Die Ministerrunde machte am Mittwoch den Weg für die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) frei, wie es aus Regierungskreisen hieß. Zuvor hatte die Koalition monatelang um die Pläne gerungen. Das Finanzressort blockierte den Gesetzentwurf zuletzt noch im Streit um den Bundeshaushalt. Mit dem Kabinettsbeschluss ist nun der Bundestag am Zug. Das Bundeskanzleramt hatte zuvor die Länder um Fristverkürzung gebeten, so dass der Bundesrat die Reform bereits in seiner Sitzung am 5. Juli beraten kann.
Mit dem Rentenpaket soll festgeschrieben werden, dass die Renten auch künftig im Einklang mit den Löhnen in Deutschland steigen. Dazu soll das Rentenniveau bei 48 Prozent fixiert werden. Zudem soll ein Generationenkapital eingerichtet werden: Die Regierung will bis Mitte der 2030er Jahre mindestens 200 Milliarden Euro größtenteils aus Schulden des Bundes am Aktienmarkt anlegen. Mit den Zinserträgen soll der erwartete deutliche Anstieg der Rentenbeiträge gedämpft werden.
GDV: 48 Prozent belasten die jüngere Generation
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sieht kritische Punkte im heute vom Bundeskabinett beschlossenen Rentenpaket II. „Die Festschreibung des Rentenniveaus bis 2039 und die Fixierung auf 48 Prozent bedeuten Belastungen für die jüngere Generation”, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Sozialversicherungsabgaben und Steuern werden dadurch in den kommenden Jahren steigen. Um den Renteneintritt der „Babyboomer“ abzufangen, kommt das Generationenkapital zu spät”, so Asmussen weiter.
Zwar sei die stärkere Kapitaldeckung künftiger Rentenansprüche grundsätzlich sinnvoll, ob das Generationenkapital dazu geeignet sei, müsse sich jedoch erst erweisen. „In der betrieblichen oder privaten Altersvorsorge erwerben die Menschen individuelle Ansprüche. Beim Generationenkapital hingegen handelt es sich um einen überschaubaren schuldenfinanzierten Finanzzuschuss in den großen Topf der gesetzlichen Rentenversicherung“, kritisiert Asmussen weiter.
Umso dringender ist aus GDV-Sicht eine schnelle, gezielte Stärkung der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge. Mit dem Kabinettsbeschluss zum Rentenpaket II sei der Weg nun frei für anstehende Reformen der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge, so der Verband.
Reform der privaten Altersvorsorge überfällig
„Die betriebliche und die private Altersvorsorge sind wichtig für ein lebenslang gesichertes Einkommen bei steigender Lebenserwartung”, so Asmussen. Die geförderte private Altersvorsorge habe unverändert einen hohen Stellenwert. Sie lohne sich mit der Zulagenförderung insbesondere für Alleinerziehende, Familien mit Kindern und für Menschen mit geringen Einkommen. „Das System ist aber in die Jahre gekommen und zu kompliziert. Es muss einfacher und attraktiver werden, eine Reform ist überfällig“, sagt Asmussen.
Für eine Reform hat eine von der Bundesregierung eingesetzte Fokusgruppe im vergangenen Jahr Denkanstöße geliefert. Es sei gut, dass die private Altersvorsorge auch künftig freiwillig und privat bleibe und richtig sei auch, mehr Renditechancen zu nutzen. Kritik übt der GDV, dass der Wert lebenslanger Renten in der Diskussion unterschätzt werde. „Die lebenslange, monatliche Rente muss der Kern der Altersvorsorge bleiben. Das Ersparte darf nicht mit Erreichen eines bestimmten Geburtstages aufgebraucht sein”, betont Asmussen.
bAV: Pragmatische Lösungen gefordert
Auch in der bAV sieht der Versicherungsverband Renovierungsbedarf. So erwartet der GDV die Novelle des Betriebsrentenstärkungsgesetztes für den Frühsommer. „Ziel muss sein, dass mehr Menschen eine betriebliche Rente abschließen“, sagt Asmussen. Um das zu erreichen, müsse die bAV auch jenseits der Sozialpartnermodelle gestärkt werden. Zudem müssten Menschen mit geringem Einkommen besser gefördert werden. Der GDV fordert pragmatische Lösungen gerade für kleine und mittelständische Unternehmen, die seltener betriebliche Altersvorsorge anbieten. Vor diesem Hintergrund befürwortet der GDV, dass Betriebe ihre Beschäftigten künftig auch ohne Tarifvertrag automatisch in die Betriebsrente einbeziehen dürfen sollen. Bei diesen sogenannten Opt-out-Modellen können Arbeitgeber ihre Beschäftigten automatisch in die Betriebsrente einbeziehen, sofern diese nicht ausdrücklich widersprechen. (eigene Recherche & dpa-AFX)