Wie wird das reformierte Vehikel des European Long Termin Investment Fund, kurz ELTIF, den Markt verändern und welche Planungen haben Sie diesbezüglich?
Peters: Am Anfang haben wir uns dem Thema geöffnet und ich finde es eigentlich immer noch interessant, weil es einem Zusammenwachsen der offenen und der geschlossenen Welt zuträglich sein kann. Für uns kommt es aber deswegen nicht in Betracht, weil der Fremdfinanzierungshebel beim ELTIF wesentlich niedriger wäre. Wir müssen uns da an der offenen Struktur orientieren und deswegen kommt es für uns nicht in Frage. Ansonsten würde ich das absolut positiv sehen und es eröffnet Anbietern zum Beispiel aus dem Bereich der Vermögensanlagen, die jetzt Schwierigkeiten haben, ein Vehikel zu finden, eine gute Ergänzung.
Eitle: In der Finanzbranche spielt der ELTIF aus unserer Sicht eine große Rolle. Denn durch die Förderung langfristiger Investitionen können Anlegerinnen und Anleger in Projekte investieren, die zur wirtschaftlichen Entwicklung und Nachhaltigkeit beitragen. Durch Investitionen in lokale Unternehmen und Infrastrukturprojekte tragen ELTIFs zudem zur Stärkung der Realwirtschaft in der EU bei. Bei hep solar steht der ELTIF erst am Anfang, soll aber in Zukunft eine größere Rolle spielen. Wir befassen uns derzeit ganz konkret damit und wollen kurzfristig mit einer Produktlösung auf den Markt gehen.
Auel: Die RWB plant weiterhin die Auflage eines ELTIF, der sich aktuell in den letzten Zügen des Genehmigungsverfahren bei der BaFin befindet. Für uns ist das eine Ergänzung zum Publikums-AIF. Er ist also keine neue Produktkategorie, die den Publikums-AIF ersetzen wird, zumal der ELTIF nur in EU-AIFs investieren darf. Das bedeutet, wir dürfen – anders als mit den international breit gestreuten Publikums-AIFs – nicht in die starken US-Mittelstands-Zielfonds investieren. Das heißt, die Kunden büßen einen Parameter der Streuung ein. Schon aus dem Grund ist es wichtig, dass wir weiterhin unsere AIFs neben dem ELTIF im Angebot haben. Der ELTIF hat aus unserer Sicht vor allen Dingen Vorteile für das Emissionshaus eröffnet, beispielsweise den europaweiten Vertrieb. In Österreich hatten wir gerade eine große Auftaktveranstaltung. Wir haben daneben auch erste Kontakte in Slowenien und schauen in andere EU-Länder. In Deutschland sehen wir Möglichkeiten, dass sich mit dem ELTIF die Infrastruktur der Bankenwelt für diese Anlageklasse öffnen könnte. Der ELTIF ist eine tolle PR-Story, aber der Hälfte der Branche ist nicht bewusst, dass ein ELTIF immer auch ein AIF ist, nur mit gewissen zusätzlichen Regeln. Das muss man in jedem Gespräch erläutern. Ein Großteil denkt noch immer, das ist eine völlig neue Welt und Innovation. Wir als Branche aus dem klassischen Publikums-AIF sollten grundsätzlich offen dafür sein, aber nicht naiv euphorisch bei solchen Neuerungen. Wir sind optimistisch, aber ich glaube nicht, dass im Bereich des Vertriebs mit Zulassung nach Paragraf 34f2 GewO kurzfristig viel Umsatz passiert, weil der ELTIF dort keine signifikanten Vorteile hat.
Freudenberg: Man bringt ja eine Kündigungsmöglichkeit rein.
Auel: Das ist nicht zwingend erforderlich und ist im Hinblick auf die langfristige Investition in Private Equity etwa eher ein zusätzliches Risiko und Handicap, weil entsprechende Liquidität vorgehalten werden muss und außerdem die Gefahr besteht, dass der Vertrieb in der Argumentation die falschen Prioritäten setzt.
Peters: Ich möchte das noch in einem Punkt ergänzen. Gerade der Vertrieb über die Landesgrenze hinaus ist beim ELTEF grundsätzlich äußerst interessant. Aber das dachte man beim AIF mit dem EU-Passporting auch. Wir haben vor Jahren versucht, eine Genehmigung in Italien zu bekommen. Das war letztlich kein Erfolg, weil die Aufsichtsbehörden das Konstrukt des AIF, des KG-Modells überhaupt nicht kannten. Damit war es auch quasi nicht möglich, das dort zuzulassen. Das ist bei einem ELTIF jetzt anders, sodass er dann, wenn man sich internationalisieren möchte, sicherlich ein großes Chancenpotenzial bietet. Es muss aber auch zum Asset passen.
Müller: Das ist genau der Punkt. Wir sind ja im Immobiliensegment unterwegs. Wer also ein Immobilieninvestment in Erwägung zieht, der sollte in der Regel natürlich eher längerfristig planen. Zumindest dann, wenn eine Buy and Hold Strategie im Vordergrund steht. Deswegen ist für uns auch so ein semi-offenes oder komplett offenes Vehikel immer schwierig im Immobilienbereich. Für Immobilieninvestments favorisieren wir das geschlossene Investmentvermögen.
Mückenheim: Der ELTIF hat auf jeden Fall eine Chance, auch die Breite zu kommen, davon bin ich überzeugt. Es werden aber wahrscheinlich zunächst die größeren Investmentgesellschaften wie die Black Rocks, die JP Morgans und Ähnliche den Markt bespielen. Dann kann man sich ansehen, wie das vertrieblich aufgesetzt wird und sehen, ob kleinere Häuser ebenfalls einen ELTIF aufnehmen können. Letztendlich geht es darum und da muss man immer wieder klar sein: Es ist nur eine Verpackung. Wir haben keinen Ehrgeiz, hier die ersten zu sein.
Busboom: Im Immobilienbereich gibt es den offenen Immobilienfonds ja nun schon lange und er ist eher ein Konkurrenzprodukt zu den geschlossenen AIFs. Die offenen Fonds haben immer das Problem, dass alle Leute aussteigen wollen, wenn die Märkte nicht laufen. Dann stecken sie in dem systembedingten Dilemma, dass ein Sachwert illiquide ist und man in liquiden Märkten nicht mitspielen sollte, weil einem das ganz schön auf die Füße fallen kann. Wenn ich Vertrieb im Ausland aufbauen möchte, ist das sicherlich ein Argument für einen ELTIF. Wenn ich mich auf den deutschen Markt fokussiere, muss ich nicht unbedingt einen ELTIF haben, wenn er klassisch als geschlossenes Konstrukt kommt. Spannend wird es, wenn ich ein semi-offenes Produkt mache. Um ein Dilemma wie bei den offenen Immobilienfonds zu verhindern, müssten wir es gemischt denken zwischen Investmentfonds und Sachwertewelt. Der Investmentbereich muss überproportioniert sein, um letztendlich die Volatilität darstellen zu können und der Sachwertebereich muss aus meiner Sicht ein Basisfundament darstellen, mit dem man letztendlich die Stabilität in solche Produkte bekommt. Wir denken schon seit längerer Zeit darüber nach, aber ich gebe zu, in diesem Jahr ist es bei uns wieder etwas in den Hintergrund gerückt. Jedenfalls müsste ein semi-offener ELTIF ein Kombi-Produkt mit einer Investmentgesellschaft sein, bei dem Ökorenta als Spezialist für erneuerbare Energien den Sachwerte-Part beisteuert.
Freudenberg: Für BVT bleibt die klassische Investment-KG für illiquide Assets wie Immobilien zunächst der Standard. Wir beobachten das Thema ELTIF aber sehr genau. Es gibt schon Vertriebe, die sich hauptsächlich auf ELTIFs fokussieren, deshalb können wir das Thema nicht komplett ignorieren. Wir haben bereits ein Konzept in der Schublade und könnten es relativ kurzfristig umsetzen, schauen aber zunächst, was sich am Markt so tut.
Auel: Sicherlich wäre die Möglichkeit verführerisch, einen Fonds als ELTIF über eine große Vertriebsstruktur in den Vertrieb zu bekommen – vor allem, wenn das über eine breite 34f1-Struktur geht. Aber die breite Masse der Berater von sehr großen Vertriebsstrukturen hat noch keine ausgewiesene Sachwert-Kompetenz.. Das ist eine große Hürde und birgt auch die Gefahr, dass unsere Fonds mit den falschen Argumenten an die falschen Anleger verkauft werden. Das könnte am Ende auch auf uns zurückfallen.
Eitle: Grundsätzlich bieten ELTIFs eine Möglichkeit, Sachwerte „offener“ zu gestalten. Sie sind depotfähig und einfacher zu zeichnen. Mit der Einführung von ELTIF 2.0 wurden die Zugangshürden gesenkt, sodass auch Kleinanleger ab geringen Beträgen investieren können. Zudem bieten ELTIFs Zugang zu Vermögenswerten, die auf öffentlichen Märkten normalerweise nicht verfügbar sind, wie Private Equity und Sachwerte. Dies kann zu einer besseren Diversifizierung und potenziell höheren Renditen führen.
Nun bieten eine ganze Reihe von großen Investmentgesellschaften ELTIFs mit kleinen Mindestbeteiligungssummen ab zum Beispiel 1.000 Euro an. Ist das sinnvoll?
Mückenheim: Auf jeden Fall ist es sinnvoll, in Sachwerte zu investieren. Wir wissen ja, welche Volumina wir noch vor der Finanzkrise in unserer geschlossenen Welt hatten, auch vor dem Kapitalanlage-Gesetzbuch. Das Geldvermögen der Deutschen ist ja auch nicht weniger geworden. Das heißt, wenn mehr Aufmerksamkeit und auch gerade von noch größeren Häuser auf unsere Sachwerte-Welt gelenkt wird, sehe ich das nicht als Wettbewerb, sondern durchaus positiv. Der Markt groß genug, dass wir alle in diesem Fahrwasser mitfahren können. Schlimmer ist im Moment eher, wenn sich immer mehr Anbieter daraus verabschieden.
Wie beurteilen Sie die neue Möglichkeit der „Verpackung“ von (unter anderem) Erneuerbare-Energie-Investitionen als geschlossene Infrastruktur-Sondervermögen für Privatanleger und das im Entwurf für das Fondsmarktstärkungsgesetz generell vorgesehene geschlossene Publikums- Sondervermögen? Hat die Investment-KG damit ausgedient?
Eitle: Die neuen geschlossenen Infrastruktur- und Publikums-Sondervermögen bieten zwar Privatanlegern einen regulierten Zugang zu erneuerbaren Energien, doch ihre komplexe Strukturierung, die begrenzte Liquidität und die starke Regulierung könnten den Erfolg am Markt bremsen. Zudem wird die bewährte Investment-KG mit ihrer Flexibilität und Vertrautheit bei Vermittlern und Investoren so schnell nicht verdrängt, sodass die neuen Modelle erst langfristig beweisen müssen, dass sie eine echte Alternative darstellen.
Müller: Ich glaube, dass das geschlossene Sondervermögen möglicherweise unsere Branche wieder ein Stück weit nach vorne bringen kann, wenn das entsprechende Gesetz tatsächlich verabschiedet wird. Das muss man abwarten. Dass bei geschlossenen Sondervermögen die kompletten gesellschaftsrechtlichen Regularien und die Administration der GmbH & Co. KG entfallen, ist ein deutlicher Vorteil und das schlägt sich auch positiv auf der Kostenseite nieder, auch für den Kunden. Ich könnte mir auch vorstellen, dass geschlossene Sondervermögen aufgrund der WKN einen Vorteil haben, um mit Banken, Sparkassen und ähnlichen Instituten auf breiterer Basis wieder ins Gespräch zu kommen. Bankinstitute werden jedoch Zeit benötigen, um die systemischen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Wir sind durchaus offen für das geschlossene Sondervermögen.
Welche Rolle spielt das neue Gebäudeenergiegesetz, also des sogenannte Heizungsgesetz?
Pawils: Das Heizungsgesetz ist für unsere Pflegeimmobilien weniger relevant. Aber natürlich für alle anderen, also nicht voll gemanagten Immobilienformen. Wenn wir also Wohnungen ankaufen, die wir in barrierefreies Wohnen ohne Mietvertrag umfunktionieren, findet es natürlich Anwendung. Davon abgesehen haben wir das Thema Energieeffizienz aber natürlich auch für unsere Pflegeimmobilien auf dem Zettel. Neue Immobilien bauen wir heute ausschließlich im besonders nachhaltigen KfN-QNG-Standard und erschließen unseren Investoren damit gleichzeitig den Zugriff auf entsprechende KfW-Förderungen. (KfN steht für klimafreundlicher Neubau; QNG für das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude, Anm. d. Red.). Bestandsimmobilien bringen wir ebenfalls auf energetischen Standard. Gleichzeitig stellen wir fest, dass ESG gerade in Bezug auf die Darlehensvergabe einen immer höheren Stellenwert bekommt.
Im Neubau mit riesigen Kosten das letzte Prozent Wärmeverlust zu vermeiden und das Haus dann mit grünem Strom über eine Wärmepumpe beheizen: Ist das nicht doppelt gemoppelt? Reicht dann nicht ein etwas geringerer Energiestandard aus?
Pawils: In vielen, eher in kleineren Häusern gibt es grundsätzlich durchaus Überlegungen, aufgrund der gestiegenen Baupreise energetisch wieder einen Schritt zurückzugehen. Es gibt ja nach wie vor auch noch niedrigere KfW-Standards. Auch die sind ja nicht per se schlecht. Jedenfalls sind sie in den Baukosten deutlich niedriger. Doch für Carestone kommt das nicht in Frage, weil wir unser Portfolio mit viel Energie auf den KFN-QNG-Standard umgestellt haben. Das hat sich bisher als absoluter Mehrwert erwiesen – nicht nur für unsere Investoren, sondern auch für unser Stakeholder insgesamt.
Busboom: Wir müssen uns eines vor Augen halten: Irgendwo muss der grüne Strom auch herkommen. Der Strombedarf wird noch massiv steigen, weil alles auf Strom umgestellt wird und noch der gewaltige Strombedarf von KI dazu kommt. Wasserstoff wird als Rettung für die Schwerindustrie und vieles andere, was nicht direkt mit Strom betrieben werden kann, kolportiert. Und für grundlastfähige Kraftwerke. Aber auch der Wasserstoff muss hergestellt werden, und das ist extrem stromintensiv. Wir können nicht in jeder Gemeinde 20 Prozent der Fläche mit Windmühlen und Solarpanels belegen, das machen die Bürger irgendwann nicht mehr mit und es wäre auch aus meiner Sicht nicht zielführend. Strom wird langfristig vor diesen Hintergründen ein relativ knappes Gut bleiben und er muss bezahlbar bleiben. Somit muss man schon überall die Dinge optimieren. Auch beim Neubau müssen die Standards recht hoch bleiben. Und wir müssen aus meiner Sicht weniger neu bauen und viel mehr Bestand am Leben erhalten und sanieren.
Pawils: Das hört sich einfach an, aber unter bestehenden Voraussetzungen müsste es auch hier mehr Anreize geben. Die Regierung könnte Regeln für eigene Sanierungsgebiete auf den Weg bringen. Abschreibungen nach Paragraf 7h wären zum Beispiel ein Thema. Es fehlt an Anreizen und wenn ich keine Anreize habe, dann fehlt natürlich auch die Aktivität. Das ist einfach so.
Peters: Es ist außerdem unerlässlich, dass auf beschlossene Förderungen auch Verlass ist und sie nicht von heute auf morgen eingestellt werden.
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