Die Umsetzung der Vision der Bundesregierung, bis 2050 alle Gebäude – auch bereits bestehende – auf einen CO2-freien Verbrauch umzustellen, würde eine Kostenbelastung in Höhe von mehreren Billionen Euro für Hauseigentümer und Mieter mit sich bringen, die diese nicht allein schultern können. Ohne Anreize rückt die Erfüllung der Klimaschutzziele in weite Ferne. Davor warnt der Immobiliendachverband BSI.
Neueste Berechnungen der Bundesvereinigung der Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft, deren Mitglieder rund die Hälfte aller Mietverhältnisse in Deutschland abdecken, belegen die immense Bedeutung des Wirtschaftlichkeitsgebotes bei energetischen Sanierungsmaßnahmen. Für ein typisches Mehrfamilienhaus mit 16 Wohneinheiten bedeutet die Umsetzung der Ziele demnach beispielsweise energetische Sanierungskosten in Höhe von circa 680 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, wenn man den Standard Effizienzhaus 55 und die zusätzliche Einbindung erneuerbarer Energien zugrunde legt.
Der Aufwand für Einfamilienhäuser sei sogar noch größer, so dass man im Mittel von 750 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche ausgehen müsse. Bei circa 3,5 Milliarden Quadratmetern Wohnfläche bundesweit entstehe aus den im Energiekonzept empfohlenen Nachrüstverpflichtungen ein Investitionsbedarf von 2,6 Billionen Euro allein im Wohnungsbereich.
„Es ist vollkommen unverständlich, dass der Entwurf des Energiekonzepts im Gegensatz zu anderen Sektoren, kein Ziel für den Gebäudesektor insgesamt formuliert, sondern verbindliche Ziele für die einzelnen Gebäude festlegt. Auch der Automobilindustrie schreibt die Politik nicht vor, dass sie 2050 nur noch emissionsfreie Autos bauen darf, obwohl der Fahrzeugbereich von wesentlich kürzeren Innovations-Zyklen geprägt ist. Eine Sanierung von Bestandsgebäuden auf das für 2050 vorgesehene Ziel ‚Nullemission’ ist derzeit technisch und wirtschaftlich Leuchtturmprojekten vorbehalten und in der Breite nicht darstellbar“, kommentierte Jens-Ulrich Kießling, Vorsitzender der Bundesvereinigung Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft (BSI) und Präsident des Immobilienverbandes IVD.
Höhere Anforderungen nur mit höheren Förderungen umsetzbar
„Ohne umfassende Anreize wie die CO2-Gebäudesanierungsprogramme ist die Sanierung der Wohnungsbestände auf hohen energetischen Standard unrealistisch. Allein die Klimaschutzziele für 2020 – das Nullemissions-Haus noch nicht eingerechnet – sind nur mit einem jährlichen Fördervolumen von mindestens fünf Milliarden Euro zu erreichen. Zwar kündigt die Bundesregierung in ihrem Energiekonzept eine deutliche Verbesserung der CO2-Gebäudesanierungsprogramme der KfW an, gleichzeitig diskutiert sie aber im Rahmen des Sparpakets eine Kürzung der Mittel für 2011 auf rund 450 Millionen Euro. Eine Weiterführung der Programme ab 2012 ist bislang noch völlig unsicher“, kritisierte Lutz Freitag, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen.
Dabei wäre der Ausbau der Förderprogramme in zweierlei Hinsicht sinnvoll: Der Klimaschutz würde vorangebracht und das Wirtschaftswachstum stimuliert, denn die staatlichen Fördermaßnahmen finanzierten sich in diesem Bereich praktisch selbst. Jeder Euro Förderung stoße Investitionen in Höhe von etwa 8,50 Euro an. Allein die Umsatzsteuer bringe dem Fiskus mit 1,62 Euro mehr, als ihn die Förderung kostet.
„Bevor neue Ziele festgelegt werden, sollten die Evaluierungsergebnisse der EnEV 2009 abgewartet werden. Immobilien sind keine Autos, bei denen man alle fünf Jahre ein neues, sparsameres kaufen kann“, kommentiert Walter Rasch, Präsident des BFW Bundesverbandes freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen. „Wenn die Sanierungsquote von Gebäuden erhöht werden soll und energetische Maßnahmen am gesamten Gebäude durchgeführt werden sollen, können die Maßnahmen nicht als Betriebskosten abgesetzt werden. Daher sollte der steuerliche Lebenszyklus einer Immobilie auf maximal 25-30 Jahre festgeschrieben werden. Unberücksichtigt bleibt bislang auch, dass hochwertiger Ersatzneubau, der sowohl energetischen als auch demografischen Anforderungen gerecht wird, manchmal die bessere Alternative sein kann. Hierfür benötigen wir Neubau-Anreize“, so Rasch weiter.
Zu begrüßen ist aus Sicht der BSI das Vorhaben, mietrechtliche Hürden bei energetischen Maßnahmen zu beseitigen. Es sei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern nötig, um gemeinsam den Klimaschutz im Gebäudebereich voranzubringen. (te)
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