EXKLUSIV

Cash. Branchengipfel Sachwertanlagen – Leitartikel: Bodenbildung allerorten

Eine Art von Akteuren, die grundsätzlich auf einen möglichst zügigen Objektverkauf angewiesen sind, indes gab und gibt es: Projektentwickler. Sie konnten praktisch von heute auf morgen ihre Neubauten nicht mehr oder jedenfalls nicht zu den ursprünglich kalkulierten Preisen verkaufen. Gleichzeitig explodierten die Preise für Baumaterial; Personal- sowie Materialmangel verzögerten vielfach die Fertigstellung zusätzlich.

Das zog nicht wenigen Unternehmen die Füße weg und sorgte für entsprechende Schlagzeilen. Auch zwei namhafte Anbieter aus dem Sachwertemarkt und deren Projektentwicklungs-Anlageprodukte gerieten in Schieflage, wahrscheinlich mit schmerzhaften Verlusten für die Investoren. Das färbte einmal mehr, vor allem im Vertrieb, auf die gesamte Branche ab.

Seit Frühjahr/Mitte 2024 geht es nun wieder in die andere Richtung: Die Hypothekenzinsen fallen. Insbesondere, seit die EZB die Leitzinsen im Juni und nochmals im September gesenkt hat, verstetigt sich der Trend. Im November 2024 sind Hypotheken mit zehnjähriger Zinsbindung zum Teil wieder für unter drei Prozent pro Jahr zu haben. Das liegt mehr als einen Prozentpunkt – oder rund 25 Prozent – unter dem Höhepunkt der Zinsrallye im Herbst 2023.

Spielraum für Käufer steigt

Entsprechend steigt der Spielraum für Immobilienkäufer und bei Investments ist die Konkurrenz durch Guthabenzinsen oder festverzinsliche Papiere wieder etwas schwächer geworden. Auch berichten die Akteure unisono, dass die Anzahl der Transaktionen wieder steigt. Das spricht dafür, dass Käufer nicht länger auf weiter fallende Preise spekulieren und Verkäufer sich zunehmend damit abfinden, dass nun ein neues, realistisches Preisniveau erreicht wurde. Bodenbildung eben.

Nur der Neubau liegt weiterhin brach. Die Baupreise bleiben hoch und sind eben nicht gesunken – im Gegenteil. Die notwendigen Verkaufspreise sind derzeit aber kaum durchzusetzen. Die Entschlackung von Bauvorschriften und Genehmigungsverfahren ist zudem stecken geblieben und wird nach dem Ampel-Aus wohl zumindest auf Eis, wenn nicht gar auf unbestimmte Zeit in die Schublade gelegt. Abrupt endende oder ausgeschöpfte Förderprogramme und angekündigte, aber letztlich nicht umgesetzte Gesetzesvorhaben, auf die alle warten, tun ihr übriges. 

Wohnungsbau-Genehmigungen weiter rückläufig

So wundert es nicht, dass sowohl Baugenehmigungen als auch Fertigstellungen von Wohnungen weiterhin rückläufig sind, obwohl sie dringend benötigt werden. Daher richtet sich der Blick von Investoren verstärkt auf den Bestand und dessen energetische, aber auch sonstige Sanierung beziehungsweise Optimierung. 

Am öffentlichsten ist all das bei Wohnungen. Aber auch für Gewerbeimmobilien unterschiedlicher Couleur – vor allem Büros und Einzelhandel – gibt es eine Reihe von Marktberichten zu Miet- und Preisentwicklungen. Sie gehen durchweg in eine ähnliche Richtung, wobei jede Nutzungsart ihre Besonderheiten hat, Büroflächen zum Beispiel durch den anhaltenden Homeoffice-Trend. 

Normalität auch bei Erneuerbaren Energien

Anders verhält es sich in weiteren Segmenten des Sachwertemarkts wie Erneuerbare Energien. Hier stehen mit Ausnahme der allgemeinen Strompreisentwicklung und dem Anteil der verschiedenen regenerativen Quellen an der gesamten Stromproduktion nur wenige allgemeine Marktinformationen etwa zu Anlagenkaufpreisen oder Multiplikatoren zur Verfügung. Auch sind in dieser Branche andere Faktoren als nur der Zinssatz von Bedeutung: insbesondere der Strompreis, aber auch politische Entscheidungen.

Und doch gibt es eine Gemeinsamkeit: Bei Erneuerbare-Energien-Fonds scheint ebenfalls so etwas wie Normalität einzukehren – wobei diese Assetklasse aus der anderen Richtung kommt. Sie hat keinen Absturz, sondern einen gewaltigen Höhenflug hinter sich, nachdem die Energiepreise einschließlich Strom nach dem Beginn des Ukrainekriegs und dem Stopp der russischen Gaslieferungen 2022 in die Höhe geschossen waren.

Inzwischen sind die Börsen-Strompreise wieder unter das Vorkriegs-Niveau gesunken. Auch wenn Strom in den vergangenen Wochen mit zunehmender Dunkelheit und zeitweise auch wenig Wind wieder etwas teurer geworden ist, rückt das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) zumindest bei Windenergie stärker zurück in den Mittelpunkt von Planungen und Kalkulationen.

Private Equity: Unternehmenserfolg entscheidend

In der Assetklasse Private Equity spielt das Zinsniveau grundsätzlich ebenfalls eine Rolle, etwa in Bezug auf das erwartete Rendite-Niveau oder bei fremdfinanzierten („leveraged“) Transaktionen. Doch für das Ergebnis der einzelnen Engagements ist vor allem die Entwicklung der betreffenden Unternehmen und ihres Erfolgs im Wettbewerb ausschlaggebend.

Dies ist zunächst weitgehend unabhängig vom Zinsniveau, der Exit beziehungsweise die Renditeerwartungen potenzieller Käufer hingegen nicht. So war auch dieser Markt, so ist zu hören, zeitweise weitgehend eingefroren und taut nun langsam wieder auf. Voll auf der gewünschten Betriebstemperatur ist er wohl noch nicht wieder, aber auch in dieser Assetklasse ist von Bodenbildung die Rede.

So verfestigt sich sowohl nach der Diskussion auf dem Cash.-Branchengipfel als auch aus anderen Quellen der Eindruck, dass die Märkte sich – sicherlich in graduell unterschiedlichen Phasen in den einzelnen Assetklassen, so doch im generellen Trend – auf einem Niveau stabilisiert haben, das beste Voraussetzungen für Investitionen bietet. Denn Bodenbildung bedeutet schließlich auch: Ab hier geht es wieder aufwärts (oder allenfalls noch kurze Zeit waagerecht). Im Vertrieb schlägt sich das bislang allerdings nur teilweise und im Produktangebot kaum nieder.

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