Doch wieviel Schub benötigt die bKV aktuell bei den Kunden? „Aktuell benötigen wir in Beratungsgesprächen keinen allzu großen Push“, betont Birken. Letztlich hätten der demografische Wandel und der damit verbundene Fachkräftemangel für ein Umdenken im Markt gesorgt. Unternehmen müssten sich mehr als je zuvor Gedanken darüber machen, wie sie für Mitarbeitende attraktiv bleiben oder werden. „In den nächsten 15 Jahren erreichen rund 12,9 Millionen Erwerbspersonen das gesetzliche Rentenalter und die jüngere Generation wird die ältere zahlenmäßig nicht ersetzen können“, gibt Birken zu bedenken.
Nach Aussage von Fonds Finanz-Geschäftsführerin Christine Schönteich sind es derzeit insbesondere kleinere Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden, die ein starkes Interesse an der bKV zeigen. „Diese Tendenz ist vor allem ausgeprägt bei Firmen aus sozialen und gesundheitsnahen Branchen und wenn die Belegschaft vorwiegend aus Arbeitnehmern mit geringem Einkommen besteht“, sagt die Vertriebsexpertin. Generell ist das Interesse aber auch in anderen Branchen sehr hoch. Ein gezielter „Push“ durch den Vermittler sei daher in der Regel gar nicht nötig, bestätigt auch Schönteich.
Besonders Budgettarife kommen immer besser an. Nach Angaben von Assekurata-Geschäftsführer Will geht der Trend in der bKV eindeutig in diese Richtung. „Zahlreiche neue Tarife wurden 2023 eingeführt. Bis zum 1. Januar 2024 ist die Anzahl der bKV-Anbieter von zwölf auf mittlerweile 21 deutlich gestiegen“, sagt Will. „Budgettarife sind beliebt und ein wichtiger Erfolgsfaktor der bKV aufgrund ihrer einfachen Produktgestaltung. Sie ermöglichen eine schnelle Erlebbarkeit der Leistungen, was sowohl Unternehmen als auch Versicherten einen unmittelbaren Mehrwert bietet“, so Will weiter. Jedoch würden Budgettarife aufgrund ihrer begrenzten Budgethöhen manchmal an ihre Grenzen stoßen. „In solchen Fällen erweisen sich Bausteintarife, insbesondere im stationären Bereich, als beliebt, da sie finanzielle Lücken schließen, die ein Budgettarif allein nicht abdecken kann“, so Will weiter.
Die Kombination von Budget- und Bausteintarifen, wie einige Versicherer sie inzwischen anbieten, sei deshalb in vielen Fällen eine gute Lösung, bestätigt auch Georg Goedeckemeyer, Bereichsleiter Rating beim Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) in Altenstadt. So könne es etwa sinnvoll sein, einen Budget-Tarif mit einer Absicherung im Krankenhaus oder für Zahnersatz zu kombinieren, die nicht auf ein bestimmtes Budget limitiert ist, da hier hohe Kosten entstehen können, die über das vom Arbeitgeber gewählte Budget hinaus gehen.
Die Kölner Ratingagentur Assekurata hatte im Sommer 2023 die Wettbewerber auf dem lukrativen bKV-Markt genauer unter die Lupe genommen und erste Anzeichen für einen Preis-Leistungswettbewerb festgestellt. „Durch die fortgesetzten Produkteinführungen im Bereich der Budgettarife neigen die Anbieter dazu, sich sowohl in Bezug auf Leistungen als auch Preise zu übertreffen. Der Markt ist dadurch enger zusammengerückt, denn viele neu eingeführte Budgettarife bieten ähnliche Leistungspakete an“, erklärt Assekurata-Geschäftsführer Will. So hätten einige Anbieter versucht, Alleinstellungsmerkmale zu schaffen, wie zum Beispiel durch die Einführung eines Krankenhaustagegeldes bei Erkrankung eines Kindes, die Integration digitaler Gesundheitsanwendungen oder die Verdopplung des Budgets im Falle eines Unfalls.
Auf der Preisseite sieht die Rating-Agentur hingegen begrenztere Spielräume, da die günstigsten Angebote bereits am unteren Ende kalkuliert sind. „Ein weiterer genutzter Gestaltungsansatz besteht darin, einzelne Leistungen ohne sogenannte Sublimits aufzunehmen, wie zum Beispiel die Aufhebung absoluter Begrenzungen für Sehhilfen bis zur maximalen Budgethöhe. Darüber hinaus hat sich das maximal versicherbare Budget nach oben verschoben.
Lange Zeit lag die Grenze bei 1.500 Euro, mittlerweile können bis zu 1.700 Euro abgesichert werden“, so Will weiter. Fakt ist, dass die Zahl der bKV-Anbieter im Markt zunimmt. Und damit dürfte zwangsläufig auch der Wettbewerbsdruck steigen. Weil der Mark lukrativ ist. Rund zwei Millionen bKV-versicherten Arbeitnehmern stehen derzeit rund 44 Millionen nicht Versicherte gegenüber. Die Zahlen zeigen das Potenzial. Nach Angaben von Allianz-PKV-Vorstand Esser ist die bKV inzwischen zum dritten Standbein des Unternehmens geworden. Bei der Halleschen trägt die bKV mit rund 20 Prozent zum Gesamtumsatz bei.