Das Researchinstitut Empirica AG, Berlin, hat erstmals einen Blasenindex für Wohnimmobilien in Deutschland herausgegeben. Demnach gibt es Städte mit Vorwarnstufe, aber keine bundesweite akute Blasengefahr.
Seit einiger Zeit wird diskutiert, ob es am Wohnungsmarkt in Deutschland eine Preisblase gibt oder zumindest eine droht. Nicht jeder Preisanstieg berge die Gefahr einer Blase, so Empirica. Andererseits gebe es jedoch keine allgemein anerkannte Definition für eine Preisblase.
„Eine Preisblase erkennt man spätestens, wenn sie platzt, die Preise also drastisch einbrechen. Preise brechen ein, wenn die Nachfrage deutlich hinter dem Angebot zurück bleibt. Dazu muss entweder vorher das Angebot (stark) zunehmen oder die Nachfrage (plötzlich) einbrechen“, erläutert Empirica-Vorstand Dr. Reiner Braun. Eine übermäßige Angebotsausweitung am Wohnungsmarkt erkenne man an Fertigstellungen, die über den mittelfristigen Bedarf hinausgehen, einen Nachfrageeinbruch daran, dass zum herrschenden Preis kaum noch jemand kaufen wolle oder könne.
Eine Immobilienblase droht laut Empirica demnach wenn,
a) der „Normalverdiener“ sich die Immobilie nicht mehr leisten kann, weil
a1) die Kaufpreise schneller als die Mieten steigen
a2) die Kaufpreise schneller als die Einkommen steigen und
b) in spekulativer Erwartung immer mehr Wohnungen gebaut werden und
c) dazu immer mehr Kredite aufgenommen werden.
Diese vier Indikatoren (Vervielfältiger, Preis-Einkommens-Verhältnis, Fertigstellungen je Einwohner und Wohnungsbaukredite relativ zum BIP) gehen in den neuen Blasenindex von Empirica ein. So würden etwa neuere Eigentumswohnungen im bundesdeutschen Durchschnitt derzeit 4,6 Jahreseinkommen oder 24,9 Jahresmieten kosten. Pro tausend Einwohner wurden knapp drei Wohnungen errichtet und der Anteil neuer Wohnungsbaukredite am BIP liege bei 7,5 Prozent (ausstehende Kredite insgesamt 37 Prozent).
Wohnungen sind aktuell günstiger als 2004
Stellt man diese Werte laut Empirica zum Beispiel den Vergleichswerten des Jahres 2004 gegenüber – ein Jahr, in dem niemand eine Preisblase vermutet habe und der Markt eher leicht unterbewertet war –, dann seien Eigentumswohnungen heutzutage eher preiswerter (minus 0,3 Jahreseinkommen beziehungsweise minus 1,0 Jahresmieten), die Fertigstellungen weitaus geringer (minus 0,6 pro tausend Einwohner) und der Anteil der Wohnungsbaukredite am BIP nur geringfügig höher (plus 0,1 Prozent des BIP). Eine bundesweite Preisblase lasse sich damit nicht attestieren.
Die regionale Marktbreite ist entscheidend
Auch wenn bundesweit Entwarnung gegeben werden könne, gibt es laut Empirica regionale Märkte, auf denen eine Preisblase droht. Regionale Preisblasen seien volkswirtschaftlich unproblematisch. Sie könnten jedoch gefährlich werden, wenn viele regionale Märkte betroffen sind. Deswegen werden nach Angaben von Empirica die vorgestellten Einzelindikatoren Mietvervielfältiger, Preis-Einkommens-Verhältnis und Fertigstellungen je tausend Einwohner sowie ein regionaler Blasenindex zunächst für jeden Landkreis beziehungsweise jede kreisfreie Stadt in berechnet.
Anschließend werde für diese vier Indikatoren in jedem Kreis eine Warnstufe ermittelt: Dazu werde geprüft, ob die Indikatoren deutlich über (Vorwarnung) oder unter (Entwarnung) dem 2004er-Wert liegen. Zusammen mit dem Einzelindex „Wohnungsbaukredite“, der nur auf Bundesebene vorliege, lassen sich laut Empirica dann vier bundesweite Einzelindices konstruieren, die angeben, um wieviel Prozentpunkte der Anteil Kreise mit Vorwarnung über (oder unter) dem Anteil Kreise mit Entwarnung liegt.
Jeder Einzelindex könne damit Werte zwischen plus 100 Prozent und minus 100 Prozent annehmen. Ein bundesweiter Gesamtindex ergebe sich dann als Mittelwert dieser vier Einzelindices. Dieser Gesamtindex kann laut Empirica als Marktbreite der Blasengefahr interpretiert werden. Je größer der Wert, desto mehr Landkreise oder kreisfreie Städte gebe es, für die vor einer drohenden Blasengefahr gewarnt werden muss.
Derzeit sieht Empirica in Hamburg, Düsseldorf und München eine hohe Vorwarnstufe bei den beiden Indikatoren Vervielfältiger und Preis-Einkommen-Relation (siehe Tabelle unten). Eine hohe Blasengefahr bestehe jedoch in der Gesamtwertung in keiner der analysierten Metropolen. (bk)
Quelle Tabelle: Empirica AG; Foto: Shutterstock