Die Immobilienpreise sind seit Monaten im Sinkflug. Ist eine Blase geplatzt oder handelt es sich nur um eine herkömmliche Preiskorrektur?
Pawils: Unbestritten ist, dass die Preise in vielen Segmenten spürbar zurückgegangen sind. Das ist eine normale Marktreaktion auf die gestiegenen Zinsen. Durch die lange Niedrigzinsphase haben wir einfach unheimlich hohe Immobilienpreise erlebt, die aber wegen der niedrigen Zinsen eben auch darstellbar waren. Seit Anfang 2022 haben sich die Zinsen jetzt quasi vervierfacht. Dementsprechend muss auch eine Preiskorrektur stattfinden, weil vor allem Wohnungsmieten nicht unendlich steigen können und wir ein neues Gleichgewicht aus Baukosten, Mieten und Erlösen benötigen. Das ändert aber nichts daran, dass es viel zu wenig Wohnungen gibt und viel zu wenige neu gebaut werden.
Betrifft das auch das Spezialgebiet von Carestone, also real geteilte Pflegeimmobilien?
Pawils: Auch hier übersteigt der Bedarf schon jetzt das Angebot und diese Schere wird sich weiter öffnen. Es ist gesellschaftlich also schlicht unausweichlich, dass gebaut wird. Natürlich gibt es auch in unserem Segment Druck auf die Preise, aber der Markt funktioniert anders als der klassische Wohnungsmarkt, ist von der Demographie getrieben, teilweise staatlich reguliert und deutlich resilienter. Pflegeimmobilien haben in der Regel einen langfristigen, indexierten Mietvertrag mit einem Betreiber. Zudem ist es den Einrichtungen in den letzten Monaten gelungen, die Investitionskostenzuschüsse angemessen zu erhöhen. Zweifellos hatten die Betreiber in den letzten Jahren einige Herausforderungen wie Corona, aber auch Energiepreissteigerung und hohe Inflation. Wir arbeiten konkret mit einem Kreis von 20 bis 30 Betreibern von Pflegeheimen zusammen, die erfolgreich sind, die Situation in den vergangenen Monaten sehr gut gemeistert haben und wirtschaftlich gut aufgestellt sind. Ganz entscheidend für die Gesellschaft insgesamt und unsere Branche im Speziellen ist in diesem Zusammenhang: Der Pflegewohnraum wird demographiebedingt nach wie vor gebraucht.
Wie sieht es bei Gewerbeimmobilien aus?
Mückenheim: Mit Blick auf das Transaktionsvolumen war 2023 keine Sternstunde für Gewerbeimmobilien. Zuletzt haben aber wieder vermehrt Transaktionen stattgefunden. Das gibt Hoffnung, dass in den meisten Bereichen eine Bodenbildung erfolgt. Wobei der alleinige Blick auf das Transaktionsvolumen eh nicht reicht. Viel entscheidender als das Volumen der im Gewerbebereich realisierten Immobiliendeals ist aus Sicht eines Produktanbieters die Performance der jeweiligen Branche oder Nutzungsart. Und hier hellt sich der Blick dann recht schnell auf, da beispielsweise Nahversorger wie Edeka, Rewe & Co. weiterhin wirtschaftlich gut dastehen, auch wenn insgesamt der Konjunkturmotor etwas ins Stottern geraten ist. In diesem speziellen Beispiel sehen wir die geringe Transaktionsdynamik sogar als Vorteil für uns an. Da nur wenige Deals umsetzbar sind, kommen uns die Preise entgegen – wenn auch immer noch auf recht hohem Niveau. Aber es ist Bewegung im Markt und uns werden vermehrt auch gute Immobilien in der Preisrange 14- bis 16-fach angeboten. Übrigens nicht nur im Bereich Nahversorgung, sondern auch in der Hotellerie, einem weiteren Fokusfeld von Dr. Peters. Der Hotelmarkt punktet mit einer hohen Resilienz und wieder stark gestiegenen Auslastungszahlen. So verzeichneten die hiesigen Beherbergungsbetriebe im vergangenen Jahr 450,8 Millionen Gästeübernachtungen – ein Plus von 45,3 Prozent gegenüber 2021. Diese sehr positive Tendenz schreibt sich auch in diesem Jahr fort. Insgesamt verzeichnet die Dehoga im ersten Halbjahr 2023 über 200 Millionen Übernachtungen. Damit betrug der Abstand selbst zum Rekordjahr 2019 nur noch etwa 1,7 Prozent. In der Einzelbetrachtung der inländischen Gäste konnte sogar eine Steigerung von 0,5 Prozent gegenüber dem Rekordwert aus 2019 verzeichnet werden. Das bietet gute Chancen – vor allem für langfristig orientierte Investoren wie uns.
Klein: Eine Preisblase ist nicht geplatzt. Denn eine Preisblase gab es in Deutschland nicht. Eine Preiskorrektur findet statt. Schwierig ist es hauptsächlich für die Entwickler, weil das Businessmodell mit einer vielleicht vor zwei oder drei Jahren gekauften Immobilie heute nicht mehr aufgehen kann. Da kann man rechnen, wie man will, es funktioniert nicht. Und da bin ich auch gespannt auf die erwähnten Preiskorrekturen. Es gehen schließlich alle davon aus: Die Preise müssen zurück. Aber irgendeiner bezahlt ja den Preis. Ja, die Preise müssen runter, damit es zu den Zinsen passt, aber irgendeiner muss dann in den sauren Apfel beißen und zu stark verminderten Preisen verkaufen. Und da bin ich mal gespannt, wer sich das leisten kann. Bisher sehe ich da wenig.
Wie sieht es konkret in Ihren Assetklassen aus?
Klein: Bei Bestands-Gewerbeimmobilien, also Büros, Einzelhandel und ähnliches, sieht es etwas anders aus. Wir sind jetzt genau in der Situation, wo wir einkaufen wollen. Es ist jetzt ein absoluter Käufermarkt, und die Preise sind jetzt auf einem Niveau, auf dem man anständig Produkte entwerfen kann. Wir werden ein Value-Add-Gewerbeimmobilienprodukt bringen im Bereich Bestandsimmobilien. Die zweistelligen Renditen auf Objektebene, die wir brauchen, um eine vernünftige Auszahlung leisten zu können, sind da durchaus zu erwarten. Das sieht sehr, sehr gut aus. Manchmal muss man halt zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, und ich gehe ich davon aus, dass das bei uns im Moment der Fall ist.
Wie ist es bei Bestands-Wohnimmobilien?
Grundler: Den Ausdruck „Blase“ halte ich für völlig falsch, selbst wenn auch die Bundesbank mal davon gesprochen hat. Wir haben in Deutschland noch nie einen spekulativen Wohnimmobilienmarkt gehabt. Wir haben und hatten kein strukturelles Problem im Wohnimmobilienmarkt, keinen Leerstand. Wir haben im Gegensatz zu dem, was ursprünglich kalkuliert wurde, sogar eine positive Demografie. Wir haben vielmehr eine klare Bewertung gehabt, die mit dem Renditevergleich zu Wettbewerbsanlagen im verzinslichen Bereich zu tun hatte. Jetzt gibt es eine massive Preisreduzierung. Sie ist in Wirklichkeit noch dramatischer, als in der Presse steht. Das liegt aber nicht an einer Blase, sondern an den beispiellos schnell gestiegenen Zinsen.
Wie wirkt sich das auf Ihr Geschäft aus?
Grundler: Im Augenblick kann man als Einkäufer extrem optimistisch sein. Wir kaufen zu Superpreisen ein. Ich habe ein wenig ein Déjà-vu von vor 16 oder 17 Jahren, als wir für unsere ersten Fonds eingekauft haben und mit den Objekten dann zweistellige Renditen erzielt haben. Schon jetzt fehlen in Deutschland 700.000 Wohnungen. Nächstes Jahr werden wahrscheinlich nur 200.000 fertiggestellt, 2025 werden es auch nicht mehr werden. Die Mieten werden massiv steigen, auch wegen der hohen Lohnabschlüsse im Moment. Die Mieter werden sich die Mieterhöhungen also auch leisten können und bezogen auf das Haushaltseinkommen werden sie in zwei oder drei Jahren nicht mehr ausgeben als heute, aber nominal erheblich mehr zahlen. Im Verkauf werden wir allerdings warten müssen, bis die gestiegenen Mieten die gesunkenen Multiplikatoren wieder ausgeglichen haben und wir wieder die ursprünglichen Preise sehen.