Lewis Grant, Senior Portfolio Manager für globale Aktien bei Federated Hermes Limited:
„Mit der zunehmenden Veröffentlichung von Unternehmenszahlen verflüchtigen sich die makroökonomischen und geopolitischen Unsicherheiten – und die Fundamentaldaten der Unternehmen bestimmen zunehmend den Markt. Vor allem in der Technologiebranche sehen wir stärkere Marktreaktionen, da die Unternehmen nun beginnen, die Früchte früherer Kosteneffizienz zu ernten. Die Rally der Mega-Caps im Technologiesektor zu Beginn der Berichtssaison führt dazu, dass viele dieser Unternehmen zu hohen Bewertungen gehandelt werden. Und bisher wurde ein Großteil des spekulativen Optimismus belohnt. Die Anleger setzen hohe Erwartungen in diese Unternehmen, und da das Wirtschaftswachstum stagniert, müssen die Unternehmen andere Wege finden, um ihre Erwartungen zu erfüllen. Wachstum gibt es nicht zum Nulltarif, und wir erwarten, dass Unternehmen, die ihre Kosten frühzeitig gesenkt haben, diese Effizienzgewinne entweder in Kosten- oder in Investitions-Wettbewerbsfähigkeit umwandeln.
Die Stimmung unter den Anlegern ist nach wie vor genauso fragil wie die Weltwirtschaft, und die Berichtssaison bietet den dringend benötigten Einblick in die allgemeine Verfassung der Unternehmen. Wir sehen weiterhin Chancen in qualitativ hochwertigen Titeln und schenken jenen Unternehmen besondere Aufmerksamkeit, die ihre Geschäftstätigkeit neu ausgerichtet haben, um ihre Widerstandsfähigkeit angesichts dieser Unsicherheit zu erhöhen.“
Silvia Dall Angelo, Senior Economist bei Federated Hermes Limited:
„Die US-Wirtschaftsdaten fielen diese Woche allgemein schwächer aus, was darauf hindeutet, dass sich die Auswirkungen der vergangenen geldpolitischen Straffung allmählich auf die Realwirtschaft ausbreiten, während die jüngste Stresssituation im Bankensektor wahrscheinlich auf die Stimmung gedrückt hat. Insgesamt rechnen wir damit, dass die Fed den Leitzins in der nächsten Woche um 25 Basispunkte auf 5-5,25 Prozent anheben wird, was den allgemeinen Erwartungen entspricht. Da die Sorge um die Finanzstabilität nun im Vordergrund steht, wird die Fed nach ihrem Schritt im Mai wahrscheinlich eine Pause einlegen. Dies würde es der Fed auch ermöglichen, die Auswirkungen der geldpolitischen Straffung auf die Realwirtschaft zu bewerten, was angesichts der typischen Verzögerungen im Umsetzungsmechanismus ungefähr zu diesem Zeitpunkt aussagekräftiger werden dürfte. Da der angespannte Arbeitsmarkt jedoch nach wie vor für Inflationsdruck sorgt, wird die Fed wahrscheinlich länger an ihrem Höchstsatz festhalten, als die Finanzmärkte derzeit erwarten.
Die europäischen Wirtschaftsdaten sind in letzter Zeit solide geblieben, was die EZB in ihrer Entschlossenheit bestärkt hat, die Inflation zu bekämpfen – sie wird ihren Straffungszyklus in der nächsten Woche fortsetzen und dabei wahrscheinlich einen hawkishen Ton beibehalten. Die jüngsten Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Auswirkungen der jüngsten Spannungen an den Finanzmärkten auf die Wirtschaftstätigkeit bislang in Grenzen gehalten haben. In der Tat signalisierten die PMI-Blitzumfragen für die Eurozone im April eine anhaltende Verbesserung, insbesondere im Dienstleistungssektor, was darauf hindeutet, dass die Binnennachfrage stark geblieben ist. Dies wurde auch durch die Umfrage des deutschen ifo-Instituts bestätigt, die im April ebenfalls etwas besser ausfiel als erwartet.
Die EZB wird die Zinssätze in der nächsten Woche wahrscheinlich um 25 oder 50 Basispunkte anheben, je nach den anstehenden Informationen über die Inflation und die Kreditkonditionen. Die EZB befindet sich nun in einem Dilemma zwischen Preisstabilität und Finanzstabilität. Inflationserwägungen stehen nach wie vor im Vordergrund, da die Lohninflation tendenziell gestiegen ist (über fünf Prozent im vierten Quartal 2022) und die Lohnverhandlungen auf zusätzlichen kurzfristigen Druck hindeuten (der öffentliche Sektor in Deutschland hat kürzlich einen hohen Lohnabschluss erzielt). Da der derzeitige Zinserhöhungszyklus jedoch der schnellste in der Geschichte der EZB ist, spricht vieles dafür, das Tempo der Straffung zu verlangsamen, um ihre Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Realwirtschaft zu bewerten. Das Risiko eines schweren Fehlschlags an den Finanzmärkten, der die reibungslose Umsetzung der Geldpolitik beeinträchtigt, hat sich in der Tat deutlich erhöht, da sich die monetären Bedingungen abrupt von extrem akkommodierend zu eher restriktiv verändert haben.
In unserem Basisszenario befindet sich die EZB nahe an ihrem Höchststand. Allerdings würde das Wiederauftreten von Stress an den Finanzmärkten die Pläne der EZB zur Straffung der Zinssätze und der Bilanz durchkreuzen.“
Die hier vertretenen Ansichten und Meinungen sind die des Verfassers. Sie decken sich nicht zwangsläufig mit den in anderen Mitteilungen ausgedrückten oder wiedergegebenen Ansichten. Diese Mitteilung ist weder eine Aufforderung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf der darin erwähnten Wertpapiere oder Finanzinstrumente.