- Die Altersvorsorge für die Zukunft stärken
Der demografische Wandel belastet zunehmend das Rentensystem in Deutschland. Die Staatsverschuldung liegt – auch durch die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen – auf Rekordniveau, die Zinsen verharren im Dauertief und die Inflation zieht an. Die Folge: Während der finanzielle Gestaltungsspielraum des Staates immer kleiner wird, sinkt die Zahl der Rentenbeitragszahlerinnen und -zahler, die der Beitragsempfängerinnen und -empfänger wächst. Dazu kommt der unerlässliche Umbau der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit. Die Altersvorsorge zu reformieren, sie zukunftsfest zu gestalten, ist heute also notwendiger denn je. Das schulden wir vor allem den jungen Menschen in Deutschland.
2. Für eine zukunftsfähige Architektur des Rentensystems sorgen: Stärken nutzen, Fehler ausmerzen
Unserer Vorstellung nach muss eine zukunftsfähige Altersvorsorge den Menschen dienen. Die Prämisse dabei: Stärken des Systems nutzen, Fehler ausmerzen. Mehr denn je brauchen Menschen eine gute, stabile Altersvorsorge. Sie muss sie dazu befähigen, selbstbestimmt ihre finanzielle Zukunft aufzubauen. Daher plädieren wir dafür, die bestehende Aufgabenteilung – das Drei-Säulen-System – beizubehalten: Der Staat kümmert sich um umlagefinanzierte Altersvorsorge und die Privatwirtschaft um kapitalgedeckte Angebote.
Die Möglichkeiten der Diversifikation gilt es zu nutzen und auch die betriebliche Altersvorsorge für Chancen der Kapitalmärkte zu öffnen. Daneben sind moderne Anlageformen nötig. Beispielsweise schränkt ein allzu enges Garantiekorsett das Anlagespektrum ein, kostet Geld und verringert die Renditechancen. Erfolgsentscheidend ist die Rendite und nicht die Garantie. Und um einen auf die individuelle Bedarfssituation und Risikoneigung zugeschnittenen Anlagemix zu finden, braucht es vor allem eine gute, vertrauensvolle Finanzberatung.
Wir fordern, dass die private Vorsorge als dritte Säule freiwillig und flexibel bleibt. Erzwungenes Sparen und allzu strikte Vorschriften lehnen wir ab. Auch die Einführung eines deutschen Staatsfonds, beispielsweise nach Vorbild der Schwedenrente, erachten wir nicht als sinnvoll. Sie würde eine Vollkasko-Mentalität herbeiführen, bei dem ein Lebensgefühl vorherrscht, dass sich der Staat am Ende um alles kümmert. Ein solches Zwangsmodell nimmt aber die Freiheit für individuelle selbstbestimmte Lösungen. Solche bedarfsgerechten Lösungen sind jedoch gefragt – das zeigt die Erfahrung in Beratungsgesprächen. Pauschale Ansätze sind einfach zu starr, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen Rechnung zu tragen.
Sollte es zur Einführung eines Staatsfonds in Deutschland kommen, so ist es wichtig, dass er – genau wie in Schweden – zumindest in der ersten Säule platziert wird. Wir haben starke wettbewerbsrechtliche und ordnungspolitische Bedenken hinsichtlich der Ausgestaltung eines Staatsfonds im Rahmen der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge sowie als Ersatzprodukt für die Riester- und Rürup-Rente.
Häufig werden Kostengründe als Argument für den Staatsfonds ins Feld geführt. Diese sind ebenfalls nicht rechtfertigbar, da bereits heute äußerst kostengünstige Produkte am Markt verfügbar sind. Dass die Menschen große Teile ihres Altersvorsorgevermögens in eine Hand geben sollen, ist darüber hinaus aus der Risikoperspektive kaum vertretbar. Deshalb fordern wir mehr Freiwilligkeit und Diversifikation.
3. Junge Menschen in den Fokus rücken
Wir möchten die gesellschaftlich wichtige Aufgabe übernehmen, den Menschen in Deutschland die Vorsorge zu bieten, die ihnen Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Gerade junge Menschen wollen und benötigen kompetente Beratung. Sie machen sich Sorgen wegen der steigenden Staatsverschuldung, dem drohenden Wohlstandsverlust und der wachsenden Altersarmut. Doch sie verzagen nicht, sondern kümmern sich aufgeschlossen und aktiv darum, ihre finanzielle Zukunft eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen, gerade auch mit Hilfe von Beraterinnen und Berater.
Unsere Branche animiert Menschen dazu, sich über ihre finanzielle Vorsorge Gedanken zu machen. Niemand steht morgens auf, und sagt: „Heute schließe ich eine private Altersvorsorge ab, um meine klaffende Rentenlücke zu schließen.“ Wir setzen das Thema auf die Agenda der Menschen. Deshalb vertrauen uns junge Menschen, die in den letzten Jahrzehnten durch fehlende politische Reformen vernachlässigt wurden, ihre Vorsorge an. 69 Prozent der Neukunden von Swiss Life Deutschland sind mittlerweile Millennials.
4. Schwerpunkte auf Nachhaltigkeit und Vielfalt setzen
Wir glauben: Alle Bevölkerungsschichten sollten Zugang zu nachhaltigen Geldanlagen haben. Aufgabe unserer Branche ist es, dies zu ermöglichen. Damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Transformation unserer Gesellschaft. Bereits heute ist den Menschen die Nachhaltigkeit beim Abschluss von Finanzanlagen wichtig. Eine Swiss Life-Studie zeigt: Fast die Hälfte der jungen Generation sagt von sich, dass Nachhaltigkeit die wichtigste Rolle bei der eigenen Vorsorge spielt. Trotzdem ist Nachhaltigkeit in der Altersvorsorge alles andere als ein Selbstläufer. Unabhängig vom Alter brauchen zwei Drittel der Menschen eine aktive Beratung.
Die Praxis zeigt: Erst wenn Menschen von Experten über die Angebote informiert werden, entsteht Interesse. Und auf Interesse kann Nachfrage folgen. Die Finanzberatung dient dabei als Lotse: Sie sorgt dafür, dass die Vorsorge zu den individuellen Bedürfnissen der Menschen passt. Dieser Individualität in einer durch Vielfalt gekennzeichneten Gesellschaft können wir in einer persönlichen ganzheitlichen Beratung Rechnung tragen. Schablonenhafte staatliche oder rein digitale Einheitslösungen gehen an den heterogenen Bedürfnissen der Menschen vorbei.
5. Finanzberatungs- und Versicherungsbranche als zukunftsstarken Partner der Politik etablieren
Die Herausforderungen dieser Zeit sind gewaltig und betreffen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen. Im Alleingang sind diese nicht zu stemmen. Politische Lösungen und Leitplanken sollten zum Beispiel die Wirtschaft nicht ausschließen, im Gegenteil: Wir sollten Partner einer zukunftsfähigen Rentenpolitik sein. Unverzichtbar ist unserer Meinung nach eine persönliche und provisionsbasierte Finanzberatung im Sinne von Kundinnen und Kunden.
Nur durch letztere ist gewährleistet, dass auch Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen – mit ihrem Beratungs- und vor allem Vorsorge- und Absicherungsbedarf – Zugang zu ausreichender Altersvorsorge erhalten. Wir tun viel dafür, den Beratungsberuf zukunftsstark zu machen: Die Themen Aus- und Weiterbildung sowie Digitalisierung stehen ganz oben auf unserer Agenda. Zur Erfüllung unseres gesellschaftlichen Auftrags im Sinne der qualitativ hochwertigen Vorsorge der Menschen brauchen wir jedoch ein „Level-Playing-Field“.
Nur so haben alle Anbieter sowie Vermittlerinnen und Vermittler die Aussicht auf gleiche und wettbewerbsgerechte Zugangsmöglichkeiten zum Markt. Nach Marktforschungsergebnissen möchten 80 Prozent der Befragten eine Beraterin bzw. einen Berater, der ihre Finanzen für sie organisiert. Deshalb ist es zentral, dass wir politisch die Weichen so stellen, damit die Menschen unabhängig vom Geldbeutel, Alter, Geschlecht oder Herkunft einen solchen qualitativ hochwertigen Rat auch bekommen können. Für eine nachhaltige, in die Zukunft gerichtete Altersvorsorge, die Selbstbestimmung und Teilhabe für alle ermöglicht.
Autor Dr. Matthias Wald ist Leiter Vertrieb Swiss Life Deutschland und Vorstand VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e. V.