Freudenberg: Token haben den großen Vorteil, dass nicht gleich ein komplettes Produkt tokenisiert werden muss, sondern man zunächst mit einer Tranche eines Produktes starten kann und dieses dadurch in die Blockchain-Welt überführt. Dafür brauchen wir möglicherweise nicht unsere klassischen Vertriebskanäle, sondern ganz andere, die wir heute noch gar nicht kennen. Möglicherweise zielführend könnte sein, dieses Thema gemeinsam anzugehen, denn uns allen fehlt der Vermittlernachwuchs und uns fehlt der Endkundennachwuchs. Bei klassischen Mindestbeteiligungen von 10.000, 20.000 oder 30.000 Euro, wie wir sie aktuell haben, ist die Einstiegshürde erfahrungsgemäß groß. Da kann eine neue digitale Verpackung helfen, neue und vor allem jüngere Anleger anzusprechen. Es lohnt sich deshalb auf jeden Fall, dieses Thema zu diskutieren. Der ELTIF ist sicher wichtig, wir müssen ihn beobachten – den Token sollten wir dabei aber nicht aus den Augen verlieren. Er bietet sehr große Transparenz für Anleger und eröffnet die Möglichkeit, den Sachwertmarkt für ganz neue Zielgruppen zu erschließen.
Peters: Ihr Hinweis auf der Agenda hat bereits dazu geführt, dass sich die Häuser zusammentun, und über den Verband werden wir uns einen Experten einladen, um tiefer einzusteigen. Das wollte ich nur damit noch mal abrunden. Wir sehen uns nicht nur als Wettbewerber, sondern können uns auch in diesen Bereichen vorstellen, zusammenzuarbeiten. Ich finde das Thema richtig spannend, muss ich sagen. Aber es gibt noch die Notwendigkeit für einen Know-how-Transfer.
Müller: Wir beobachten die aktuellen Entwicklungen hinsichtlich alternativer Produktgestaltungen und auch digitalisierter Produkte, wie zum Beispiel ELTIF, geschlossene Sondervermögen oder auch Token, sehr aufmerksam. Bei einem geschlossenen Sondervermögen zum Beispiel muss keine Gesellschaft gegründet und ins Handelsregister eingetragen werden. Das vereinfacht die Administration sehr wesentlich und reduziert natürlich auch die Auflagekosten. Investmentmanager können wesentlich schneller agieren. Zudem können Anteile am geschlossenen Sondervermögen in Depots gehalten, also auch einfacher übertragen werden. Das wiederum eröffnet Chancen, auch mit Banken wieder ins Gespräch zu kommen. Wobei, und das sollte auch klar sein, die Banken Zeit brauchen werden, um ihre Systeme an ein derartiges Produkt anzupassen.
Mückenheim: Nochmal zum 34f-Vertrieb. Zur Weiterentwicklung sowie für den weiteren Ausbau dieses Segments bedarf es nach vorne raus noch besserer Serviceangebote und noch besserer digitaler Lösungen. Denn nicht selten sind es die auf 34f-Seite fehlenden Ressourcen und Ineffizienzen durch papierbasierte oder zum Teil noch immer zu komplizierte Prozesse, die ein Wachstum mit Partnern aus diesem Segment hemmen. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang die im Markt bekannten, digitalen Abwicklungsstrecken. Aber damit hört es nicht auf. Wir haben erst vor gut eineinhalb Jahren ein neues Partnerportal gelauncht, weil das zuvor im Einsatz befindliche Portal zu wenig Mehrwert bot. Die bisherigen Effizienzgewinne und auch das Feedback sind gut. Trotzdem arbeiten wir aktuell bereits an einem erneuten Relaunch. Ganz einfach, weil man als Emissionshaus und Partner in dieser schnelllebigen Zeit nicht stehen bleiben darf. Weder konzeptionell bei seinen Investmentlösungen – das schließt die Diskussion über ELTIFs oder Token mit ein – noch prozessual im Back-Office und schon gar nicht digital im Hinblick auf neue Features oder Tools.
Stichwort ESG: Ist die Abfrage inzwischen Routine oder lästige Pflicht?
Eitle: ESG und Nachhaltigkeit haben in den letzten zwei Jahren unter Politik und Regulatorik gelitten. Aber aus meiner Sicht wird das Thema in allen Bereichen der Geldanlage zukünftig nicht nur im institutionellen Bereich sehr stark an Bedeutung gewinnen.
Busboom: Tatsächlich ist das etwas, was uns auch unsere alte Regierung ein Stück weit mit eingeschenkt hat, Stichwort Heizungsgesetz und Ähnliches. Das hat doch dazu geführt, neben vielen anderen weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Entwicklungen, dass die Menschen das Thema Nachhaltigkeit zwar nach wie vor, wenn man sie fragt, für wichtig erachten aber es nicht mehr so überrepräsentiert sehen wollen. Das spiegeln uns auch die Vermittler aus ihren Beratungsgesprächen. Was aus meiner Sicht tatsächlich überreguliert worden ist, ist die Einstufung nach Artikel 8 oder 9. Wir waren mit die Ersten, die so einen Artikel-9-Fonds aufgelegt haben, vor 1,5 Jahren. Wir würden es nicht wieder machen. In der Verwaltung ist das einfach nicht zu leisten. Letztendlich ist das für uns aber ohnehin nicht von Relevanz. Wir haben das Thema erneuerbare Energien und für unsere Kunden ist nicht wichtig, ob da Artikel 8 oder 9 draufsteht – und im Insti-Geschäft sind wir nicht unterwegs. Von daher ist das momentan nicht das Thema. Wir kriegen das sogar umgekehrt und von unseren Bankenvertriebspartnern gespiegelt: „Diesen Artikel-9-Fonds würden wir aktuell gar nicht wieder anfassen, weil unsere eigenen internen Reporting-Berichtsanforderungen so hoch sind, dass eigentlich keiner von unseren Beratern das Artikel-9-Thema mehr anfassen mag.“ Bei Artikel 8 sind die Hürden bankintern nicht so hoch. Damit kommen sie klar. Will heißen, am Ende des Tages hat man eine grundsätzlich gute Idee völlig falsch in den Markt gebracht und auch aus meiner Sicht völlig überreguliert und somit kaputt gemacht.
Peters: Das kann ich nur bestätigen. Damit ist der Vertrieb, glaube ich, abgehakt. Wir merken es jetzt auf der Finanzierungsseite. Wir wissen, dass die Banken natürlich bei den Finanzierungen darauf zunehmend achten. Das heißt, wir müssen für jede Immobilie im Vorfeld darlegen, wie wir die Energiesparmaßnahmen umsetzen wollen, also wie wir CO2 reduzieren wollen und müssen entsprechende ESG-Fahrpläne aufstellen. Dieser Bürokratisierungsaufwand, der dort geschaffen wurde, ist ein Wahnsinn, kostet unglaublich Ressourcen, und was ist der Mehrwert: Wir machen unser Geschäft genauso wie zuvor. Gleiches gilt für den Vertrieb und die Umwelt.
Freudenberg: Ein Grund dafür, die Abfrage vertriebsseitig möglicherweise nicht konsequent zu forcieren, liegt meines Erachtens auch in einem stark eingeschränkten Produktportfolio, wenn Anleger den Fokus auf Nachhaltigkeit überall mit „Ja“ ankreuzen. Mittlerweile wissen wir auch aus dem offenen Aktienfondsbereich, dass einzelne Fonds als nachhaltig, andere als nicht nachhaltig eingestuft sind, obwohl sie die gleichen Beteiligungen enthalten. Das fördert nicht unbedingt die Akzeptanz bei Vermittlern für eine solche Abfrage. Wir haben für unsere US-Fonds bereits vor längerem kalkuliert, was es kosten würde, sie auf Artikel 8-Niveau zu bringen. Das könnte Renditeabschläge von bis zu drei Prozent bedeuten, also sieben statt zehn Prozent wie aktuell. Hinzu kommt, dass die Projektentwickler in den USA zunächst überzeugt werden müssen, beispielsweise Immobilien in Florida mit Kostenaufschlägen nach deutschem ESG-Recht zu bauen.
Mückenheim: Hinzu kommt, man hat drei Buchstaben: E, S und G. Und eigentlich reden wir am Tisch nur über „E“. „S“ wäre für Sie, Herr Pawils, eine ganz klare Geschichte mit der baulichen Tätigkeit, was den Pflegebereich angeht. Aber „S“ und „G“ sind ja nach wie vor so schwammig formuliert, dass es von seiten des Gesetzgebers keine klaren Richtwerte gibt, an denen man sich orientieren kann. Ich will jetzt nicht schon wieder nach der Regulierung rufen, aber eigentlich müsste für die drei Buchstaben erst einmal ein klarer Rahmen geschaffen und klar definiert werden, damit man es auch umsetzen kann. Wenn diese drei Buchstaben mit Leben gefüllt wären, dann gäbe es auch für den Vermittler wieder ein größeres Potpourri an Anlagen, auf die er zugreifen könnte.
Müller: Das entspricht ein Stück weit auch unserer Erfahrung. Die Regulierung scheint ziemlich in der Luft zu hängen und hat nur wenig konkrete Vorstellungen über die schlussendliche Ausgestaltung von ESG Kriterien. Insbesondere dann, wenn es um fondsspezifische Details geht – und die sind ja nun einmal gefordert. Im Zuge des Gestattungsprozesses für unseren aktuellen Fonds haben wir überwiegend Hinweise darauf erhalten, was innerhalb der Anlagebedingungen nicht möglich ist, nicht jedoch, was zu berücksichtigen ist bzw. welche konkreten Anforderungen erfüllt werden müssen. Schlussendlich war es ein mehr oder weniger mühsames Pingpong-Spiel, bis die Anlagebedingungen dann akzeptiert wurden.
Busboom: Letztendlich ist die BaFin nur ausführendes Organ. Gerade bei den ESG-Themen kommt fast alles aus der EU, dort werden Fakten geschaffen, mit denen wir alle hier dann umgehen müssen. Das ist die Stelle, an der es hakt und wo es irrwitzige Stilblüten treibt, die sich kaum in nationale Gesetzgebung überführen lassen.
Herr Pawils, Sie setzen das ESG-Thema um, obwohl Sie gar nicht dazu verpflichtet sind.
Pawils: Für uns ist es ein Kernthema das in alle Bereiche ausstrahlt. Ein Beispiel: wenn wir nicht den klimafreundlichen Neubau fo-kussieren, dann ist aus Investitionssicht unter Umständen die spätere Abschreibung nach Paragraf 7b EStG gefährdet. Die Umsetzung von ESG-Kriterien ist für uns kein Hindernis, sondern eine strategische Säule, langfristigen Wert für unsere Investoren schafft und Zugang zu attraktiven Förderungen eröffnet. Wir sind überzeugt: Nur nachhaltige Immobilien sind auf Dauer markt- und zukunftsfähig.
Die vollständige Berichterstattung über den 14. Cash.-Branchengipfel Sachwertanlagen lesen Sie in der aktuellen Cash. Ausgabe 1/2025.
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