Mittlerweile haben alle Parteien ihre Wahlprogramme veröffentlicht. Oliver Moll, Geschäftsführer und Inhaber von Moll & Moll Zinshaus, beleuchtet die Forderungen für den deutschen Immobilienmarkt. Vierter Teil: Wie sehen die Pläne der SPD aus?
Inzwischen haben alle Parteien ihre Wahlprogramme veröffentlicht und formuliert, wohin die Reise für die Wohnungswirtschaft gehen soll. Für private Eigentümer und professionelle Akteure der Branche lohnt es also, einen Blick hinein zu werfen, bevor sie im September ihr Kreuzchen machen.
Verschärfung der Mietpreisbremse geplant
Die Mietpreisbremse ist Gift für den Immobilienmarkt, denn sie hemmt Investitionen in dringend benötigten Wohnraum. Während CDU und FDP das erkannt haben, hält die SPD weiterhin daran fest und möchte sie durch Auskunftspflicht für Vermieter und verbindlichere Mietspiegel sogar noch „verbessern“.
Zudem soll künftig die tatsächliche Wohnfläche über die Höhe der Miete entscheiden; das heißt, alle Wohnungen müssten neu ausgemessen werden. Wer die Kosten dafür tragen soll, wird im Programm nicht angegeben, vermutlich die Vermieter.
Auch möchte die SPD die zulässige Mieterhöhung nach einer Modernisierung begrenzen. Den Mietern wird damit allerdings ein Bärendienst erwiesen, da Vermieter sich aus wirtschaftlichen Gründen vermehrt gegen eine Modernisierung ihres Objektes entscheiden und über kurz oder lang der Wohnstandard spürbar sinken würde.
Wem wirklich an einer Entlastung der Mieter gelegen ist, sollte bei der Mietpreisdebatte stattdessen auch einmal die Betriebskosten ansprechen. Die „zweite Miete“ ist in den letzten Jahren zu einem immer größeren Posten im Haushaltsbudget geworden und kontinuierlich steigende kommunale Gebühren sind daran nicht ganz unschuldig.
Förderung des sozialen Wohnungsbaus
Ein positiver Punkt im Programm: Die SPD möchte den sozialen Wohnungsbau fördern, denn der Bedarf steigt und das Angebot ist knapp. Ein sinnvoller Ansatz, allerdings für ein hausgemachtes Problem.
Denn in den letzten 20 Jahren nutzten viele – unter anderem auch SPD-regierte – Bundesländer den Verkauf von staatlichen Wohnungsbaugesellschaften und Teilbeständen dazu, ihre Haushalte zu sanieren.
Die aktuellen Engpässe in den Großstädten sind eine direkte Konsequenz und ein gutes Beispiel dafür, dass wohnungspolitische Entscheidungen ihre volle Wirkung oft erst nach Ende der Amtszeit der verantwortlichen Politiker entfalten.
Familienbaugeld geplant
Die SPD möchte auch den Erwerb von Wohneigentum fördern. Die Spekulationen mit baureifem Boden sollen begrenzt und ein sozial gestaffeltes Familienbaugeld eingeführt werden.
Zudem soll das Bestellerprinzip in Zukunft auch beim Immobilienerwerb gelten, um Käufer von den Maklerkosten zu entlasten. Hier sind die Sozialdemokraten jedoch zu kurzsichtig: Die Verkäufer werden die Maklercourtage nämlich schlicht in den Objektpreis einkalkulieren.
Allerdings ist die SPD die einzige Partei, die einen kritischen Blick auf weitere Kaufnebenkosten wirft: Bereits Anfang 2017 berichteten die Medien über Pläne der SPD-Politiker, Notargebühren zu pauschalisieren. Auch für den Grundbucheintrag solle eine Pauschale gelten. Das Wahlprogramm ist jedoch leider wenig konkret und spricht nur vage davon, weitere Nebenkosten zu senken.
Gute Ansätze versus kontraproduktive Pläne
Um Leerstand und Verfall entgegenzuwirken und den Erwerb von Bestandsbauten auch in ländlichen Gebieten zu fördern, hat die SPD zudem die originelle und gute Idee eines „Jung kauft alt“-Programms. Doch leider wird im Wahlprogramm auch hier nicht konkreter auf Konzept und Umsetzung eingegangen.
Insgesamt hat das Programm der SPD einige gute Ansätze. Die Absicht, den sozialen Wohnungsbau zu fördern, ist durchaus positiv zu bewerten.
Allerdings finden sich im Text sämtliche Reizworte, die für Privatpersonen das Schaffen von Wohnraum nicht nur unrentabel, sondern auch risikoreich machen. Und dies sind eigentlich die Hauptakteure der Wohnungswirtschaft, die traditionell bis zu 50 Prozent des Wohnraums zur Verfügung gestellt haben.
Mit Objekten von bis zu neun Wohneinheiten haben private Vermieter oft eine fast familiäre Beziehung zu ihren Mietern und achten von sich aus darauf, dass sich die Mieten in einem vernünftigen Rahmen bewegen. Durch unterschiedliche Präferenzen hinsichtlich ihrer Mieter sorgen sie zudem für eine heterogene Anwohnerstruktur, die ein Quartier erst interessant und lebenswert macht.
Masse statt Klasse
Der Fokus auf die schiere Menge an geschaffenen Wohnraum durch den sozialen Wohnungsbau oder private Aktiengesellschaften mag zwar aus machtpolitischer Sicht sinnvoll sein. Langfristig werden die grundlegenden Probleme dadurch allerdings nur verschärft.
Ein gutes Beispiel für die unverhältnismäßige Aufmerksamkeit, die großen Playern zukommt: Während die Holzmann AG seinerzeit mit großer medialer Aufmerksamkeit gerettet werden sollte, mussten rund 10.000 Handwerksfirmen mit je drei Mitarbeitern Insolvenz anmelden. Dieses alte Problem unserer Politik droht sich fortzusetzen: Masse statt Klasse, Aktion vor Hirn.
Oliver Moll ist Geschäftsführer und Inhaber der Hamburger Moll & Moll Zinshaus GmbH. Er leitet zudem die Professional Group „Residential“ der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) in Deutschland.
Foto: Moll & Moll Zinshaus GmbH
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