Broker of the Future: Was Unternehmen von ihrem Makler wollen

Safak Okur
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Safak Okur, WTW

EXKLUSIV Die Nachfrage nach Beratungsleistungen wächst. Der Makler der Zukunft ist somit nicht mehr nur Vermittler, sondern mausert sich zum ganzheitlichen Berater, was auch die Zusammenarbeit zwischen Makler, Kunde und Versicherer spürbar verändert. Kolumne von Safak Okur, WTW

Der Beruf des Industriemaklers wandelt sich: Schon heute kann der Broker mit seiner bisherigen, traditionellen Arbeitsweise Unternehmen nicht mehr die Unterstützung zukommen lassen, die diese in Zeiten des Wandels benötigen. Sie befinden sich mitten in der digitalen und nachhaltigen Transformation – um diese zu bewältigen, müssen sie ihre Risiken viel genauer kennen, künftige Entwicklungen antizipieren, anstatt sie im Rückspiegel zu betrachten und schließlich passgenauer absichern als mit vorliegenden Standard-Versicherungsverträgen.


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Was verändert sich?

Fest steht: Unternehmen haben erkannt, dass die alleinige Risikoabsicherung durch eine Versicherung im Hinblick auf die immer komplexer werdende Risikolandschaft, mit denen unsere Welt und Gesellschaft sie konfrontiert, nicht mehr ausreichend Schutz bietet.

Auch wenn die Frage der Versicherbarkeit für Unternehmen zweifellos eine wichtige ist und auch bleibt, rutscht diese auf der Bedeutungsskala vieler Verantwortlicher derzeit nach unten. Das zeigt unsere kürzlich veröffentlichte Studie zum „Broker of the Future“. Befragt nach den neuen Bedürfnissen in der Versicherungs- und Risikoberatung kristallisieren sich folgende Wünsche heraus:  

  • In den Fokus der Versicherungsnehmer ist die ganzheitliche Risikobetrachtung gerückt – sie zeichnet sich durch eine datenbasierte Analyse aller Gefahren und Ermittlung ihrer Schadenpotenziale aus.
  • Der verlagerte Fokus auf die Beratung spiegelt sich in den Absicherungswegen wider, die die befragten Unternehmen präferieren: Der Trend geht zunehmend zu einem Mix aus Versicherung und Eigentragung.
  • Dementsprechend verliert der traditionelle Versicherungsschutz an Bedeutung, während die alternative Risikofinanzierung immer relevanter wird.

Dieser Wandel in den Ansprüchen fordert von Maklern, dass sie individuellere, auch kreativere Lösungsansätze für ihre Kunden entwickeln. Dies gelingt jedoch nur, wenn Daten fester Bestandteil des zukünftigen Entwicklungsprozesses sind.

Was wird benötigt?

Der Broker of the Future muss zukünftig jede Risikosituation individuell bewerten und spezifische Lösungsansätze aufzeigen.

Datenbasierte Risikoberatung

Im Rahmen der Informations- und Datensammlung sowie der dazugehörigen Analyse verlaufen künftig alle Prozesse technologiegestützt. Aber nicht nur das: Die Digitalisierung von Daten macht Prozesse überdies effizienter und weniger fehleranfällig. Auch der Broker of the Future ist gefordert, sein Leistungsspektrum entsprechend anzupassen. Die quantitative Risikoberatung sowie die Nutzung von Analyse-Tools sollten Teil des Leitungsportfolios sein. Denn wenn der Makler nicht digital aufgestellt ist, wie sollen es dann seine Kunden sein?

In Prävention investieren

Aus der Risikoanalyse lässt sich anschließend ableiten, welche Art von Präventionsmaßnahmen zu ergreifen sind, welche Risiken man selbst tragen kann und was an den Versicherer transferiert wird. Das verringert nicht nur potenzielle Schäden, sondern bringt Unternehmen auch in eine bessere Verhandlungsposition auf dem Versicherungsmarkt. Der Mix aus Eigentragung und Versicherungsschutz wird laut unserer Studie in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen.

Ein höherer Selbstbehalt erfordert aber auch entsprechend höhere finanzielle Mittel. Dafür müssen Firmen ihr Versicherungsportfolio kritisch prüfen, um Optimierungspotenzial aufzudecken. So lässt sich eine ausgewogene Balance zwischen Risiko und Kapital sicherstellen – auch hier kann der Makler mit seiner Expertise unterstützen.

Alternativer Risikotransfer

Werfen wir einen Blick in die Praxis, stellen wir jedoch fest, dass zu viele Unternehmen noch immer ausschließlich auf die klassische Versicherung als Absicherungsmittel setzen – dieser Ansatz ist längst nicht mehr zeitgemäß. Es gibt aber auch Firmen, die zunehmend über alternative Risikotransfer-Lösungen nachdenken: Dies kann bedeuten, dass sie ab einer gewissen Größe eine Captive gründen, die als konzerneigene Versicherungstochter die Risiken der Mutter- und Schwestergesellschaften absichert. Der Makler der Zukunft unterstützt hier bei der Entwicklung eines Captive-Programms, das auf die strategischen und finanziellen Ziele des jeweiligen Unternehmens abgestimmt ist. Waren am Anfang nur die „Klassiker“ – wie die Sach-, Haftpflicht- und Transportversicherungen – Captive-fähig, gibt es heute bereits (Teil-)Lösungen für weitere Sparten wie die Managerhaftpflicht-(D&O), die Cyber- oder auch die Warenkreditversicherung. Aufgrund ihrer zunehmenden Einsatzmöglichkeiten rückt die Captive daher immer mehr ins Rampenlicht.

Fazit

Das Risiko selbst rückt in den Fokus der versicherungsnehmenden Wirtschaft. Die Fähigkeit, es zu ermitteln, seine Auswirkungen einzuordnen sowie über den passenden Risikotransfer zu entscheiden, ist wichtiger als die Frage nach dem reinen Versicherungsschutz. Dazu muss der Makler der Zukunft seine Kunden befähigen – mit einer ganzheitlichen, datengetriebenen Beratung. Die individuelle Risikolage sowie die branchenspezifischen Anforderungen des jeweiligen Unternehmens sind dabei immer im Blick zu behalten.

Safak Okur ist Head of Broking Deutschland und Österreich bei WTW.

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