Hinzu kommt, dass Bürger, wenn sie sich von der Politik und der Bauleitplanung übergangen fühlen, die Realisierung durch legale wie illegale Maßnahmen so stark verzögern können, dass das geplante Bauvorhaben mitunter unrentabel wird.
Ist das Kind dann erst in den Brunnen gefallen, dann hilft nur noch ein Mediationsverfahren bei dem neutrale Schlichter die Streitbeteiligten dabei unterstützen, eine praktikable und tragfähige Lösung für das Problem zu finden. Oft sind die Fronten zu diesem Zeitpunkt aber bereits derart verhärtet, dass kaum noch ein Ausweg existiert.
Bürgerbegehren: Tendenz steigend
Ob eine Erweiterung/Veränderung von Bürgerbeteiligungen erfolgen soll oder nicht, bleibt in letzter Konsequenz eine politische Entscheidung. Vieles deutet aber darauf hin, dass sich die Zahl der Bürgerbegehren in den kommenden Jahren weiter erhöhen wird und dass immer häufiger auch immobilienwirtschaftliche Themen auf der Agenda stehen werden – Stichwort Stadtumbau.
Es wird immer klarer, dass wir in der aktuellen Legislaturperiode etliche Vorschläge zur Vereinfachung der Verfahrensregeln für Volks- und Bürgerentscheide erleben werden.
Hierzu wurden Hürden wie der Kostendeckungsvorschlag durch eine Kostenschätzung, durchzuführen mit der Gemeinde, beseitigt, sowie das Zustimmungsquorum nach Größe der Städte und Gemeinden gestaffelt.
Bürgerbeteiligung als Chance betrachten
Bedeutsamer für die Immobilienwirtschaft dürfte aber die Tatsache sein, dass seitdem Bürgerbegehren etwa zum Bau von Einkaufszentren oder zur Ausweitung neuer Gewerbegebiete zulässig sind.
Die Uhr zu mehr direkter Bürgerbeteiligung in der Bauleitplanung lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Investoren sollten daher die Bürgerbeteiligung weniger als Risiko denn als Chance betrachten und von vorne herein die Instrumente der formellen wie informellen Bürgerbeteiligung nutzen, um den Bürgern ihre Vorhaben verständlich zu machen.
Dies dürfte mittel- bis langfristig zu einer höheren Planungssicherheit sowie einer Verringerung der Projektkosten führen, da sich durch die Einbindung der Bürger langwierige und kostspielige Gerichtsprozesse oder Baustopps aufgrund von Bürgerentscheiden vermeiden lassen.
Dann sollte zumindest die Verdunklung beim Risiko nicht mehr eintreten und die GOOMBAs – get out of my business area – wieder zur Räson gekommen sein.
Autor Dr. Thomas Beyerle leitet den Bereich Corporate Responsibility & Research im Managementteam der IVG Immobilien AG.
Foto: Christian Daitche