Trendwende am Anleihenmarkt, Höhenflug am Aktienmarkt – die Anleger erwarten bald sinkende Zinsen. Seit Juli 2023 steht der Zinssatz der Fed nun bei 5,25 bis 5,50 Prozent. Und auch die EZB hat bis September im letzten Jahr den Leitzins auf bis zu 4,5 Prozent nach oben getrieben. Der Grund, eine massive Inflation, die seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs speziell die Sektoren Energie und Nahrungsmittel befallen hatte, galt es, wieder einzufangen. Da dies weit schwerer war und immer noch ist – gegenwärtig liegt die Teuerungsrater in der Eurozone bei 2,8 Prozent und in den USA bei 3,1 Prozent, dürften die Rufe vieler Marktteilnehmer nach ersten Zinssenkungen in 2024 vermutlich ungehört bei den Notenbankern verhallen. Umso mehr, da wir in ein Superwahljahr gestartet sind und zumindest angesichts der Wahl zur US-Präsidentschaft im November ab Mitte des Jahres die Notenbank auf jeden Fall die Füße stillhalten dürfte, um nicht Partei zu ergreifen. Umgerechnet auf das Welt-BIP werden in diesem Jahr die Vertreter von rund 50 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung an die Wahlurnen gerufen. Besonders die Europa-Wahl, aber eben auch die Wahlen in den USA könnten einen größeren und vor allem nachhaltigen Einfluss auf die Märkte haben. Wie diese aussehen könnten, bleibt zunächst abzuwarten, bis klar ist, wer das Rennen um das Weiße Haus gewinnt. Einige Marktbeobachter sprechen bereits ketzerisch vom Zweikampf zwischen einem kriminellen Herausforderer und einem greisen Amtsinhaber. Eines ist laut des Pullacher Vermögensverwalters DJE klar: „Wenn heute gewählt würde, dann würde Donald Trump gewinnen. Er dürfte Zölle auf asiatische und europäische Produkte erhöhen (Trump sieht im Gegensatz zu Biden andere Länder mehr als wirtschaftliche Wettbewerber). Die NAFTA-Staaten dürften dagegen bei Zöllen außen vor bleiben.“ Ob es so kommt, werden wir erst in etwa neun Monaten wissen.
Bis dahin gibt es noch einige Unsicherheiten im Markt, die es als Anleger zu berücksichtigen gilt. Laut Eyb & Wallwitz bestätigen die Januardaten das Bild, dass der Disinflationstrend in den USA nur langsam läuft und der Weg zum Zwei-Prozent-Ziel der Fed steinig ist und von Rückschlägen geprägt bleibt. Der laut Arbeitsmarktbericht zuletzt überraschend starke Lohnkostenanstieg dürfte zwar nur zu einem geringen Teil auf die Preise durchgeschlagen haben. Zusammen mit den jüngsten Konjunkturdaten sprächen die CPI-Daten aber dafür, dass die Fed hinsichtlich des Beginns und des Ausmaßes von Lockerungen vorsichtig und hinter den Markterwartungen bleibe. „Die zu Jahresbeginn noch aggressiven Zinssenkungsspekulationen haben bereits deutlich korrigiert, und dieser Prozess könnte sich noch etwas fortsetzen. Denn wenig spricht derzeit dafür, dass die FED vor Jahresmitte den Rückwärtsgang einlegen wird. Gleichzeitig sprechen vorwärtsgerichtete Umfragen unter Unternehmen und Haushalten zum Preisdruck und den Preiserwartungen, aber auch gegen einen nachhaltigen Wiederanstieg der Teuerung. Auch weisen die Januardaten zur Inflation traditionell eine höhere Volatilität auf und sollten mit etwas Vorsicht interpretiert werden. Für Wirtschaft und Anleger gilt mit Blick auf Inflation und Zinsen bis auf Weiteres: Geduldig bleiben“, Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz.
Und welche Entwicklung ist an den Aktien- und Anleihemärkten zu erwarten? Aus Sicht von DJE bieten Aktien von Unternehmen Chancen, deren Geschäftsmodell weitgehend konjunkturunabhängig ist. Sondersituation wie Künstliche Intelligenz (KI) sollten auch im Jahr 2024 Rückenwind haben: die Amerikaner leben von der genuinen Digitaltransformation, d.h. die Top-Technologieunternehmen werden auch 2024 massiv in KI investieren. Der Fokus auf große Werte (Indexschwergewichte) erscheint laut DJE auch 2024 sinnvoll: Diese dürften sich – auch aufgrund ihrer teils immensen Burggräben – 2024 gut halten, sofern die Konjunktur nicht einbricht. Grundsätzlich favorisiert DJE ein insgesamt defensiv ausgerichtetes Portfolio mit Fokus auf Sondersituation im Aktienbereich. Ein massiver Einbruch an den Märkten sei allerdings derzeit nicht zu erwarten.
Im Bereich der Anleihen sehen die Pullacher Anleihen ab Investmentgrade mit mittlerer Laufzeit und auch ausgewählte Staatsanleihen sowie ausgewählte EM-Bonds (auch in Lokalwährung, beispielsweise Mexiko) als chancenreich an. Grundsätzlich betonen sie aber auch, dass das Zinsniveau für eine stärkere Durationsverlängerung am längeren Ende nicht attraktiv genug. Die Ertragserwartungen von Aktien sieht Eyb & Wallwitz bei acht bis neun Prozent, jene von Anleihen bei drei bis fünf Prozent. Bis zum Redaktionsschluss hielt die Rallye an den Märkten an, die zunächst von den glorreichen Sieben Tesla,
Meta, Alphabet, Amazon, Apple, Microsoft und Nvidia aus dem Technologiesektor getragen wurde. „Die glorreichen Sieben werden weiter Wachstumstreiber bleiben. In einer schwierigen Konjunkturphase, die von Volatilität und geopolitischen Unsicherheiten geprägt ist, stellt nachhaltiges Wachstum ein knappes Gut dar. Die enormen Gewinne sind ein weiteres Zeichen für die Robustheit und Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle. Vor diesem Hintergrund ist die auch auf den ersten Blick hohe Bewertung zu relativieren In näherer Zukunft gibt es vermutlich einfach keine Herausforderer, die mit einer solchen Marktmacht mithalten können, und das dürfte sich auch im Aktienkurs widerspiegeln“, sagt Dr. Ernst Konrad, Geschäftsführer und Lead Portfoliomanager bei Eyb & Wallwitz.
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