Die deutsche Wirtschaft dringt auf eine rasche Entlastung von Bürokratie und eine Modernisierung der Verwaltung. Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter 603 Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten sehen 87 Prozent die Digitalisierung von Staat und Verwaltung als vordringlichste Aufgabe für die nächste Bundesregierung. Zudem fordern 68 Prozent der befragten Unternehmen eine Reduzierung von Berichtspflichten, 63 Prozent betrachten die Einführung digitaler Identitäten als zentrale Maßnahme.
Verwaltungen brauchen einen Neustart
Vor diesem Hintergrund hat der Digitalverband Bitkom ein Positionspapier mit mehr als 40 konkreten Vorschlägen zum Abbau von Bürokratie und zur Digitalisierung der Verwaltung vorgelegt. „Obwohl jede Regierung verspricht, bürokratische Vorgaben zu reduzieren, werden es Jahr für Jahr mehr – unsere Verwaltungen brauchen einen Neustart“, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. „Investitionen in die Digitalisierung der Verwaltung und digitale Identitäten sind echte Zukunftsinvestitionen, von denen Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Wirtschaft profitieren.“
Das Konzept des Verbands unter dem Titel „Bürokratieentlastung: strukturell und nachhaltig“ setzt auf drei Kernbereiche: Erstens Bürokratie zurückzubauen, wo sie zu weit geht, zweitens Bürokratie gar nicht erst entstehen zu lassen und drittens eine serviceorientierte Verwaltung aufzubauen, die das notwendige Minimal-Maß an Bürokratie effizient umsetzt.
Dabei werden jeweils konkrete Vorschläge unterbreitet, wo die nächste Bundesregierung sofort ansetzen kann, etwa indem auf das sogenannte „Gold-Plating“ europäischer Regelungen verzichtet wird. Der Begriff bezeichnet ein in Deutschland häufiges Vorgehen, wonach Vorgaben der EU bei der Umsetzung in deutsches Recht übererfüllt oder erweitert werden, was regelmäßig mit zusätzlichem Aufwand für Unternehmen, Verwaltung und Bevölkerung einhergeht.
Vereinfachung und Digitalisierung
Konkret fordert Bitkom eine Vereinfachung und Digitalisierung der Beschaffung, etwa indem Aufträge bis 50.000 Euro über Online-Marktplätze abgewickelt oder Direktvergaben bis 100.000 Euro für Startups und innovative Unternehmen erleichtert werden. Auch Berichtspflichten sollen vereinheitlicht und mehrfach genutzte Daten zwischen Behörden weitergegeben werden.
Zusätzlich spricht sich der Verband dafür aus, Schriftformerfordernisse abzuschaffen und die digitale Kommunikation mit Behörden zum Standard zu erklären. Ein jährliches Bürokratieentlastungsgesetz könnte zudem einen kontinuierlichen Abbau von Vorschriften sicherstellen. „Beim Bürokratieabbau kann die nächste Bundesregierung sofort Erfolge erzielen, die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Es braucht nur den Willen und die Entschlossenheit, sie umzusetzen“, so Wintergerst.