Zu diesem Ergebnis kommt die diesjährige Analyse der Solvabilitätsberichte, die der BdV gemeinsam mit der Zielke Research Consult GmbH zum sechsten Mal veröffentlicht hat.
Die dramatische Situation der letzten Jahre für viele Versicherungsgesellschaften hat sich damit zwar entspannt, Entwarnung ist aber noch nicht angesagt. „Denn der Griff in die Überschusskasse der Kunden wird wichtiger“, mahnt Axel Kleinlein, Versicherungsmathematiker beim Bund der Versicherten e. V. (BdV).
Stabilität nicht bei allen gegeben
Dieses Jahr sind noch 12 Unternehmen angezählt, das heißt, sie haben nur durch Übergangsmaßnahmen oder den Griff in die Überschusskasse der Versicherten eine ausreichende Solvenz oder weisen eine negative Gewinnerwartung auf. Nach 23 angezählten Unternehmen im Vorjahr hat sich die Zahl aber deutlich verringert. Auch haben sich fast alle im letzten Jahr angezählten Unternehmen nun verbessert.
Der GDV begrüßt die Einschätzung des BdV zu der Finanzausstattung der Versicherer. „Auch die Finanzaufsicht Bafin hat dem Sektor erst kürzlich bescheinigt, dass alle Unternehmen selbst ohne Übergangsmaßnahmen vollständig mit Solvenzkapital bedeckt sind. Das zeigt, dass die Lebensversicherer gut durch die Corona-Krise gekommen sind“, sagt Jörg Asmussen, GDV-Hauptgeschäftsführer. Falsch liege der BdV allerdings bei den Überschüssen: „Eine einmal zugewiesene Überschussbeteiligung kommt ausschließlich und immer den Versicherten zugute.“
Während die Biometrie-Versicherer laut BdV weiterhin stabil aufgestellt sind, gibt es innerhalb der Run-Off-Gesellschaften große Unterschiede. Einige dieser Unternehmen weisen auch weiterhin problematische Solvenzquoten aus oder sind in anderen Kennzahlen nicht gut aufgestellt. Dies trifft jedoch nicht auf alle Run-Off-Unternehmen zu.
Erstmals wurde auch geprüft, ob es Hinweise zu Nachhaltigkeitsrisiken gibt. 32 Gesellschaften nehmen hierzu keinen Bezug. „Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Thema für die CSR-Berichterstattung, sondern auch für die Solvenzeinschätzung. Das scheint noch nicht bei allen Gesellschaften angekommen zu sein“, sagt Dr. Carsten Zielke, Geschäftsführer der Zielke Research Consult GmbH.
Die Transparenz der Berichte, die in den vergangenen Jahren vom BdV vielfach moniert wurde, ist auf einem vergleichsweise hohen Niveau. „Das ist sehr erfreulich, die Versicherungsgesellschaften haben hier ihre Hausaufgaben gemacht“, sagt Kleinlein. Doch es gibt auch Negativentwicklungen, besonders bei einigen größeren Unternehmen. Dort hat die Transparenz an der einen oder anderen Stelle deutlich abgenommen.
Deutschland wurde von Spanien als transparentester Markt eingeholt. „Das liegt nicht zuletzt daran, dass auch große Marktplayer wie die Allianz sich nun für intransparentere Berichte entschieden haben“, so Kleinlein.
Auswirkungen der steigenden Zinsen
Auswirkungen durch die jetzt wieder steigenden Zinsen werden sich erst in vielen Jahren als Überschussbeteiligung bei den Kundinnen und Kunden bemerkbar machen. Kurzfristig hilft es aber den Solvenzquoten. Den „legalen Betrug“ aber dürften auch steigende Zinsen nicht beenden. „Die deutsche Lebensversicherung ist zu unflexibel, um auf sich ändernde Zinsen reagieren zu können, das haben die letzten Jahre einmal mehr gezeigt“, sagt Kleinlein. Besonders die Unternehmen, die viel in Staatsanleihen investiert haben, werden durch die deutschen Anforderungen nach HGB Schwierigkeiten bekommen – sie kommen in der Regel zwar besser durch Zeiten niedriger Zinsen, können aber bei steigenden Zinsen dennoch nur geringe Überschüsse geben.
Die vollständige Analyse steht auf der Website des BdV zum Download bereit. Zur leichteren Verständlichkeit sind die Ergebnisse nach einem Ampelsystem gegliedert. So ist mit einem Blick erkennbar, ob bei einem Versicherungsunternehmen aus Verbrauchersicht Handlungsbedarf besteht (rot), Verbesserungspotenzial vorhanden ist (gelb) oder Entwarnung gegeben wird (grün).