„Preise für Immobilien steigen wieder“, „Wieder Aufwind für europäische Büroinvestitionen“, „Weitere Umfrage bestätigt Trendumkehr im Immobilienmarkt“ – das sind nur einige der Schlagzeilen zum Immobilienmarkt aus den vergangenen Wochen auf Cash. online.
Demnach mehren sich die Meldungen, dass sich die Immobilienpreise in den meisten Marktsegmenten stabilisiert haben und nicht weiter fallen, teilweise sogar schon wieder leicht anziehen. Von „Bodenbildung“ ist allerorten die Rede, denn auch das Transaktionsgeschehen nimmt langsam wieder Fahrt auf.
Auslöser sind einmal mehr die Hypotheken- beziehungsweise generell die Zinsen. Sie bestimmen zum einen, welche Kredithöhe und damit welchen Preis sich Immobilienkäufer leisten können beziehungsweise bis zu welchem Preis sich eine Immobilie als Anlage „rechnet“. Zum anderen definiert das Zinsniveau, welche Rendite eine Immobilie bringen muss, um mit alternativen Anlageformen wie Festgeld oder festverzinslichen Wertpapieren konkurrieren zu können.
So wirken Zinsen unmittelbar auf die Immobilienmärkte. Das belegt auch ein kurzer Blick in die Vergangenheit: Schon seit der Finanzkrise 2008/2009 waren mit den Leitzinsen auch die Hypothekenzinsen nahezu kontinuierlich gesunken und während der Corona-Zeit ab 2020 nochmals auf ein Rekordtief von zeitweise unter einem Prozent pro Jahr bei zehnjähriger Zinsbindung gefallen.
Folge: Die Immobilienpreise stiegen über viele Jahre in einer nie gekannten Weise immer weiter. Kaufpreise vom 25- bis 40-fachen der Jahresmiete und darüber waren 2021 für die verschiedenen Immobilientypen und -lagen an der Tagesordnung. Das entspricht – umgekehrt gerechnet – Anfangsrenditen der Objekte zwischen vier und 2,5 Prozent pro Jahr.
Anfang 2022 war Schluss
Damit war Anfang 2022 Schluss. Das Zinsniveau stieg wieder an und schoss nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar, dem anschließenden Inflationsschub sowie erwarteten und dann auch vorgenommenen Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) geradezu in die Höhe. Innerhalb weniger Monate vervierfachten sich die Hypothekenzinsen auf vier Prozent. Der Zinsschock.
Folge: Mit einer Verzögerung von einigen Monaten gingen die Kaufpreise für Immobilien spürbar in die Knie. Gar von Absturz war – und ist – nicht selten die Rede. Das ist sicherlich nicht ganz falsch, aber doch nur die halbe Wahrheit. Denn zunächst fror der Transaktionsmarkt ein, wie die Marktteilnehmer damals unisono berichteten.
Kaum jemand verkaufte noch Immobilien freiwillig und ohne Druck. So waren die meisten der wenigen Transaktionen, auf denen die Statistiken in dieser Phase basierten, Notverkäufe. Diese erfordern ohnehin häufig überdurchschnittlich hohe Preiszugeständnisse und verstärkten damit den erfassten Abwärtstrend. Der Preissturz ist insofern nicht automatisch in gleicher Höhe ein genereller Wertverlust.
Erst einmal keine Änderung für viele
Denn für die anderen Immobilieneigentümer änderte sich erst einmal nichts, solange die Bank nicht wegen gerissener Kennzahlen wie dem Verhältnis von Kredithöhe zu Immobilienwert („Loan to Value“) nervös wurde: Sie wohnten weiterhin in ihren Häusern und zahlten die überwiegend langfristig festgeschriebenen Zinsen.
Oder sie kassierten für Wohn- oder Gewerbeflächen Mieten aus bestehenden Verträgen, die – sofern indexiert – wegen der unerwartet hohen Inflationsraten vielfach sogar noch kräftig anstiegen. Diese Eigentümer hatten keinen Anlass, ihre Immobilie zum Schleuderpreis zu verkaufen. Und taten das überwiegend auch nicht.
Auch diejenigen meist nicht, deren Kredit ab 2022 ausgelaufen ist und mit dem gestiegenen Zins fortgeführt werden muss: Sie haben das Darlehen normalerweise zehn oder 15 Jahre zuvor auf einem vergleichbarem Zinsniveau wie heute aufgenommen. An der monatlichen Belastung ändert sich also nicht viel. Zudem waren die Kaufpreise damals niedriger und inzwischen sollte ein signifikanter Teil des Kredits getilgt sein. Das Gros dieser Eigentümer dürfte sich lediglich ärgern, nicht früher umgeschuldet und die Mini-Zinsen langfristig festgeschrieben zu haben, sie geraten dadurch aber nicht in existenzielle Not.