Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) angeheizten Spekulationen über eine weitere Lockerung der Geldpolitik entsprechen nach Ansicht des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) nicht dem aufgehellten Bild, das die Konjunkturindikatoren derzeit zeichnen.
„Die EZB sollte sich im kommenden Jahr auf einen geldpolitischen Kurswechsel vorbereiten“, sagte BVR-Vorstand Dr. Andreas Martin. „Der Ausstieg aus der Liquiditätsschwemme wird nur langsam erfolgen können und darf daher nicht verschleppt werden“, so Martin weiter. Daher sei es zu begrüßen, dass EZB-Präsident Draghi gestern vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments klargestellt hat, dass zumindest kurzfristig nicht mit weiteren Liquiditätsspritzen zu rechnen sei.
„Geordneter Rückzug nicht schädlich“
Die in den kommenden Monaten zu erwartende Zinswende in den USA stelle einen Umbruch in der internationalen Geldpolitik dar, dem sich auch die EZB nicht entziehen sollte. Martin: „Ein geordneter Rückzug aus dem geldpolitischen Krisenmodus würde der Konjunktur nicht schaden, sondern das Wirtschaftsvertrauen eher noch stärken.“ Ein zu vorsichtiges Agieren der Geldpolitik verunsichere die Märkte. Dies habe die nervöse Reaktion der Aktienmärkte auf das Aufschieben der Zinsanhebung in den USA in der vergangenen Woche gezeigt.
Niedrige Energiepreise erhöhen Kaufkraft
Die Wirtschaftslage in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften sei heute deutlich robuster als in den vergangenen Jahren, dies gelte auch für den Euroraum. Das Wirtschaftsklima sei trotz der noch hohen Arbeitslosigkeit verhalten positiv. Die niedrigen Energiepreise erhöhten die Kaufkraft der privaten Haushalte im Euroraum um rund 50 Milliarden Euro. Der private Verbrauch dürfte moderat wachsen und auch die Investitionen dürften sich mehr und mehr beleben. Das Geldmengenwachstum habe zugenommen und es würden auch wieder mehr Kredite nachgefragt.
Starkes Wachstum im Euroraum für 2016 erwartet
Im kommenden Jahr dürfte das Wirtschaftswachstum im Euroraum mit 1,5 Prozent fast so stark wie in Deutschland (1,7 Prozent) zunehmen. Der Euroraum habe allerdings noch Aufholbedarf. Die Wirtschaftsleistung von vor der Krise werde erst in diesem Jahr wieder erreicht, in Deutschland war dies bereits 2011 erreicht worden. Die Teuerungsrate werde im Euroraum nur allmählich ansteigen und voraussichtlich erst im Verlauf des kommenden Jahres die Marke von 1 Prozent wieder überschreiten. (fm)
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