Millionen Euro. Für den Beitragsrückgang von 20 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021 ist insbesondere der branchenweite Einbruch des Einmalbeitragsgeschäfts verantwortlich. „Durch das steigende Zinsniveau sind Anlagen im Einmalbeitragsgeschäft im gesamten Markt weniger attraktiv geworden“, so Kurtenbach. Das sei ein Einjahresphänomen. „Weil wir in den Jahren davor sehr deutlich gewachsen sind“, sagt Michael Kurtenbach, Vorstandsvorsitzender der Gothaer Lebensversicherung.

„Im Unternehmerkundengeschäft konnten wir hingegen unsere starke Position mit Beitragseinnahmen in Höhe von 276 Millionen Euro auf Vorjahresniveau bestätigen. Ebenfalls positiv stimmt mich der gesteigerte Jahresüberschuss mit einem Plus von neun Prozent und das Neugeschäft gegen laufenden Beitrag, das bei der Gothaer Lebensversicherung AG – entgegen dem Markttrend – um fast 15 Prozent zugelegt hat.“

Gothaer Kranken: Wachstumsmotor bKV

Die gebuchten Bruttobeiträge der Gothaer Krankenversicherung AG stiegen 2022 um 0,9 Prozent auf 917 Millionen Euro. Wesentlicher Treiber des Wachstums ist die starke Stellung im bKV-Geschäft, das um fast 22 Prozent zulegte.

Der Jahresüberschuss wuchs ebenfalls deutlich auf 19 Millionen Euro, was einem Zuwachs von über 23 Prozent entspricht. „Das deutliche Wachstum im Segment der betrieblichen Krankenversicherung spricht nicht nur für die Qualität unserer Produkte, sondern auch für unsere jahrelange Expertise und Erfahrung, die uns zu einem der führenden Anbieter in diesem Segment macht“, sagt Silvia Eichelberg, Vorstandsvorsitzende der Gothaer Krankenversicherung AG.

Gothaer Allgemeine: Rekordvertriebsergebnis

Die gebuchten Bruttobeiträge der Gothaer Allgemeine Versicherung AG lagen mit 2.157 Millionen Euro 6,7 Prozent über dem Niveau von 2021 und 2,7 Prozentpunkte über dem Markt. Stärkster Wachstumstreiber bei den Beitragseinnahmen war das Geschäft mit Unternehmerkunden, das um 13 Prozent wuchs.

Im Neugeschäft konnte ein Rekordergebnis von 94 Millionen Euro erzielt werden. Dies entspricht einem Plus von über 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Mit diesem starken Wachstum im Firmenkundengeschäft konnten wir unsere Position als führender Partner für den Mittelstand erneut weiter ausbauen. Der deutliche Zugewinn im Neugeschäft zeigt, dass wir die richtigen Angebote haben, um die Wünsche und Bedürfnisse unserer Kunden abzudecken“, sagt Thomas Bischof, Vorstandsvorsitzender der Gothaer Allgemeine Versicherung AG.

Nachhaltigkeit vorantreiben

Die Gothaer will das Thema Nachhaltigkeit weiter mit großer Entschiedenheit vorantreiben. „Die nachhaltige Transformation unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft ist die größte Menschheitsaufgabe, die wir in den kommenden drei Jahrzehnten zu bewältigen haben. Wir als Versicherer wollen unseren Beitrag dazu leisten und sowohl unseren eigenen als auch den CO2-Fußabdruck unserer Kunden reduzieren – sei es als Kapitalanleger, Risikoträger oder mit unserer Expertise und Beratungsleistungen für unsere Kunden“, erklärt Schoeller.

In der Kapitalanlage wird die Gothaer dafür jährlich 200 Millionen Euro für nachhaltige Impact Investments zur Verfügung stellen. Der CO2-Fußabdruck der Aktien- und Unternehmensanleihen sowie der Immobilieninvestments soll bis 2024 um 25 beziehungsweise 20 Prozent gesenkt werden. Zum gleichen Zeitpunkt werden in allen Produktlinien der Gothaer Nachhaltigkeitsbausteine integriert sein.

Die Marktführerschaft im Bereich der regenerativen Energien konnte 2022 weiter ausgebaut werden. „Schon heute versichern wir mehr als 26.000 Onshore Windenergieanlagen weltweit. In vielen europäischen Märkten haben wir eine Marktdurchdringung von über 30 Prozent. Diese starke Position bauen wir systematisch weiter aus und entwickeln neue Märkte“, ergänzte Bischof. Ein Beleg für das starke Engagement der Gothaer sei, dass erst kürzlich neue Windkraftwerke und Windparks in Norwegen, Italien, Chile, den USA und Israel sowie Anlagen zur Wasserstoffherstellung versichert worden seien. Auch der Eintritt in neue Marktsegmente wie Offshore Windenergieanlagen wird geprüft.

Mittelstand in der Transformation begleiten

Laut Bischof will die Gothaer aber nicht nur einer der führenden Versicherer und relativ zum Kapitalanlagevolumen gesehen einer der größten Kapitalanleger im Bereich Erneuerbare Energien sein, sie will auch den deutschen Mittelstand als eine ihrer Kernzielgruppen aktiv bei der nachhaltigen Transformation begleiten.

„Wir unterstützen den Mittelstand aktiv bei der Senkung seines Energieverbrauchs und bei der Umstellung auf erneuerbare Energien. Dafür bieten wir unseren Kunden über unsere Plattform www.econize.de Zugang zu einer umfassenden Energieberatung. Dies umfasst ein individuelles Energieaudit, Maßnahmen zur CO2-Reduktion sowie eine Kosten-Nutzen-Analyse“, so Bischof weiter. „Angesichts der ambitionierten Klimaziele der Bundesregierung und der drastisch gestiegenen Energiepreise steigt die Nachfrage nach diesem Angebot stark.“

KMU: Soziale Aspekte von Nachhaltigkeit rücken in den Fokus

Im Zuge des Fachkräftemangels wird Gothaerchef Schoeller zudem eine weitere Dimension der Nachhaltigkeit für Unternehmen immer relevanter. „Viele Arbeitgeber rücken den sozialen Aspekt der ESG-Kriterien in den Fokus ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten, um sich im Kampf um Talente zu behaupten. Dafür setzen sie immer stärker auf die betriebliche Krankenversicherung (bKV) und die betriebliche Altersvorsorge (bAV)“, erklärte Schoeller.

„Die Transformation der Arbeitgeber zum Vor- und Fürsorgedienstleister nimmt deutlich Fahrt auf. Dies bestätigen auch unsere Zahlen aus der bKV. Allein in den letzten beiden Jahren ist das Neugeschäft in der bKV bei uns um 162 Prozent gewachsen. Gleichzeitig nimmt der Anteil der arbeitgeberfinanzierten bKV deutlich zu und beträgt mittlerweile 44 Prozent“, ergänzt Eichelberg.

Eine ähnliche Entwicklung sieht Kurtenbach in der betrieblichen Altersvorsorge: Viele Berufstätige könnten nicht mehr Geld für das Alter zurücklegen. Die Inflation treibe die Entwicklung voran. Während die private Altersvorsorge aktuell unter den Folgen der hohen Inflation leidet, zeigt sich die bAV deutlich robuster. Das durchschnittliche Wachstum lag seit 2020 bei sechs Prozent. Den Anteil der bAV an den Gesamtumsätzen bezifferte Kurtenbach auf rund 34 Prozent. „Die bAV ist mit einem Anteil von einem Drittel an den Beitragseinnahmen im Geschäftsfeld Lebensversicherung äußert relevant geworden und wir sehen durchaus weitere Wachstumstendenzen“, so Kurtenbach.

Ebenfalls erfreulich sei, dass man über das Produktangebot auch zunehmend Impulse in Richtung Nachhaltigkeit setzen könne. „So entscheiden sich 79 Prozent unserer bAV-Kunden im Neugeschäft für nachhaltige Indizes“, sagt Kurtenbach.

Ausblick 2023 bleibt geprägt von Unsicherheit

„Das herausfordernde Umfeld aus dem vergangenen Jahr wird 2023 bestehen bleiben. Verwerfungen in den Energiekosten, in den Lieferketten und der Fachkräftemangel werden nachhaltige Wirkung auf die europäische Wettbewerbsfähigkeit haben“, ordnet Schoeller die wirtschaftliche Gesamtgemengelage ein.

Das Thema Nachhaltigkeit werde weiterhin ein hohes Momentum haben und bei der Gothaer weiter stark im Fokus stehen. Zwar bleibe das Umfeld in der Lebensversicherung anspruchsvoll und in der Sachversicherung werden sich die Inflationswirkungen in den Schadenaufwänden zunehmend bemerkbar machen, dennoch sehe der Konzern aufgrund der strategisch guten Positionierung, der operativen Agilität und der hohen Resilienz optimistisch auf das laufende Geschäftsjahr. Die ersten beiden Monate des Jahres 2023 sind nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden Oliver Schoeller sehr stark gestartet. Das gelte sowohl für die Leben – die Sach- und auch die private Krankenversicherung.

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