Der Chatbot ChatGPT ist das Thema der letzten Monate, die KI wird ganze Branchen und Berufsfelder umwälzen. Welche Potenziale ergeben sich aus solchen KI-Systemen für den Sachwertebranche? Und wo liegen die Grenzen?
Klein: Vertrieblich spielt KI noch keine Rolle. Die Digitalisierung allerdings schon. Verifort Capital bietet beispielsweise mehrere Wege der digitalen Zeichnungsstrecke ab. Ich denke, dies ist für die kommende Zeit auch dringend notwendig. Wichtig ist das Thema der KI und der digitalen Möglichkeiten bei uns im Haus allerdings beim Thema Datensicherheit und in der Vernetzung und des Datenaustausches zwischen Property Management, Asset Management und Transaction. Hier sind wir technisch hervorragend aufgestellt und nutzen alle derzeitigen technischen Entwicklungen.
Thies: Unser Mutterkonzern Soravia nutzt KI bereits im Asset- und Property-Management, zum Beispiel beim Auslesen von Nutzerverhalten: Wann machen Anwohner die Heizung an und aus, wann gehen sie rein und raus? Daraus können extrem viele Daten genutzt und mit KI-Systemen clever verarbeitet werden. Ich bin aber überzeugt, dass KI auch im Investmentbereich ein wichtiges Thema wird.
Pawils: Wir sind seit jeher voll digitalisiert. Zum Beispiel haben wir eine digitale Plattform, auf der unsere Vertriebspartner arbeiten. Dort sind alle Informationen und Dokumente rund um unsere Immobilien 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche verfügbar. Das gilt natürlich auch für Berechnungen, die Vermittler für ihre Kunden in der Beratung einsetzen wollen. Wir nutzen dafür eine Vertriebssoftware mit angedockter KI – eine unfassbare Zeitersparnis für alle Seiten.
Mückenheim: Insbesondere im Customer Service sehen wir eine Chance für den Einsatz solcher Technologien und prüfen dies auch aktuell. Mittlerweile sind über die Hälfte der Dr.-Peters-Anleger in unserem digitalen Kundenportal registriert und viele dieser Anleger nutzen die in dem Portal integrierte Dialogfunktion. Meist jedoch nur, um einfache und wiederkehrende Fragen zu klären. Diesbezüglich könnten wir vom Einsatz guter KI-Systemen profitieren.
Geht Sachwert-Vertrieb heute überhaupt noch noch ohne digitale Unterstützung?
Auel: Vereinzelt trudeln noch händisch ausgefüllte Zeichnungsschein bei uns ein. Die große Masse kommt allerdings digital über die Walnut-Live-Technologie, allein schon, weil sich die verschiedenen Regulierungsthemen damit viel effizienter abfragen sowie dokumentieren lassen und Ausfüllfehler vermieden werden. Wir werben für die Nutzung, weil es den Vertriebspartnern den Alltag enorm erleichtert und auch uns in der Verwaltung viel Zeit spart.
Abschließend möchten wir noch über das Thema PRIIPs (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products) mit Ihnen sprechen. Was ist das Problem bei den PRIIPs-Blättern?
Grundler: Das Problem ist, dass sie keiner versteht, dass es nicht nachvollziehbar ist. Es ist für den Vermittler nicht nachvollziehbar und auch nicht für den Prüfer, der den Prospekt prüft. Der eine möchte es so haben, der andere so. Für mich ist das alles ein theoretischer Überschuss, der am Ende dazu führt, dass die Kunden verwirrt werden und die Kostenquoten nicht miteinander vergleichbar sind – innerhalb der Branche, aber auch im Vergleich zu anderen Produkten. Das ist für mich ein völliger Overkill und ein Thema, über das ich mich einfach nur aufregen kann. Ich frage mich: Wem ist damit geholfen? Wer kann es erklären? Wer könnte heute von uns hier genau erklären, warum das im PRIIP so steht und in der anderen Kalkulation steht es so. Warum sind die Unterschiede da? Ist es mit Agio, ist es ohne Agio? Wie ist das Eigenkapital berechnet? Ich behaupte, in diesem Raum sitzt keiner, der das erklären kann.
Auel: Die vorgeschriebene Renditeberechnung in den PRIIPs-Dokumenten ist für unsere Produkte tatsächlich unsachgerecht. Das hat uns am Anfang viel Erklärungsaufwand gekostet. Nun kennen die Vertriebspartner aber die Schwachstellen der Berechnung und Unterschiede zur IRR und können damit gut umgehen. Im Vergleich zur Renditeberechnung ist während der Zeichnung eher die hohe Risikoklasse ein Thema, die vom Vertriebspartner eingeordnet werden muss.
Sie haben durch die Regularien ja durchaus einen Nachteil gegenüber anderen Assetklassen, sowohl was die Renditeberechnung angeht, als auch die Risikoklasse.
Thies: Genau. Es soll ja eine Vergleichbarkeit auch mit anderen Anlage- und Produktklassen hergestellt werden. Wir wollen uns sogar gern mit einem offenen Immobilienfonds vergleichen, wir wollen auch mit der sonstigen Anlageindustrie vergleichbar sein. Aber mit den Regelungen und Berechnungen in den PRIIPs-Dokumenten wird versucht, etwas zu vergleichen, was nicht vergleichbar ist. Selbst unsere renommierte Service-KVG konnte die Rendite nach PRIIPS-Verordnung nicht berechnen. Es dient weder dem Verbraucherschutz noch einer besseren Vergleichbarkeit.
Klein: Uns geht es darum, dass es gleich angewendet wird, dass es eine einheitliche Berechnungsmethode gibt. Das ist nicht der Fall. Wir haben keine Einheitlichkeit und keine Vergleichbarkeit. Und wir sind leider nicht organisiert, jedenfalls nicht so, wie es sein müsste, damit wir solche Dinge im Verband oder als Branche tatsächlich mit einer gewissen Macht vertreten könnten. Das ist noch ein weiteres Problem, so dass jeder immer ein bisschen auf sich allein gestellt ist. Wir müssen über diesen kleinen Verband, den wir haben, vielleicht doch noch mehr machen, damit wir derlei Dinge gemeinsam vertreten können und nicht immer einer auf sich allein gestellt ist. Das wäre sehr schön.
Die Diskussion leiteten Stefan Löwer und Kim Brodtmann, beide Cash.
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