Die internationalen Märkte für Gewerbeimmobilien haben die Talsohle nach dem massiven Absturz größtenteils erreicht. Dennoch bleibt die Lage angespannt.
Text: Hannes Breustedt
Der freie Fall ist gestoppt. Nach dem dramatischen konjunkturellen Einbruch im Zuge von Subprime-Krise und Lehman-Kollaps berappelt sich die Weltwirtschaft so langsam wieder. Seit März mehren sich die Anzeichen einer Erholung. Deutschland, Frankreich und Japan haben moderate BIP-Anstiege verzeichnet. Das macht Hoffnung, wenngleich der Mini-Aufschwung noch auf wackligen Beinen steht. Auch die USA dürften im dritten Quartal dank Konjunkturprogramm und Nettoausfuhren wieder die Wachstumszone erreicht haben.
Zwischen Hoffen und Bangen
Der mutmaßliche Weltretter China wächst ebenfalls weiter – und zwar kräftig. Allerdings hat das Land seiner Wirtschaft nicht nur eine gigantische 4.000-Milliarden-Yuan-Konjunkturspritze (entspricht etwa 458 Milliarden Euro) verabreicht, sondern in den ersten sechs Monaten 2009 auch die Kreditvergabe gegenüber dem Vorjahr verdreifacht. Konsequenz: Der treibenden Kraft auf den Rohstoffmärkten droht eine Kreditfäule. Zudem zeigt der Finanzsektor Überhitzungstendenzen, obwohl er für ausländische Investoren immer noch schwer zugänglich ist. Es bleibt also ungewiss, wie nachhaltig die globale wirtschaftliche Erholung ausfällt.
Die Entwicklungen auf den Märkten für kommerzielle Immobilien – Hotels, Büros, Industrie- oder Einzelhandelsflächen – laufen den konjunkturellen Schwankungen in der Regel zeitversetzt nach. Allerdings führte die Finanzkrise in vielen Ländern schlagartig zu einer Schockstarre. Das muss jedoch nicht heißen, dass die Transaktionen auch in gleichem Tempo wie die anziehende Konjunktur wieder steigen.
Die weltweiten Investitionen in Gewerbeimmobilien sind im ersten Halbjahr 2009 um 45 Prozent auf 76 Milliarden US-Dollar abgestürzt, wie die aktuellen Daten des internationalen Immobilienberaters Jones Lang LaSalle (JLL) mit Hauptsitz in Chicago/USA zeigen. Bereits in den ersten zwei Quartalen 2008 war das Volumen im Vergleich zum Vorjahr um 41 Prozent geschrumpft. Die Fundamentaldaten sind nach wie vor überwiegend kritisch und auch die Kreditvergabe verläuft weiter schleppend. Trotzdem gibt es einige Märkte, bei denen die Zeichen auf Erholung stehen. Dazu zählen Teile Europas sowie Asien und Australien. Experten befürchten allerdings, dass den USA das Schlimmste noch bevorsteht.
USA: Krisenherd schwelt weiter
Tatsächlich stellt sich die Lage kritisch dar. Während sich der Subprime-geschädigte Häusermarkt langsam wieder fängt, nehmen die Probleme im Gewerbeimmobiliensektor zu: Der Verlust an Arbeitsplätzen drückt den Bedarf an Büros, der sinkende Konsum die Nachfrage nach Einzelhandelsflächen und die lahmende Konjunktur belastet das Segment der Industrieimmobilien. Im US-Gesamtmarkt für Gewerbeobjekte ist der Umsatz in der ersten Jahreshälfte im Zwölf-Monats-Vergleich laut JLL um 80 Prozent auf 16 Milliarden US-Dollar gefallen. Zum Vergleich: In den ersten sechs Monaten 2007 wurden noch Zuflüsse in Höhe von 231,4 Milliarden US-Dollar verzeichnet.
Beunruhigender als der Status quo ist derzeit jedoch, dass auch der Ausblick kaum Optimismus zulässt. JLL-Capital-Markets-Präsident Kenneth Rudy glaubt, dass frühestens Mitte 2010 wieder etwas Bewegung in den Markt kommen wird. Die Nachfrage nach Büroimmobilien werde nicht vor 2012 anziehen, da sie der konjunkturellen Erholung besonders hinterher hänge.
Belebung nicht vor Mitte 2010
Vorher droht jedoch weitere Unbill: Denn es könnte sein, dass die unter anderem von der Überschuldung der US-Eigenheimer ausgelöste Krise den etwa ein Drittel des gesamten Immobilienmarkts ausmachenden Gewerbesektor noch gar nicht mit voller Wucht erwischt hat. Die Marktforscher und Immobilienberater von Grubb & Ellis aus San Diego im sonnigen Kalifornien zeichnen ein düsteres Szenario. Danach könnten zum Jahresende mehr Büros in den USA leer stehen als jemals zuvor. Schießt der Leerstand durch die Decke, sinken die Werte der Objekte rapide. Bereits im Juli waren die Ausfallraten für strukturierte Wertpapiere, die mit gewerblichen Immobilienkrediten, sogenannten Commercial Backed Securities, kurz CMBS, hinterlegt sind, sechsmal so hoch wie im Vorjahr. Vom Gewerbeimmobilienmarkt der USA geht eine große Rückschlagsgefahr für den Banken- und Finanzsektor aus.