Branchengipfel Sachwertanlagen / Panel 3: „Mehr Power reingeben“

Sabine Spohr
Foto: Florian Sonntag
Sabine Spohr (Hep) beim Cash. Branchengipfel

Im Vertriebspanel diskutierten die Branchenexperten über die aktuelle Zinssituation, die ESG-Abfragepflicht und die Potenziale von KI-Systemen für die Sachwertebranche.

Wie ist die generelle Situation im Vertrieb, was das Neugeschäft betrifft, gerade unter dem Gesichtspunkt der Zinssituation?

Pawils: Das Zinsumfeld ist ein wesentlicher Faktor in unserem Geschäft und hat sich in den letzten anderthalb Jahren natürlich rasant verändert und die Geschwindigkeit im Vertrieb gedämpft. Klar ist auch, dass der Immobilienmarkt deutlich anspruchsvoller und zu einem Käufermarkt geworden ist. Invest-Konzepte müssen absolut smart sein, um Kunden zu überzeugen. Dank unseres ausbalancierten Portfolios aus Bestands- und Neubauten, bei denen unsere Investoren von KfW-Förderung profitieren und Konditionen wie vor der Zinswende vorfinden, können wir das auch bedienen.

Auel: Wir sind auf dem besten Weg, 2023 das Platzierungsergebnis im achten Jahr in Folge zu steigern. Mit unserem Flaggschifffonds „RWB International 8“ haben wir rund acht Monate vor Platzierungsende bereits mehr Kapital eingesammelt als mit dem Vorgängerfonds insgesamt. Damit sind wir in einem Jahr wie 2023 hoch zufrieden. Denn nichtsdestotrotz haben wir gespürt, dass Anleger aufgrund von Inflation, Kriegen und Krisen zurückhaltender agiert haben. Die Ratensparpläne etwa sind bei uns etwas zurückgegangen, dementgegen sind die Einmalanlagen gestiegen.

Klein: Ich muss gestehen, dass ich das Marktumfeld noch nie so schwierig kennengelernt habe, auch wenn wir mal 10 bis 15 Jahre zurückblicken. Als wir bei einem ähnlichen Zinsniveau waren, war es trotzdem nicht so problematisch wie im Moment. Die Sonne scheint nicht. Das ist schon schwierig, und man muss das Sachwertthema – den Inflationsschutz, die Diversifikation im Portfolio – jetzt viel genauer erklären. Es ist viel beratungsintensiver, ein Produkt zu verkaufen, als früher. Das wird sicherlich auch noch ein gutes Jahr so weitergehen. Wir gehen davon aus, dass mit dem Jahreswechsel nicht auf einmal alles wieder in Ordnung ist, sondern Themen wie Rezession in den USA und in Deutschland auf uns zukommen. Das verursacht mir hier und da schon mal schlaflose Nächte.

Mückenheim: Die aktuell größte Herausforderung im Retail-Geschäft besteht darin, qualitativ hochwertige Immobilien zu Preisen anzubinden, die es ermöglichen, attraktiv verzinste Investmentlösungen zu konzipieren. Wobei wir hier insbesondere bei Bestandsimmobilien Bewegung sehen. Vertrieblich sind wir mit dem Jahresverlauf sehr zufrieden. Über alle Produkte hinweg haben wir bislang ein Platzierungsvolumen von gut 35 Millionen Euro realisiert – und 2023 ist noch nicht zu Ende. Zugleich merken aber auch wir, dass die Risikoaversität zugenommen hat. Jetzt braucht es gute Argumente und Überzeugungskraft, damit der vorgesehene Jahresendspurt gelingt.

Thies: Bei uns läuft es auch ganz gut, wir sind sehr zufrieden. Ich bin überzeugt, dass der gestiegene Zins noch nicht flächendeckend bei allen Kunden angekommen ist. Ich weiß nicht, ob jeder Anleger bereits über vier Prozent auf dem Tagesgeldkonto kriegt. Aber sicher ist unsere größte Konkurrenz der gestiegene Zins. Wir haben sozusagen einen neuen Mitbewerber. Aber gute und anlegerorientierte Investitionskonzepte wie unsere ProReal-Serie sind weiterhin gefragt. Was wir merken, ist, dass definitiv die Entscheidungsgeschwindigkeit gehemmt ist. Aufgrund einiger Hiobsbotschaften aus dem Immobilienmarkt ist die Risikoaversion gestiegen. Aber es gibt immer noch genug Menschen und Vermögensberater, die mit sinnvollen Assets weiter diversifizieren und die Chancen im aktuellen Marktumfeld erkennen.

Spohr: Wir platzieren immer noch sehr gut, aber wir merken schon einen spürbaren Rückgang. Jetzt ist die Frage: Liegt es an den Vertrieblern oder an den Privatkunden? Man muss tatsächlich was tun, um die Produkte an den Privatanleger zu bekommen. Es ist nicht mehr so, dass sie Schlange stehen, sondern sie hinterfragen, wo sie ihr Geld in diesem Zinsumfeld parken. Da muss man als Vertriebler ein bisschen mehr aktiv werden, mehr erklären, mehr Power reingeben. Das ist sicherlich ein neues Umfeld.

Busboom: Die Welt ist nicht einfach. Die Gesamtgemengelage durch gestiegene Zinsen für risikolosen Zins, weltpolitische Themen, Krisen, die zur Genüge da sind, das macht was mit den Menschen, das macht ja mit jedem was. Das führt natürlich zu Verunsicherung und Zurückhaltung. Wir sind in unserem Segment mit den erneuerbaren Energien nicht ganz so gebeutelt wie die Immobilienwelt, haben deswegen auch ein sehr gutes erstes Halbjahr gehabt, besser als in 24 Jahren Unternehmensgeschichte zuvor. Tatsächlich merken wir aber nach der Sommerpause, dass es sehr schleppend weitergeht. Wir sind wieder bei monatlichen Zeichnungssummen angekommen, die so vor zwei Jahren noch üblich bei uns waren. Das ist natürlich Klagen auf hohem Niveau. Aber trotzdem merken wir im Vertrieb einen großen Unterschied zwischen dem ersten Halbjahr und dem zweiten.

Harbig: Das stimmt, der richtige Drive kommt nach der Sommerpause noch nicht wieder. Der Grund dafür ist gar nicht der eine Punkt, die hohen Zinsen, der Krieg in Israel, die Ukraine, sondern es sind diese ganze Faktoren, die zusammen in einen Topf kommen. Und die führen zu einer hohen Unsicherheit auf der Anlegerseite, aber vor allen Dingen auf der Vermittlerseite. Früher war das Verkaufsgespräch relativ einfach. Jetzt müssen wir die Vermittler wieder dahin bringen, besser herauszuarbeiten, welchen Vorteil ein Sachwert hat.

Grundler: Wir haben ordentlich platziert, aber im Vergleich zum letzten Jahr, welches ein herausragendes Rekordjahr war, natürlich aufgrund des Marktumfeldes deutlich weniger. Im kommenden Kalenderjahr werden wir sicherlich wieder deutlich mehr als 2023 platzieren, zumal wir dann ein sehr gut zusammengestelltes Ankaufsportfolio aufzeigen können. Man muss den Leuten Zeit geben, sich zu resetten – sowohl Kunden als auch Vermittlern, wobei ich bei einigen Vermittlern überrascht bin, wo man da anfangen muss. Da muss man auch auf wirtschaftliche Zusammenhänge hinweisen. Viele verkaufen lieber mit Coupon. Da steht fünf Prozent drauf und es ist offenbar leichter zu verkaufen. Zu erklären, wie eine Immobilie eigentlich funktioniert, das müssen wir wieder mehr schulen.

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