Bundestag gibt grünes Licht für Finanzpaket – so urteilt die Investmentbranche

Dr. Frank Engels, Kapitalmarktvorstand bei Union Investment: „Nachdem die Stimmung an den europäischen Aktienmärkten im Herbst vergangenen Jahres durch die politischen Querelen mit zerbrochener Ampel in Deutschland und Regierungskrise in Frankreich einen neuerlichen Tiefpunkt erreichte, feierten die Börsen in den USA ein vermeintlich goldenes Zeitalter der Steuersenkungen und der Deregulierung unter Donald Trump. Doch der Wind hat sich spätestens seit dem Jahreswechsel gedreht. Die europäischen Aktienmärkte haben in den vergangenen drei Monaten eine beachtliche Aufholjagd hingelegt und begonnen, sich ihren US-Pendants anzunähern. Jedoch zeigt der Blick auf die Marktbewegungen, dass noch Luft nach oben ist. Aktien aus den USA sind nach wie vor mit einer deutlichen KGV-Prämie versehen. Vieles davon mag strukturell begründet sein und auch bleiben – einiges davon dürfte sich aber in den kommenden Monaten noch weiter bewegen. Die Investitionen sollten mittel- bis langfristig vor allem zyklische Branchen, die derzeit noch unter einer zu geringen Auslastung leiden, unterstützen. Beispiele sind etwa im Grundstoffsektor Chemie, Bau- und Stahlunternehmen, aber natürlich auch Luftfahrtunternehmen. Banken könnten zudem vom strukturell erhöhten Zins und dem höheren Kreditbedarf profitieren. Im Sinne der strategischen Asset Allocation sollte im Aktienbereich aber nicht einseitig auf die zyklische Karte gesetzt werden. Kurzfristige Rücksetzer lassen sich beispielsweise mit Basiskonsumgütern wie etwa Nahrungsmittelherstellern und Aktien aus dem Gesundheitsbereich abfedern. 

Mit Blick auf die Investmentstile dürfte der Unterschied zwischen Value- und Wachstumstiteln künftig kleiner ausfallen, als wir das historisch gewohnt sind. Die größere konjunkturelle Dynamik sowie ein strukturell erhöhtes Zinsniveau schmälern den Unterschied zwischen den Stilen. Dass das in den USA in der Phase seit dem Jahr 2020 und seit dem IRA nicht so deutlich zutage trat, lag an der Sonderkonjunktur der Growth-Titel aus dem Bereich der Halbleiterproduzenten, Hyperscaler und Künstlichen Intelligenz. Diese Sonderkonjunktur hat aber spätestens mit dem Auftauchen der chinesischen KI-Plattform DeepSeek ihr vorläufiges Ende gefunden. Dementsprechend ist in Zukunft mit einer stärkeren Marktbreite zu rechnen – und der europäische, eher von Value-Titeln geprägte Markt kann davon profitieren. 

Strukturell höhere Zinsen und Renditen

Am Rentenmarkt sollten wir uns an ein strukturell etwas erhöhtes Zinsniveau gewöhnen. Einiges davon wurde bereits vorweggenommen. Die zehnjährige Bundeanleihe handelt im internationalen Vergleich nach unserer Einschätzung mit einer Rendite von 2,85 Prozent immer noch knapp 70 Basispunkte zu günstig, relativ zum langfristig „fairen“ Renditeniveau. Eine zusätzliche Belastung ergibt sich aus dem zusätzlichen Finanzierungsbedarf aufgrund der höheren Fiskaldefizite, was mittel- und längerfristig auch zu höheren Laufzeitprämien am langen Ende führen wird. Für das Rentensegment bedeutet das: Investment-Grade-Unternehmensanleihen bleiben aufgrund des fundamental besseren Umfelds gut unterstützt, und für risikoaffine Anleger sind Hochzinsanleihen selektiv auch weiterhin attraktiv. Dagegen sollten die Renditen von Staatspapieren zunächst tendenziell weiter steigen, bevor das höhere Renditeniveau zusätzliche Käufer anzieht.“

Dr. Frank Engels (Foto: Union Investment)

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